Nitratgebiete: In der roten Zone

Über die Nitratgebiete in Sachsen informierte das Landesamt in einer Info-Veranstaltung. (c) Karsten Bär
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Die roten Zonen sorgen für Diskussion: Darüber, wie die Nitratgebiete in Sachsen ermittelt wurden und welche ackerbaulichen Optionen betroffene Landwirte haben, informierte das Landesamt auf einer Veranstaltung.

Voraussichtlich im kommenden Frühjahr wird die nächste Novelle der Düngeverordnung (DüV) in Kraft treten. Sie bringt deutliche Verschärfungen mit sich – vor allem für die sogenannten roten Gebiete mit hohen Nitratbelastungen des Grundwassers. Angesichts der drohenden Folgen hinterfragen viele Landwirte, auf welcher fachlichen Grundlage die Ausweisung der Nitratgebiete in Sachsen erfolgte. Dieser Forderung nach Transparenz kam das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) vergangene Woche nach und informierte in Nossen über Stand und Perspektiven der Nitratgebiete in Sachsen.

Oft gibt es Kritik daran, dass das deutsche Messnetz auf die Belastungspunkte orientiert sei und das schlechte Abschneiden im europäischen Vergleich damit quasi bewusst provoziere. Aus Sicht der Fachbehörde verkennt dieser Einwand jedoch die rechtlichen Grundlagen. Dr. Peter Börke, Referatsleiter Siedlungswasserwirtschaft Grundwasser im LfULG, verwies darauf, dass laut europäischer Nitrat-Richtlinie von 1991 der Eintrag von Nitrat konkret aus landwirtschaftlichen Quellen in Grundwasser und Oberflächengewässer zu reduzieren sei und diese Einträge messstellenbezogen zu ermitteln sind. Die Probleme seien lange bekannt, nur gehandelt habe man nicht, so Börke.

Nitratgebiete in Sachsen: Das sind die Quellen

Recht verlässlich lasse sich auch die Quelle der Belastungen abschätzen: Laut dem Modell „Stoffbilanz“ stammen 47,2  % der Nitrateinträge in sächsische Gewässer von Acker- und 5,2 % von Grünlandflächen. Aus Kläranlagen und aus Siedlungen stammen jeweils etwas mehr als 11  % der Nitrateinträge. Anders als beim Phosphor, wo knapp 42  % der Einträge aus Kläranalgen stammen, ist Börke zufolge beim Nitrat somit die Landwirtschaft eindeutig Haupteintragsquelle. Börke machte deutlich, es sei nach Bestimmung des Alters von Grundwasser nicht festzustellen gewesen, dass es sich bei der Belastung mit Nitrat überwiegend um DDR-Altlasten handele. Auch Deponien beeinflussten den Nitratgehalt des Grundwassers nicht. Zwar gäbe es Einträge, jedoch betreffe dies andere Stoffe und nicht Nitrat.

Grundwassermessnetze gibt es in Sachsen Börke zufolge zu verschiedenen Zwecken und von verschiedenen Betreibern. Das EU-Nitratmessnetz umfasst in Sachsen 36 Messpunkte. Für die Ausweisung der Nitratgebiete in Sachsen seien allerdings Daten von weitaus mehr Messstellen auch anderer Netze verwendet würden. Allerdings könne man nicht ohne Weiteres die Daten von anderen Messnetzbetreibern veröffentlichen.

Regionalisierung der Nitratwerte

Das Grundwassermessnetz werde weiter ausgebaut; kurzfristig werden 15 Messstellen, mittel- und langfristig weitere 85 entstehen. Von anwesenden Landwirten wurde bei der Veranstaltung angeregt, vorhandene Brunnen, die ohnehin beprobt würden, künftig in die Messungen einzubeziehen.

Nitratmessgerät misst Schadstoffgehalt
Vom Landesamt wurde die Auswahl der Messstellen in den roten Gebieten näher spezifiziert. (c) Sabine Rübensaat

Die Regionalisierung der Nitratwerte erfolgte in Sachsen auf Grundlage von insgesamt 1.689 Messstellen verschiedener staatlicher Messnetze sowie der Messnetze in Bergbaugebieten, Analysen der Trinkwasserverbände, der staatlichen Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft (BfUL) und des forstlichen Umweltmonitorings sowie Nitratmessungen anderer Bundesländer.

Ausgehend von den Punktmesswerten wurde mittels zweier Verfahren unter Berücksichtigung der Fließrichtungen und der Grundwasserstockwerke die Verteilung der Nitratkonzentration im Grundwasser berechnet, legte Heiko Ihling vom LfULG dar. Statt ca. 5.200 km2 Fläche mit Grundwasserkörpern in einem schlechten chemischen Zustand aufgrund von Nitrat wurde somit die binnendifferenzierte Nitratkulisse auf Teilflächen von 2.200  km2 reduziert. Dort können Maßnahmen zur Reduzierung des Nitrateintrags fokussiert werden. Nicht identifiziert werden könne jedoch ein konkreter Verursacher an einzelnen Belastungsstellen.

Rotes Gebiet: Kritik von Landwirten

Kritisch, das zeigten die Wortäußerungen der Anwesenden, sehen Landwirte, dass auf den Flächen mancher Betriebe, die im roten Gebiet wirtschaften, keine einzige Messstelle sei. Das Messnetz, wandte Börke ein, sei nicht auf Betriebe oder gar Schläge bezogen. Wem die Einordnung nicht plausibel erscheine, könne sich an das LfULG wenden. Falsche Schlüsse aus den Messdaten zu ziehen, warf Wolfgang Grübler, Agrarbetrieb Lommatzscher Pflege eG, den Behörden vor. Sein Betrieb habe nachweislich nie mehr als 25  kg Reststickstoff in der Bilanz vorzuweisen, dennoch liege man im roten Gebiet. Hierzu gab Dr. Ulrich Henk, zuständiger Referent im Landwirtschaftsministerium, zu verstehen, dass es eine Diskrepanz zwischen bedarfsgerechter und wasserschutzgerechter Düngung gebe. N-Überschüsse von höchstens 10 bis 20  kg seien nötig, um das Nitratproblem wirksam anzugehen.

Nitratgebiete: N-Effizienz verbessern

Welche Veränderungen auf die Landwirte im Rahmen der DüV-Novelle voraussichtlich zukommen, fasste LfULG-Düngungsexperte Dr. Michael Grunert zusammen. Folgenreich sind die Bestimmungen vor allem für die Nitratgebiete – hier muss unter anderem die N-Düngung um 20 % gegenüber dem ermittelten Düngebedarf reduziert werden. Das schmälert nicht nur den Ertrag, sondern auch die Qualität, vor allem bei der Erzeugung von Qualitätsweizen, die nur noch eingeschränkt möglich sein wird.



Entgegengewirkt werden kann dem in begrenztem Maße mit einer höheren N-Effizienz im Betrieb. Dazu zähle, im Rahmen der Möglichkeiten organische Dünger zeitnah zum Nährstoffbedarf, optimal verteilt und durch Einsatz entsprechender Technik verlustarm auszubringen. Auch die fachlich erweiterte N-Düngebedarfsermittlung des Programms BESyD, die die Bestandsentwicklung berücksichtigt, hilft, den N-Einsatz zu begrenzen. Eine optimale Versorgung mit anderen Grundnährstoffen steigert ebenfalls die N-Effizienz, ebenso wie die teilflächenspezifische Düngung.

Pauschale Herbst-N-Düngung vermeiden

Eine pauschale Herbst-N-Düngung sollte vermieden werden. Als Handlungsmöglichkeiten auf die Reduzierung der N-Düngung im Nitratgebiet empfahl Grunert, bestimmte Kulturen auf Nicht-Nitratgebiete zu verlagern, den Düngebedarf qualifiziert zu ermitteln und alle ackerbaulichen Faktoren zu optimieren.

Mit einzelbetrieblicher Beratung und Praxisvorführungen unterstützt das LfULG die Landwirte sowohl in den Nitratgebieten in Sachsen als auch in der für die Wasserrahmenrichtlinie relevanten Kulisse dabei, Stoffeinträge in Gewässer zu vermeiden, wie Referentin Silke Peschke informierte. Fachlich wird dieser Wissenstransfer durch die AgUmenda GmbH übernommen. Schwerpunkte sind unter anderem die Düngebedarfsermittlung, teilschlagspezifische Düngung oder die Düngerverteilung. In Versuchen konnte gezeigt werden, dass Maßnahmen, wie etwa eine verringerte Intensität der Bodenbearbeitung nach Raps, die N-Freisetzung verringert oder der Einsatz von Nitrifikationshemmern einen Mehrertrag im Mais und damit höheren N-Entzug brachte. kb