Sorge um Schafe und Ziegen: Wölfe trainieren an ASP-Zäunen
Der Sächsische Bauernverband und der Schafzuchtverband stellen den Schutzstatus des Wolfes in Frage und warnen vor einer ungehinderten Ausbreitung der Wölfe. Sorgen bereiten den Tierhaltern in Sachsen die ASP-Zäune, die offenbar zu Lerneffekten bei Wölfen führen.
Herdenschutz wird in Sachsen immer schwieriger. Und das nicht nur wegen der wachsenden Wolfspopulation. Dieser Ansicht sind der Sächsische Landesbauernverband (SLB) und der Sächsische Schaf- und Ziegenzuchtverband (SSZV). Anlässlich des mit dem Monat April zu Ende gegangenen Wolfsmonitoringjahres 2023/24 haben sie sich jetzt ein weiteres Mal an die Öffentlichkeit gewandt, um ihre Sorgen zu artikulieren.
ASP-Zäune beschleunigen Lernprozess der Wölfe
Als besonders besorgniserregend sehen beide Verbände die Auswirkungen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) auf das Verhalten der Wölfe an. Die Seuche grassiert unter Wildschweinen in Ostsachsen und bedroht auch die Hausschweinehaltung. Zur Eindämmung der ASP sind in großem Maßstab Wildzäune errichtet worden. Es zeige sich, dass diese Zäune den Wölfen gewissermaßen als Trainingshindernis dienten. „Die nicht stromführenden Barrieren beschleunigen den Lernprozess der Wölfe, solche Zäune leichter zu überwinden und dieses Wissen an die nächste Wolfsgeneration weiterzugeben“, erklärte Gunther Zschommler, Vizepräsident des SLB.
Wolf springt über den Zaun
Gemutmaßt wird dies bereits seit Längerem. Und auch die Fachleute von der Fachstelle Wolf des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) halten es nicht für ausgeschlossen, dass die ASP-Zäune beim Wolf einen Lerneffekt hervorrufen können. „Da Wölfe an nicht elektrifizierten Zäunen keine negative Erfahrung machen, können sie an diesen Zäunen lernen, einen Zaun zu überwinden. Hat ein Wolf so einmal gelernt zu springen, kann er dies im Zweifelsfall auch bei einem guten Herdenschutz mit Elektrifizierung anwenden“, beantwortet das LfULG eine entsprechende Anfrage der Bauernzeitung. Die nicht-elektrifizierten ASP-Zäune seien in diesem Zusammenhang als „Übungsobjekt“ nicht zu vernachlässigen. Konkrete Untersuchungen, die dies belegen, gebe es jedoch nicht.
Sachsen: Herdenschutz fehlt komplett
Problematisch ist aus Sicht der Fachstelle indessen eher, dass bei vielen gerissenen Nutztieren der Herdenschutz komplett fehle. Bei noch immer gut einem Drittel der Rissvorfälle in Sachsen sei der Mindestschutz nicht eingehalten worden – trotz mittlerweile jahrzehntelanger Wolfspräsenz. Wölfe lernten nach solchen Erfahrungen schnell, dass Nutztiere einfache Beute seien. „Je öfter sie durch Schwachstellen im Herdenschutz Erfolg haben, desto besser werden sie darin, diese Schwachstellen zu finden und gegebenenfalls auch versuchen, an besser geschützte Nutztiere zu gelangen“, befindet die Fachstelle Wolf.
Wolfsrisse: „Tierhalter an der Grenze ihrer Belastbarkeit“
Sorgen macht den Tierhaltern jedoch auch die ungebremste Ausbreitung des Wolfes. „In Regionen mit hohem Wolfsdruck sterben jährlich hunderte Nutztiere qualvoll. Die Tierhalter sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit“, beschreibt Dr. Regina Walther vom SSZV die Situation. „Es ist bereits fünf nach zwölf.“
Währenddessen werde die auf europäischer Ebene diskutierte Herabsetzung des Schutzstatus für den Wolf vor allem von der Bundesumweltministerin verhindert, so Zschommler. „Der günstige Erhaltungszustand des Wolfes ist seit Jahren erreicht.“ Die illegale Tötung von Wölfen, die zuletzt vom LfULG gemeldet wurde, zeige auch, dass die Akzeptanz schwinde. Diese Tötungen seien tierschutzwidrig und müssten verhindert werden.
SLB und SSZV forderten die politischen Verantwortungsträger auf, die Bedenken der Tierhalter ernst zu nehmen und eine konstruktive Lösung über den Schutzstatus des Wolfes zu führen. Lösungen sollten den Schutz des Wolfes, wie auch die Interessen der Landwirte und Tierhalter berücksichtigen.
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