Luchse in Sachsen: Wiederansiedlung startet im Frühjahr
Ab diesem Frühjahr startet die Aussetzung von Luchsen in Sachsen. Das Vorhaben soll die verstreuten Vorkommen in Mitteleuropa miteinander verbinden. Halter von Schafen sind skeptisch.
Nach dem Wolf soll ein zweiter großer Beutegreifer nach Sachsen zurückkehren – oder besser: aktiv angesiedelt werden. Ab diesem Frühjahr will das Projekt RELynx damit beginnen, Luchse im Erzgebirge und im Elbsandsteingebirge auszusetzen. Bis zu 20 der Großkatzen mit den charakteristischen Pinsel-Ohren werden es sein, die bis 2027 in Sachsen, aber auch im angrenzenden Tschechien eine Heimat finden sollen.
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Luchse in Sachsen: Es gibt internationale Abkommen
Die Wiederansiedlung soll dazu beitragen, die Karpaten-Population des Eurasischen Luchses mit den verstreuten Insel-Populationen in Mitteleuropa zu verbinden. „Diese Inselvorkommen sind besonders gefährdet“, sagt Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne). Internationale Abkommen und nationale Pläne seien die Grundlage für den Schutz dieser Art. „Prädatoren haben im Artensystem Funktionen“, so der Minister. Diese gingen verloren, wenn die jeweilige Art ausgerottet wurde. In Sachsen wurde der letzte Luchs der autochthonen Population im Jahr 1743 bei Hinterhermsdorf erlegt.
Luchse gibt es schon seit einiger Zeit wieder im Harz
Alle westmitteleuropäischen Vorkommen des Luchses gehen auf Wiederansiedlungsprojekte zurück die in den Siebzigerjahren begannen. Schwerpunkte der Verbreitung sind die Schweiz, der Pfälzerwald, der Bayerische und der Böhmerwald sowie der Harz. Einwandernde Einzeltiere gab es in Sachsen immer wieder. Von 2013 bis 2019 hatte ein Kuder – so werden die männlichen Luchse genannt – sein Revier im Westerzgebirge. 2020 waren drei besenderte Luchse aus einem polnischen Auswilderungsgebiet in Sachsen unterwegs. Im Winter 2017/18 streifte ein Kuder im Gebiet des Braunkohletagebaus Welzow im sächsisch-brandenburgischen Grenzgebiet. Er stammte aus dem Harz.
Luchse in Sachsen: Wildfänge aus der Schweiz
Für die Wiederansiedlung in Sachsen will das Projekt zum einen auf Wildfänge aus der Schweiz zurückgreifen. Zum anderen ziehen die Beteiligten Tiere in Erwägung, die als Waisentiere gefunden und in einer Artenschutzstation in Sachsenhagen (Niedersachsen) menschenfern aufgezogen wurden. Auch genetisch geeignete Zuchttiere aus Gehegen sollen genutzt werden. Sie werden zuvor in Koordinierungsgehegen für die Auswilderung trainiert.
Tiere sind scheue Einzelgänger
Für die scheuen und einzelgängerischen Tiere stünden in Sachsen etwa 1.900 km2 geeigneter Fläche zur Verfügung, sagt Dr. Ulrich Zöhpel, Artenschutzreferent im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Dies biete zwischen 20 und 56 Luchsen Lebensraum. Auf tschechischer Seite gebe es noch einmal so viel geeignete Flächen. Rund 100 Luchse könnte das entstehende sächsisch-tschechische Vorkommen irgendwann einmal umfassen.
Luchse: Das sagen Halter von Schafen und Jäger dazu
Bleibt das ohne Folgen für Nutztierhaltung oder den Bestand an Niederwild? Auf Nachfrage beim Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband bekommt man auf Nachfrage ein gewisses Maß an Resignation zu spüren. Man habe alle Hände voll mit dem Wolf zu tun, heißt es da. „Und der Luchs frisst ja auch keinen Salat“, sagt Dr. Regina Walther vom Vorstand.
Luchse in Sachsen: Vergleich mit dem Wolf
Die Begeisterung unter den Haltern dürfte sich in Grenzen halten. „Wir haben beim Wolf noch keines der Probleme gelöst. Der Umgang mit Problemwölfen ist noch immer nicht sicher geklärt“, sagte sie. Dennoch siedele man das nächste Groß-Raubtier in Sachsen an.
Auch im Landesjagdverband ist man offenkundig über die Luchs-Aussetzung nicht erfreut. Im vorigen Herbst, als die Pläne bekannt wurden, teilte der Verband mit, man sorge sich um das Niederwild. Besonders das Birkhuhn, um dessen Schutz im Erzgebirge sich der Freistaat ebenfalls bemüht, werde durch die Wiederansiedlung des Luchses bedroht.
Nutztiere werden seltener gerissen
Ulrich Zöhpel teilt diese Sorgen ebenso wie Catriona Blum-Rérat vom Senckenberg Museum nicht. Für die Luchse stünde ausreichend Reh- und junges Rotwild in sächsischen Wäldern als Beute zur Verfügung. Die Schalenwildbestände seien nach wie vor historisch hoch. Nutztier- oder Gatterwildrisse spielten den Erfahrungen aus anderen Ländern zufolge eine sehr geringe Rolle und entsprächen weniger dem Verhalten des Luchses als Überraschungsjäger.
„Der Luchs ist nicht der Wolf“, sagt Catriona Blum-Rérat. Belegt sei überdies, dass Luchse auch Raubwild wie Marder und Füchse als Beute schlagen. Die Fuchspopulation werde durch die Großkatzen niedrig gehalten, was dem Niederwild nütze.
Weitere Luchs-Wiederansiedlung in Deutschland
Nicht nur in Sachsen, auch in zwei anderen Projekten in Deutschland laufen aktuell Wiederansiedlungsprojekte. Im Schwarzwald wurde in diesem Winter ein erstes Tier ausgesetzt. Bis zu zehn sollen insgesamt freigelassen werden. In Thüringen startet ebenfalls ab diesem Frühjahr die Wiederansiedlung. Insgesamt 20 Tiere werden es hier sein.
Projekt RELynx
In dem Projekt RELynx arbeitet das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) mit weiteren Partnern zusammen an der Wiederansiedlung des Luchses in Sachsen. Partner sind das Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz, die TU Dresden, Professur für Zoologie, und der Staatsbetrieb Sachsenforst. Mit der tschechischen Seite arbeitet man in Form von Informationsaustausch und Öffentlichkeitsarbeit zusammen.
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