Sachsen: Altroßthal vor dem Aus?
Der Teilschulnetzplan des Kultusministeriums schlägt die Einstellung der Berufsschulausbildung für Land- und Tierwirte an dem traditionsreichen Standort vor. Doch es regt sich Widerstand.
Der Standort hat Tradition und einen guten Ruf: Dem Beruflichen Schulzentrum (BSZ) in Dresden-Altroßthal wird von vielen Ausbildungsbetrieben eine hochprofessionelle Arbeit bescheinigt. Viele Betriebsleiter haben einst hier selbst die Schulbank gedrückt, manche von ihnen zu DDR-Zeiten neben dem Berufsabschluss auch das Abitur erworben. Seit 1992 ist der Standort BSZ mit Beruflichem Gymnasium und Fachoberschule, seit 2008 mit der Berufsschule für Ernährungswirtschaft in der Dresdner Canalettostraße zum BSZ für Agrarwirtschaft und Ernährung vereint.
Nun steht die Land- und Tierwirtausbildung am Standort jedoch vor dem Aus – die Teilschulnetzplanung berufsbildender Schulen des Staatsministeriums für Kultus (SMK) sieht vor, den schulischen Teil der Ausbildung für die beiden Berufe in Altroßthal zum Ausbildungsjahr 2021/22 einzustellen und die Auszubildenden stattdessen auf die Beruflichen Schulzentren in Freiberg, Löbau und Wurzen aufzuteilen. Aktuell werden 132 Landwirt- und 58 Tierwirtauszubildende in Altroßthal beschult.
Briefe ans Ministerium
Der Entwurf der Planung liegt seit Anfang März vor. Die darin enthaltenden Vorschläge beruhen auf Leitlinien, die unter anderem die Etablierung von Kompetenzzentren, eine Verteilung der Angebote über den gesamten Freistaat, den Erhalt einer qualitativ hochwertigen berufsbildenden Schullandschaft und zumutbare Erreichbarkeiten bzw. die Sicherung von Unterbringungsmöglichkeiten zum Ziel haben. Auch die Stärkung des Berufsschulnetzes im ländlichen Raum wird als Ziel genannt.
Auf wenig Gegenliebe stoßen die Pläne indes bei den Ausbildungsbetrieben, die bislang ihre Lehrlinge nach Altroßthal schickten. Aus ihrer Sicht spricht viel dagegen und wenig dafür – vor allem, wenn man die Leitlinien ernst nimmt, wie Wolfgang Grübler, Vorstandsvorsitzender der Agrarunternehmen „Lommatzscher Pflege“ eG aus Barmenitz bei Lommatzsch in einem Brief an das Kultusministerium kritisiert. „Aufgrund dieser Leitlinien ist für uns nicht ersichtlich, weshalb das BSZ für Agrarwirtschaft und Ernährung als Berufsschulstandort für die Berufe Land- und Tierwirte geschlossen werden soll“, heißt es in dem Schreiben, dem sich auf seine Initiative hin etliche weitere Betriebe angeschlossen haben.
Grübler betont in seinem Brief, wie sehr die Lehrqualität des Standortes geschätzt wird und wie wichtig wohnortnahe Berufsschulen sind, um junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen. Auch angesichts der stabilen bis leicht steigenden Azubizahlen in Altroßthal sei eine Verlegung nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil: Ein Fünftel bzw. ein Viertel aller Land- und Tierwirtauszubildenden Sachsens lerne momentan an diesem BSZ. Ein Wohnheim sei vorhanden, als BSZ am Dresdner Stadtrand erfülle die Schule auch Aufgaben für den Austausch zwischen Stadt und Land, trage mit dazu bei, dass auch Jugendliche aus der Stadt Zugang zu einem landwirtschaftlichen Beruf finden. Zudem habe sich die Stadt Dresden, die Träger des BSZ ist, zu dem Standort bekannt.
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Nicht zuletzt spricht die vergleichsweise gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln für das BSZ in Altroßthal, findet Klaus Köhler, Vorstandsvorsitzen der der Agrargenossenschaft Reinholdshain bei Dippoldiswalde. Auch er hat die Pläne in einem Brief an das SMK kritisiert und um den Erhalt der Landwirtausbildung gebeten. „Unsere Befürchtung ist, dass es sonst schwieriger wird, Azubis zu bekommen“, schildert er. Denn auch Fragen wie die nach dem Weg zur Berufsschule spielten bei der Entscheidung für oder gegen eine Ausbildung eine Rolle. Für seinen Betrieb sei Freiberg die Alternative zu Altroßthal, was jedoch weniger gut mit dem Zug zu erreichen sei.
Ergebnis bis zum Herbst
Wolfgang Grübler wie auch Klaus Köhler haben aus dem Kultusministerium keine zufriedenstellende Antwort bekommen. Der Entwurf des Teilschulnetzplanes versuche, für ein regional ausgeglichenes Bildungsangebot zu sorgen und auf ein ausgewogenes Verhältnis des Angebotes in ländlich und städtisch geprägten Räumen zu achten. Jedoch stehe es den Landwirten und ihrem Verband frei, ein eigenes Konzept vorzuschlagen.
Derzeit sollen Gespräche mit den Schulträgern, dem Landesausschuss für Berufsbildung und anderen Akteuren laufen. Ergebnisse dieses Diskussionsprozesses sind für Herbst dieses Jahres avisiert. Klein beigeben wollen die Betriebe nicht. In Altroßthal habe man gemeinsam einen hohen Stand und ein gutes Miteinander zwischen allen Beteiligten erreicht, sagt Wolfgang Grübler. „Das darf nicht kaputt gehen!“