Direktvermarktung

Neueröffnung: Hofladen der Agrargesellschaft Bad Lausick

Große Besetzung am Eröffnungstag des Hofladens hinter dem Verkaufstresen (v. l.): Martin Kurth, Nadja Brummer und Lisa Kurth, die beiden Geschäftsführerinnen der Agrargesellschaft Bad Lausick, und Katrin Kurth, die als gelernte Fleischfachverkäuferin früher den Dorfkonsum leitete. (c) Carmen Rudolph
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Die Premiere lief überaus erfolgreich: Mit ihrem neuen Hofladen startete die Agrargesellschaft Bad Lausick ganz logisch in die nächste Stufe der Direktvermarktung.

Von Wolfgang Rudolph

Bereits vor der Eröffnung am 30. April um 10 Uhr hatten sich in Ballendorf (Landkreis Leipzig) die ersten Interessenten am neuen Hofladen der Agrargesellschaft Bad Lausick eingefunden – in gebührendem Abstand und mit Maske, versteht sich.

Bis zum Ladenschluss um 18 Uhr riss dann die Warteschlange nicht mehr ab, auch weil wegen der Coronaauflagen immer nur ein Kunde den Verkaufsraum betreten durfte. Keine optimalen Bedingungen für die Eröffnung eines Hofladens, möchte man meinen. Obwohl Helfer aus dem Dorf am Holzkohlegrill ein kulinarisches Rahmenprogramm boten und Mitarbeiter Michael Kiesewetter kurzerhand mit seinem garagengepflegten ZT 300 anrollte, um den Kindern bei einer Traktorrunde die Wartezeit zu verkürzen.

Direktvermarktung als wichtiges standbein

Doch der Mut, die Verkaufsstelle trotz der pandemiebedingten Erschwernisse zu eröffnen, wurde belohnt: „Einen besseren Start in die nächste Phase unserer Direktvermarktungsstrategie hätten wir uns nicht wünschen können“, freut sich Nadja Brummer über den Kundenansturm. Sie und Lisa Kurth führen den Betrieb, der etwa 1.000 ha bewirtschaftet und 250 Milchkühe plus Nachzucht hält, seit 2019 als Leitungsduo.

Beide Geschäftsführerinnen sehen in der Direktvermarktung ein wichtiges Standbein für die weitere Entwicklung. „Begonnen hat das mit den Rinderschlachtpaketen als Weihnachtspräsent für unsere Mitarbeiter“, erzählt Brummer. Die gute Qualität des von einer Lohnschlachterei im Raum Mittweida verarbeiteten Rindfleisches sprach sich herum und weckte überbetriebliche Kaufnachfrage. Daraus entstand ein stetig wachsendes Vertriebsnetz. Um die 50 Fleischpakete mit fünf Kilogramm Rind für 43 Euro werden mittlerweile jeden Monat verkauft.

Bereits zur Eröffnung des Hofl adens um 10 Uhr hatte  sich eine Warteschlange gebildet.
Bereits zur Eröffnung des Hofladens um 10 Uhr hatte sich eine Warteschlange gebildet. (c) Carmen Rudolph

„Das erfordert eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Infrastruktur für den Verkauf. Der Hofladen ist die logische Konsequenz dieser Entwicklung“, sagt die Tierwirtschaftsmeisterin, die vornehmlich den Bereich Milchproduktion verantwortet.

Nachzuchtregime angepasst

Bei der Umsetzung dieses Vorhabens in nur drei Monaten halfen neben der 15-köpfigen Belegschaft viele Verwandte und Freunde. So hatte der gelernte Einzelhandelskaufmann Martin Kurth, Ehepartner von Lisa Kurth, bei den Schreinerarbeiten für den Innenausbau den Hut auf. Jörg Landsmann fertigte die kunstvollen Holzschilder, die die Fassade des Hofladens schmücken und von der B 176 beginnend als Wegweiser fungieren. Für die Malerarbeiten griffen die beiden Geschäftsführerinnen an den Wochenenden selbst zum Pinsel.

Damit die Fleisch- und Wursttheke des Hofladens der Agrargesellschaft Bad Lausick an den Öffnungstagen gefüllt ist, liefert der Agrarbetrieb seinem langjährigen Hausmetzger und nun außerdem einer weiteren Lohnschlachterei monatlich im Schnitt eine Kuh und drei Färsen.

Um dies kontinuierlich zu gewährleisten, wurde das Nachzuchtregime angepasst. Nadja Brummer erläutert die veränderte Anpaarung: Für die Remontierung des Rinderbestandes werden gute Kühe (RZG über 130) sowie Färsen mit gesextem Sperma eines guten Holsteinbullen besamt. Durch die daraus weitestgehend entfernten Y-Chromosomen entstehen bei einer Befruchtung zu 90 Prozent nur Kuhkälber. Bei den anderen Tieren erfolgt eine Mastanpaarung, überwiegend mit Sperma von der Fleischrindrasse Weißblaue Belgier.
Färsen, die nach zwei Anpaarungen nicht tragend sind, werden, wegen der rassetypischen Leichtkalbigkeit, mit Sperma vom Angusrind besamt.


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Begehrte „Roschder“

Sirkka Giedo und ihre Tochter  Lara – hier desinfi zieren sie ihre  Hände – gehörten zu den ersten  Kunden am Eröffnungstag.
Sirkka Giedo und ihre Tochter Lara – hier desinfizieren sie ihre Hände – gehörten zu den ersten Kunden am Eröffnungstag. (c) Carmen Rudolph

Neben Fleisch und Wurst, darunter die begehrten „Rinder-Roschder“, gehören in der vorerst nur 14-täglich geöffneten Verkaufsstelle verschiedene Käseprodukte zum Sortiment.

Nach der erfolgreichen Generalprobe für die Auslage am Eröffnungstag macht zukünftig regelmäßig eine mobile Käserei auf dem Hof Station, pumpt 1.000 l Milch aus dem Tank des Viehstalls ab und legt diese durch Zugabe eines Labenzyms dick.

Während die abgeschiedene Molke vor Ort bleibt und als Schweinefutter genutzt werden kann, wird die Dickmilch im nachfolgenden Prozess zu Käse verarbeitet und nach einem mehrwöchigen Reifeprozess geliefert. Darüber hinaus sind sowohl Rohmilch als auch in einem dafür angeschafften Pasteurisator haltbar gemachte Frischmilch, Obst und Gemüse von einer Erzeugergemeinschaft aus dem Erfurter Becken sowie weitere Nahrungsmittel aus der Region, beispielsweise Rapsöl und Leinsamen von einem Landwirt in Oberpickenhain, im Angebot. „Bald gibt es auch Eier aus eigener Produktion“, kündigt die Geschäftsführerin an. Der mobile Hühnerstall für vorerst 15 Legehennen stehe schon auf einer Fläche hinter dem Hofladen.

„Regionalität bleibt oberstes Gebot“

„Schön, dass es im Dorf jetzt wieder eine fußläufig erreichbare Einkaufsmöglichkeit gibt“, meint Sirkka Giedo, die mit ihrer vierjährigen Tochter Lara am Eröffnungstag in der Warteschlange steht. Sie nutze die Fleischpakete aus dem Direktvertrieb des Agrarbetriebes bereits seit einiger Zeit in der heimischen Küche. Mit zwei schweren Taschen verlässt die aus dem benachbarten Hopfgarten angereiste Petra Petzold den Hofladen. „Wenn es hier aus der Region ist, weiß ich, was ich kaufe. Das ist uns wichtig“, sagt sie.

„Die Regionalität bleibt oberstes Gebot“, versichert Nadja Brummer. Geplant sei, die Direktvermarktung nun Stück für Stück entsprechend der Kundennachfrage auszubauen. Die Adresse des Hofladens am Sitz der Agrargesellschaft ist dabei marketingmäßig schon mal ein Vorteil: Am Butterberg 13.