Interview

Fütterung: Nährstoffe perfekt dosieren

Die bedarfsgerechte Fütterung des Milchviehs trägt auch dazu bei, Nährstoffausträge in die Umwelt zu vermeiden. (c) Karsten Bär
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Im Futter enthaltene Nährstoffe sollen den Betrieb möglichst als veredelte Produkte verlassen – und nicht über den Wirtschaftsdünger als Austräge ins Grundwasser. Der Sächsische Futtertag widmet sich der Problematik. Wir sprachen mit Fütterungsexperten Prof. Dr. Olaf Steinhöfel.

Das Interview führte Karsten Bär

Die Düngeverordnung ist zurzeit in aller Munde – nun wird sogar beim Sächsischen Futtertag über minimierte Stoffstromsalden gesprochen. Warum?
Grundsätzlich können nur die Stoffe aus dem Betrieb oder aus dem Tier wieder rauskommen, die auch hineingekommen sind. Die wichtigsten Nährstoffimporte in den betrieblichen Kreislauf sind nun mal zugekaufte Dünge- und Futtermittel. Ziel ist, dass das Gros dieser Stoffe den Betrieb über Ernte- oder Veredelungsprodukte und wenig über Grundwasser oder die Luft verlassen. Das versteht man unter entzugsbedingter Düngung bzw. bedarfsgerechter Fütterung. Beide bedingen sicher auch einander, aber es ist mehr als kontraproduktiv, teure Futternährstoffe zu Wirtschaftsdüngernährstoffen zu veredeln. Deshalb nimmt die Tierernährung neben der Düngung hier eine Schlüsselstellung ein.

Tierernährung „auf den Punkt“ ist möglich

Porträtbild von Prof. Dr. Olaf Steinhöfel
Prof. Dr. Olaf Steinhöfel vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) ist Experte für Fütterung. (c) Sabine Rübensaat

Kann durch die Fütterung tatsächlich signifikant der Nährstoffgehalt von Gülle oder Mist gesenkt werden?
Davon bin ich fest überzeugt. Das Handwerkzeug der Tierernährung ist bestens geeignet, da es klare Empfehlungen für eine bedarfsgerechte Versorgung der Tiere auf der einen Seite und eine potente Futtermittelanalytik auf der anderen Seite gibt. Eine Nährstoffversorgung „auf den Punkt“ ohne Verlust an Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Nutztiere ist möglich und in jeder Richtung sinnvoll.

Steigt damit nicht das Risiko, die Leistung der Milchkühe und die Wirtschaftlichkeit der Milcherzeugung ungewollt zu beeinträchtigen?
Klar besteht diese Gefahr. Das praktizierte Vorhalten mit Nährstoffen resultiert ja zumeist aus dem Sicherheitsdenken. Wenn man Sicherheitszuschläge kappen und Nährstoffangebot und -bedarf so nah wie möglich zusammen bringen möchte, dann kann man schnell auch Grenzen überschreiten. Deshalb spreche ich in diesem Zusammenhang nie von Reduzierung, sondern grundsätzlich von Optimierung. Keiner soll unter Bedarf füttern, obwohl unsere Rinder mit kurzfristigem Mangel durchaus besser umgehen können als mit permanenter Überversorgung. Es gibt viele Gründe, die ein bewusstes Vorhalten von Nährstoffen über den Bedarf in der praktischen Fütterung von Milchrindern erklären, aber es ist im Prinzip nicht nötig und muss im Sinne der genannten Konflikte hinterfragt werden.

Optimierte Fütterung hat viele positive Effekte

Gibt es weitere positive Effekte einer optimierten Fütterung, die auf Minimierung der Stoffstromsalden zielt?
Ich weiß nicht, ob es noch einer Aufklärung bedarf, dass zunächst jeder Nährstoff Gift ist, der nicht im Stoffwechsel der Tiere Verwendung findet und ausgeschieden werden muss. Warum diskutieren wir denn über Nährstoffsalden? Weil wir wissen und zum Teil spüren, dass ein Zuviel an Nitrat, Ammoniak, Lachgas, Phosphaten oder Schwermetallen Schaden macht. Davon ist die Kuh nicht ausgeschlossen, zumal sie auch noch auf höchsten Touren ihrer Leistungsfähigkeit arbeitet. Hier werden Imbalancen provoziert, Stoffwechselvorgänge empfindlich belastet und die Leber als energiezehrendes Entgiftungsorgan stark nachgefragt. Und wer davon nicht überzeugt ist, der sollte erkennen, dass die umweltrelevanten Nährstoffe, wie Stickstoff, Phosphor oder Spurenelemente, gleichwohl begrenzte und teure Rohstoffe sind, welche global endlich und vielfach nach Deutschland importiert werden müssen.

Welche Erfahrungen in der Praxis gibt es mit dem Thema?
Ja, es gibt sie, die mutigen Landwirte, die langfristig und erfolgreich an die Grenze zwischen Bedarf und Angebot in der Milchkuhfütterung gegangen sind. Zwei Beispiele sollen zum Sächsischen Fut­­tertag vorgestellt werden. Lassen Sie sich von den Ergebnissen über­raschen.

Landesamt lädt zum Sächsischen Futtertag

Unter der Überschrift „Minimierte Stoffstromsalden durch Optimierung der Milchkuhernährung“ widmet sich der Sächsische Futtertag am 10. März (9.45-12 Uhr) gewissermaßen der Frage nach dem richtigen Maß. Denn bedarfsgerechte Fütterung bedeutet nicht nur, Leistung sowie Gesundheit und Wohlergehen der Milchkühe sicherzustellen.
Ein Zuviel an Nährstoffen zu vermeiden, schützt die Umwelt vor unnötigen Ausscheidungen über Wirtschaftsdünger oder über Emissionen und bewahrt zugleich die Tiere vor Stoffwechselbelastungen. Die Veranstaltung des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Landeskontrollverband und dem Landesarbeitskreis „Futter und Fütterung im Freistaat Sachsen“ findet als Web-Seminar statt.