Schweinestau und Preisverfall: Lage spitzt sich zu
Die Situation für die sächsischen Schweinehalter wird vor Weihnachten immer prekärer. Darauf macht der Sächsische Landesbauernverband (SLB) aufmerksam. Betroffen seien Züchter, Mäster und Sauenhalter gleichermaßen.
Dem SLB zufolge ist die Abnahme von schlachtreifen und zum Teil schon übergewichtigen Mastschweinen in den Schlachtbetrieben derzeit nicht gewährleistet. „Wir stehen momentan vor einer Zerreißprobe“, beschreibt Frank Bennewitz von der Erzeugergemeinschaft „Qualitätsfleisch“ Taubenheim w. V. die aktuelle Situation. Er kritisiert, dass derzeit nur 75 % der wöchentlich angemeldeten Mastschweine in den Schlachtunternehmen abgenommen werden. Dies habe aber nur erreicht werden können, weil die Abnahme von Schweinen für die Regionalprogramme annähernd gleichgeblieben sei. Übervolle Ställe und verzweifelte Landwirte seien nun die Folge. Man spricht von einem Schweinestau.
Schweinestau durch Corona und ASP
Die Gründe dafür seien schnell genannt, so Bennewitz, der auch Vorsitzender des SLB-Fachausschusses Veredlung ist. Einerseits sei Corona vermehrt beim Schlachthof-Personal aufgetreten und habe zu Krankheitsausfällen geführt. Andererseits sei nach dem Exportverbot infolge der Afrikanischen Schweinepest (ASP) der personelle Zeitaufwand in der Weiterverarbeitung des Fleisches erheblich gestiegen, da es für den inländischen Markt viel kleinteiliger zerlegt werden muss.
Doch nicht nur der sogenannte Schweinestau sei das Problem, sondern der zusätzliche enorme Preisverfall für deutsches Schweinefleisch. Der aktuelle Schlachtpreis für Schweine ist auf nur noch 1,19 Euro pro kg Schlachtgewicht (SG) abgestürzt. Das liegt deutlich unter den Produktionswert von circa 1,60 Euro pro kg SG. Das könne kein Mastschweinbetrieb noch länger durchhalten.
Auch Ferkelerzeuger sind massiv betroffen
Betroffen sind auch die Sauenhalter. Der Einbruch bei den Schlachtschweinepreisen zieht den Ferkelpreis extrem nach unten. Derzeit liegt er bei 22 Euro je 25-kg-Ferkel (200er-Gruppe) und damit so tief wie noch nie. Allein die Herstellungskosten dieser Ferkel belaufen sich auf 50 bis 55 Euro. Die Schweinehalter sind damit gleich doppelt gebeutelt. Die Situation bringt viele Betriebe an den Rand ihrer wirtschaftlichen Existenz. Einige würden bereits erwägen, ganz auszusteigen, warnt der SLB. Das würde auch die gesellschaftliche Forderung nach mehr Tierwohl in deutschen Ställen konterkarieren, denn in anderen europäischen Ländern würden weitaus weniger strenge Regeln gelten als in der deutschen Schweinehaltung. Das wird besonders bei Importferkeln deutlich, die, obwohl nicht unter den hohen deutschen Tierschutzstandard gewachsen, nach der Einfuhr dennoch in das deutsche Qualitätssicherungssystem (QS-System) kommen. Dafür fehle den Landwirten nicht nur in Sachsen jegliches Verständnis.
Schweinhalter fordern Verlustausgleich
Der SLB fordert für die Schweinehalter in Sachsen:
- Eine angemessene Entschädigung von Corona-bedingten Einkommensverlusten, wenn Mastschweine aufgrund unverschuldet verspäteter Abnahme im Schlachtbetrieb übergewichtig sind und damit erhebliche Abschläge beim Preis vorgenommen wurden.
- Analog muss eine Regelung für die Ferkelerzeuger erarbeitet werden, wenn diese im Zuge des Schweinestaus nicht mehr abgenommen werden.
- Ab sofort hat die Bezahlung von übergewichtigen Schlachtschweinen mindestens zum Basispreis zu erfolgen.
- Schlachtkörper- und Fleischuntersuchung sind auch an Sonn- und Feiertagen abzusichern.
- Rahmenarbeitszeiten sowie zusätzliche Schichten an Sonn- und Feiertagen innerhalb des Schlachtbetriebes sind auszuweiten.
- Importierter Tiere, die nicht nach deutschen Tierschutzstandards erzeugt wurden, sind aus dem deutschen QS-System auszuschließen.
„Wir brauchen unverzüglich Maßnahmen, die tatsächlich greifen. Bestandteil muss auch eine geförderte Bestandsreduzierung sein. Ansonsten bleibt für die Schweinhalter als letzter Ausweg nur die Beantragung von Nottötungen bei den zuständigen Veterinärbehörden, da sonst die Tierschutzstandards in den übervollen Ställen nicht mehr eingehalten werden können. Dies zeigt die ausweglose Situation, in der sich unsere Schweinehalter momentan befinden,“ fasst Bennewitz zusammen. red