LsV Sachsen setzte Zeichen
Auf dem Liebschützberg bei Oschatz hat Land schafft Verbindung Sachsen (LsV Sachsen) am Sonnabend nach mehrwöchiger coronabedingter Pause wieder ein Zeichen für die Landwirtschaft gesetzt.
Mit rund 500 Traktoren und hunderten Teilnehmern war es ein starkes Zeichen, dass Land schafft Verbindung Sachsen (LsV Sachsen) am Sonnabend auf dem Liebschützberg bei Oschatz setzte. Es war die erste große Veranstaltung seit der Demonstration vor dem Sächsischen Landtag am 5. März. Mit ihr wollte LsV Sachsen zeigen, dass die Bewegung weiter für die sächsische Landwirtschaft eintritt und den Dialog mit Politik und Gesellschaft sucht. Vor allem das Arrangement des Schriftzuges „LSV Sachsen“ aus Traktoren und Teilnehmern war eindrucksvoll. Dass Politiker verschiedener Parteien, unter ihnen Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne), ebenfalls die Einladung auf den Liebschützberg annahmen, zeigt, dass die Bauernbewegung ernstgenommen wird.
Was Landwirte zu den Protesten treibt
Was die sächsischen Bauern zu den Protesten treibt, machten mehrere Landwirte in Wortmeldungen auf der Bühne deutlich. Es habe wirtschaftliche Gründe, dass die Bauern demonstrieren, sagte Marco Birnstengel. Er ist Geschäftsführer der Wesenitzer Landbewirtschaftung GmbH in der Oberlausitz und bei LsV Sachsen engagiert. Im Wettbewerb am Weltmarkt sei der Preis das einzige Kriterium, verdeutlichte er. Angesicht einer langen Liste an Verordnungen und Bestimmungen stellte der Landwirt die Frage: „Muss man hier in Deutschland eigentlich alles mit dem Holzhammer erzwingen?“ Warum nutze man nicht marktwirtschaftliche Instrumente? Was tut die deutsche Agrarforschung? Wo sind die internationalen Verträge, die die verbindliche Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards auch andernorts gewährleisten? „Gleiche Rechte und Pflichten für alle Markteilnehmer, damit wären die Regenwaldrodungen Geschichte“, brachte es Marco Birnstengel auf den Punkt.
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Artenvielfalt ist nichts für den Acker
Sehr engagiert und emotional brachte Olaf Kranen, als Geschäftsführer der ABG Gaunitz „Hausherr“ beim Bauernprotest auf dem Liebschützberg, seine Standpunkte zu Gehör. Viele Landwirtschaftsbetriebe seien seit Jahrhunderten in Familienbesitz. Kein Landwirt habe Interesse, seinen Familienbesitz zu zerstören, wie es die Politik ihnen zum Teil vorwerfe. Die Betriebe entwickelten sich weiter, düngten weitaus weniger als früher und inzwischen sensorgestützt. Politik und Öffentlichkeit ignorierten dies jedoch. Die Forderung nach Artenvielfalt auf dem Acker wies Olaf Kranen zurück. „Artenvielfalt hat auf meinem Acker nichts verloren“, sagte er. Dort solle wachsen, was er angebaut habe. Nichts anderes habe jeder Ökolandwirt im Sinn, der aus diesem Grund mehrmals den Bestand striegele. Kranen kritisierte zudem, dass die Düngeverordnung (DüV) in einer Zeit in Kraft trat, als aufgrund der Corona-Bestimmungen die Landwirte keine Möglichkeit hatten, Einwände vorzubringen. Dies stelle aus seiner Sicht die Demokratie in Frage.
Minister Günther wünscht sich Beteiligung
Auf die Umsetzung der DüV auf Landesebene nahm Minister Günther Bezug. Bis September werde man erarbeiten müssen, wie die Nitratgebiete ausgewiesen werden. „Da wünsche ich mir ausdrücklich Ihre Beteiligung“, erklärte er. Auch bei der Stärkung regionaler Wertschöpfung setze er auf gemeinsame Anstrengungen mit den Landwirten und LsV. Die Frage, wie in Sachsen wieder ein Schlachthof etabliert werden könnte, beschäftige ihn fast seit Amtsantritt. „Von Forderungen allein passiert nichts“, sagte er. Er stehe im Austausch mit verschiedenen Akteuren und habe in mehreren Gesprächsrunden das Thema bereits intensiv erörtert. Das Thema biete die Chance, etwas gegen die aktuell stark kritisierten Zuständen in deutschen Schlachtunternehmen zu tun. Möglich sei etwa ein genossenschaftlich organisierter Ansatz. Angesprochen auf die erneute Vertagung einer Entscheidung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) im Bundesrat erklärte Günther, dass der vorgelegte Kompromissvorschlag mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Normenkontrollklage nicht standgehalten hätte. Somit hätte die Entscheidung im Ergebnis das Gegenteil von Planungssicherheit bedeutet.
Politker stellen Vertrauen in Landwirtschaft in Frage
Torsten Krawczyk, Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes (SLB), stellte in seinem Statement auf der LsV-Bühne die Notwendigkeit des Dialogs heraus. Während der Coronakrise habe die Landwirtschaft große Verantwortungsbereitschaft gezeigt. Jedoch hätten verschiedene Wortmeldungen aus der Politik das so gewonnene Vertrauen bereits wieder gezielt durch Vorwürfe an die Landwirtschaft unter Beschuss genommen. Er habe geglaubt, dass man dies längst hinter sich gelassen habe. In Sachen DüV erklärte der SLB-Präsident, dass das von seinem Verband beauftragte Gutachten und seine Ergebnisse mit in die Umsetzung der Verordnung auf sächsischer Ebene einfließen sollten.
Politiker diskutierten mit Vertretern von LsV
Insgesamt zufrieden mit der Kundgebung zeigte sich im Nachgang Paul Kompe, Vorsitzender von LsV Sachsen. Man habe ein Zeichen setzen können und auch die Solidarität mit den Kollegen demonstriert, die in Münster bislang erfolglos auf ein Gespräch mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze warten. Die Wortmeldungen der Politiker bewertet Paul Kompe nüchterner. In einer Talkrunde mit Georg-Ludwig von Breitenbuch (CDU), Volkmar Zschocke (Grüne), Marko Böhme (Die Linke) und Jörg Dornau (AfD) seien zwar gute Ansätze genannt worden, doch deren Umsetzung sei fraglich. Vom Minister habe man erneut „warme Worte“ gehört. „Wir hoffen, dass er seine Versprechen hält“, so der sächsische LsV-Vorsitzende. „Und wir erwarten, dass wir tatsächlich in die Arbeit und Entscheidungen einbezogen werden.“
Eine Überraschung erlebten die Anhänger von LsV Sachsen auf dem Liebschützberg auch. Auf Initiative von Robert Erdmann, Mitglied im Orga-Team und am Sonnabend Versammlungsleiter, hatten die jungen Musiker Jonas und Jasmin Musiol eine Hymne für den LsV komponiert. Auf dem Liebschützberg stellten es die Geschwister unter viel Beifall erstnmals der Öffentlichkeit vor.