Führt Sachsen-Anhalt doch noch eine eigene Weidetierprämie ein?
Der Landtag beschloss 2018, Mutterschafe, Ziegen sowie Mutterkühe aus Landesmitteln zu fördern, um deren Haltung zu unterstützen. Die Umsetzung blieb aus. Nun wurde darüber erneut diskutiert.
Führt Sachsen-Anhalt doch noch eine eigene Weidetierprämie ein? Mit dieser Frage wird sich demnächst der Agrarausschuss des Landtages befassen. Das Thema stand auf der Tagesordnung der Parlamentssitzung vom 24. Februar. Die AfD hatte einen neuerlichen Antrag dazu eingebracht. Alternativanträge hierzu kamen von den ebenfalls oppositionellen Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Alle drei Anträge wurden nach der Plenardebatte per Mehrheitsbeschluss in den Fachausschuss überwiesen.
Bisherige Maßnahmen laut AfD wirkungslos
Nach Ansicht der AfD-Fraktion sind sämtliche Landtagsbeschlüsse der zurückliegenden 20 Jahre, die die Schafhaltung in Sachsen-Anhalt entwickeln, fördern und stabilisieren sollten, „wirkungslos geblieben oder nicht umgesetzt worden“. So sei z. B. ein Beschluss des Landtages vom August 2018 zur Zahlung einer Prämie von 25 Euro je Muttertier sowie zum Einführen einer Mutterkuhprämie „in der Ablage der ehemaligen Landwirtschaftsministerin der Grünen, Claudia Dalbert, verstaubt“.
Als Beleg führte die Fraktion Ergebnisse der Viehzählung an. So sei der Schafbestand allein in der siebten Legislaturperiode (2016 –2021) von 74.600 auf 58.300 Tiere zurückgegangen. Die Anzahl der Mutterschafe darunter sei von 53.300 auf einen historischen Tiefstand von 40.500 gesunken.
Die AfD fordert deshalb in ihrem Antrag, entsprechende Haushaltsmittel bereitzustellen, um eine ausreichend finanzierte und auskömmliche Weidetierprämie in Sachsen-Anhalt auszahlen zu können sowie – zusammen mit allen betroffenen Verbänden – umgehend eine verbindliche Konzeption für den Erhalt und Ausbau einer stabilen, konkurrenzfähigen Weidetierhaltung umzusetzen. Ohne staatliche Fördermaßnahmen werde der weitere Rückgang der Schafhaltung nicht mehr aufzuhalten sein, hieß es abschließend.
Linke will Entlohnung von Pflegeleistungen
Auch Die Linke verlangt eine Unterstützung der Weidetierhaltung. Die Fraktion verweist in ihrem Alternativantrag auf deren wichtigen Beitrag zum Natur-, Arten-, Hochwasser- und Klimaschutz sowie die biologische Vielfalt. Dafür seien intensive und extensive Beweidungsformen mit Schafen, Ziegen, Mutterkühen unerlässlich.
Die prekäre Einkommenssituation der Weidetierhaltenden sei Ursache für den rapiden Rückgang der Schafe und schafhaltenden Betriebe. Letztere besäßen meist keine eigenen Flächen und hätten keinen Anspruch auf Flächenprämie. Zudem würden Leistungen für das Gemeinwohl nicht über die Erzeugerpreise ausgeglichen.
Die Linke fordert die Landesregierung auf, in Sachsen-Anhalt die nutztiergebundene Biotop-, Landschafts- und Deichpflege als besondere Leistungen zu entlohnen. Halter, die mit ihren Tieren Pflegeleistungen erbringen, sollen bereits 2022 eine Prämie von 30 Euro je Muttertier erhalten. Außerdem solle wieder eine Mutterkuhprämie von 60 Euro eingeführt werden.
Zu prüfen sei ferner, welche Möglichkeiten auf Landesebene ab 2023 zusätzlich zu der bereits auf EU-Ebene beschlossenen Weidetierprämie zur Verfügung stehen (einschließlich Notifizierung). Dauerhaft gefördert werden solle im Land schließlich der Herdenschutz insbesondere gegen Wolfsangriffe im Dreiklang von Vorbeugen, Schützen und Entschädigen – einschließlich der laufenden Betriebsausgaben.
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Grüne legen Fokus auf Weide- und Grünlandprogramme
Die Grünen plädieren dafür, einen besonderen Fokus auf Weide- und Grünlandprogramme zu legen. Die Landesregierung solle gebeten werden, ab 2023 über die Tierprämien und die Öko-Regelungen hinaus alle im Nationalen Strategieplan diesbezüglich aufgeführten Programme zu Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) anzubieten und dabei die Möglichkeiten der Kombinierbarkeit der unterschiedlichen Einzelmaßnahmen mit den Öko-Regelungen bestmöglich auszuschöpfen.
Zudem solle im Land die Grünlandbewirtschaftung nach ihrer Schwere – von der Mahd, über die Beweidung bis zur Hütehaltung – honoriert werden, so wie es in Thüringen künftig gehandhabt werden soll. Auf Bundesebene solle darauf hingewirkt werden, dass perspektivisch die Tierprämie nicht nur auf Muttertiere begrenzt bleibe. Es gelte ferner, neue Flächen für Freiwillige Naturschutzleistungen (FNL) zu öffnen.
Abseitsflächenbezogener Förderungen sollten regionale, mobile Schlacht- und Vermarktungsstrukturen (inklusive Fahrzeuge) unterstützt, Investitionsförderung für Stall- und Weideausrüstung sowie Anbaugeräte gewährt sowie Verarbeitungs- und Vermarktungsmöglichkeiten für Wolle entwickelt und gefördert werden.
CDU-Minister verweist auf bundesweite Prämie
In der Debatte kamen die Agrarsprecher/innen aller Fraktionen und Landwirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) für die Landesregierung zu Wort. Er erklärte, ab dem Jahr 2023 werde im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bundesweit eine gekoppelte Unterstützung für Mutterschafe, -ziegen und -kühe eingeführt. Dies sei seinerzeit ein erklärtes Ziel der Vorgängerregierung gewesen und werde jetzt durch die neue Regierungskonstellation umgesetzt. Für die Prämien stehe jeweils ein Prozent der Obergrenze der Direktzahlungsmittel zur Verfügung. Dar aus ergäben sich geplante Prämiensätze von rund 34 Euro je Mutterschaf bzw. -ziege und etwa 77 Euro pro Mutterkuh. Mit dieser direkten Förderung erübrige sich ein eigenes Prämienverfahren aus Landesmitteln. Schulze sagte, er werde sich als Vorsitzender der Agrarministerkonferenz (AMK) dafür einsetzen, die Beschlüsse zur GAP in Deutschland und Sachsen-Anhalt zügig umzusetzen und die neuen Leitlinien pünktlich zum 1. Januar 2023 einzuführen.
Dazu gehöre neben der Einführung der Weidetierprämie ein für Verwaltung und Antragsstellende praktikables und zweckmäßiges Verfahren. Wichtig sei ferner, das auf Ebene der Zweiten Säule bewährte Fördersystem der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen in Bezug auf die Unterstützung einer nachhaltigen Weidetierhaltung zu erhalten und zu stärken.
Verwaltung im Kontakt mit Verbänden
Die Schafhutung von Deichen habe sich als wichtiges Standbein etabliert und erfreulich entwickelt. Daran arbeite man weiter. Die Zusammenarbeit zwischen dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) und den Schäfereibetrieben habe in den letzten Jahren weiter verbessert werden können. Es gebe einen regelmäßigen Aus-tausch zwischen beiden Seiten sowie regelmäßige Kontakte zwischen den zuständigen Ministerien und dem Landesschafzuchtverband. Das Ziel sei die weitere konstruktive Zusammenarbeit.
Die Debatte im Plenum zum Nachhören gibt es hier