Bauernpräsident Torsten Krawczyk (l.) und Ministerpräsident Michael Kretschmer (M). Am Pult: Vizepräsident Gunther Zschommler. (c) SLB

Bauerntag in Sachsen: Bauernproteste und bevorstehende Wahlen

Beim Bauerntag in Döbeln (Sachsen) ging es um die Bauernproteste, die bevorstehenden Wahlen und komplizierte Koalitionsentscheidungen.

Von Karsten Bär

Auf wen der Sächsische Landesbauernverband (SLB) seine Hoffnung setzt, muss nach dem Bauerntag am Freitag (15.3.) voriger Woche in Döbeln nicht mehr erraten werden. Während man auf eine Einladung von Landwirtschaftsminister Günther (Grüne) erneut verzichtet, sprach Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nach seinem Auftritt im vorigen Herbst beim Wahlbauerntag einmal mehr vor Delegierten und Gästen.

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Bauerntag in Sachsen: Kretschmar über Bauernproteste

Kretschmer holte in seiner Rede zu Kritik am vorherrschenden politischen Zeitgeist und den Parteien der Ampelkoalition aus. Er kritisierte Maßnahmen und Vorgaben, die die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft beeinträchtigen und auch in anderen Themen den Entscheidungsspielraum der Menschen einschränken. Als ein Beispiel dafür nannte er das neue Waldgesetz, das die bestehenden Regelungen durch zahlreiche Vorgaben aufblähe, viel zusätzlichen Dokumentations- und Kontrollaufwand schaffe und aus dem freien Waldbesitzer, so Kretschmer wörtlich, „ein Objekt“ mache. Auch europäische Vorgaben würden in Deutschland regelmäßig verschärft.

Über die Proteste der Bauern sagte er, dass es bei diesen im Kern darum gehe, ob man die Ökologie über alles stelle oder einen Ausgleich finde. Die Landwirte hätten nicht für mehr Geld oder weniger Arbeitszeit demonstriert, sondern schlicht gegen Einkommenskürzungen. Aufgrund der politischen Mehrheitsverhältnisse werde man die Streichung der ­Agrardiesel-Steuererstattung zwar nicht verhindern können. Die CDU wolle dies jedoch wieder zurücknehmen, wenn sie auf Bundesebene in die Regierungsverantwortung komme, versprach der Ministerpräsident.

Bauernpräsident Krawczyk zu Protesten und den agrarzahlungen

Bauernpräsident Torsten Krawczyk bekräftigte in seiner Rede, wie wichtig und notwendig die Proteste gewesen seien. Ebenso wichtig sei es gewesen, das richtige Maß zu finden, um den starken Rückhalt der Bevölkerung nicht zu verlieren. Die Verspätung der Agrarzahlungen im Freistaat habe zu besonderem Unmut unter den sächsischen Landwirten geführt. Das Staatsministerium sei mit all seinen Aufgaben ein „gigantisches Haus“, das Minister Günther offenbar nicht beherrsche.

Krawczyk verwies auf Verluste infolge von Marktverwerfungen, als deren Ursache er den Ukrainekrieg und die Einfuhren von ­Agrargütern aus diesem Land ausmachte. Zum Sachstand der Klage gegen die Düngeverordnung sagte er, dass man auf manche Auskunft aus dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) monatelang warte. Zudem seien die Gebühren für Datenabfragen derart erhöht worden, dass man den Eindruck gewinne, die Klage solle auf diesem Weg abgewehrt werden.

Agrarstrukturgesetz wird abgelehnt

Die Ablehnung des Agrarstrukturgesetzes in der vorliegenden Form unterstrich der Präsident erneut. Aktuell würden die Betriebe vor allem durch politische Vorgaben für Übernahmen „sturmreif geschossen“, sagte er. Sachsen sei das einzige Land, in dem die Zahl der Betriebe steige. Zugleich sinke das Wirtschaftsvolumen. „Da läuft was schief!“, so Krawczyk. In Anbetracht der „Übergriffigkeit“ der Politik in vielen Bereichen habe er wenig Vertrauen übrig – auch in die Ernsthaftigkeit einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema im Parlament. Konkret kritisierte er am vorliegenden Entwurf, dass Eigentums- und Pachtflächen gleichgesetzt würden, dass es die Betriebsgröße begrenzen wolle und dass bestimmte Verbände, die eine „nachhaltige Landwirtschaft“ fördern wollen, mit Landwirten gleichgesetzt werden sollen.

Wahl für das Europaparlament: Zuwachs von rechts?

Eine Analyse der politischen Situation im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen in diesem Jahr lieferte beim Bauerntag der Dresdner Politikwissenschaftler Prof. Dr. Werner Patzelt. Er erwartet bei der Wahl für das Europaparlament eine Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse und einen Zuwachs für Parteien rechts der Mitte, ohne dass sich allerdings künftig eine rechtsgeprägte Politik durchsetzen werde. Thematisch werde die Migrationspolitik eine enorm große Rolle spielen, nachdem man sie bisher aus Wahlkämpfen herauszuhalten versucht habe.

Landtagswahl in Sachsen: Was von CDU und AfD zu erwarten ist

Bedeutung bis auf Bundesebene haben die anschließenden Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen. In einst fest von der CDU gehaltenen Re­gionen sei heute die AfD erfolgreich. Die Partei sei indes erst durch die Fehler der etablierten Parteien groß geworden – konkret wegen der Migrationspolitik und durch die Verweigerung, sich mit der AfD auseinanderzusetzen. Die jüngsten Wahlergebnisse zeigten, dass es in der Wählerschaft Mehrheiten rechts der Mitte gebe, die jedoch keinen parlamentarischen Ausdruck finden.

Die CDU sitze in einer strategischen Falle: Koalitionen mit den Grünen führten dazu, dass sich Wähler von ihr abwenden. Eine Koalition mit der AfD sei aber nicht möglich, unter anderem weil in dieser Partei inzwischen Akteure den Ton angeben, die mit der CDU unvereinbare Positionen vertreten. Mit den Grünen wolle die CDU zwar auch nicht mehr regieren, am Ende werde sie aber wahrscheinlich nicht anders können.

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