Zuckerrübe mit besseren Aussichten
Mit weniger Betrieben und weniger Fläche, aber mit mehr Zuversicht als noch vor Jahresfrist starten Sachsens und Thüringens Zuckerrübenerzeuger ins neue Anbaujahr.
Der Zuckerrübenanbau in Sachsen und Thüringen hat Betriebe und Fläche verloren: In diesem Jahr werden 756 Anbauer auf rund 24.000 ha Zuckerrüben für das Südzucker-Werk in Zeitz produzieren. Von den zuletzt 338 Brottewitzer Lieferanten wollte oder konnte etwas weniger als die Hälfte der Rübe treu bleiben. Darüber informierte bei den Winterfachtagungen in Naumburg und Groitzsch bei Nossen der Vorsitzende des Sächsisch-Thüringischen Zuckerrübenverbandes (VSTZ), Clemens Schaaf. Der Anbauflächenrückgang dürfte indes geringer als 8.000 ha sein, da manche Betriebe nicht mehr nur für Südzucker anbauen, sondern auch andere Verarbeiter beliefern.
Rübenanbau rückt näher an Fabrik
Schaaf konstatierte eine Verlagerung des Anbauschwerpunktes von Zuckerrüben in den Westen Sachsens und Osten Thüringens. Die Rückgabe von Lieferrechten im fabrikfernen Osten Sachsens war durch ein Ausstiegsprogramm gefördert worden. Ostwärts von Dresden gibt es nunmehr keine Südzuckerlieferanten mehr, wie Dr. Martin Pfeuffer von der Süddeutschen Zuckerrübenverwertungsgenossenschaft (SZVG) erklärte. Weniger gut angenommen wurde das Aufnahmeprogramm, in dessen Rahmen die Anbauer im näheren Umkreis von Zeitz finanzielle Unterstützung für den Erwerb freigewordener Lieferrechte erhalten konnten. Während im Kasseler Zuckerrübenverband, in dem mit Warburg ebenfalls eine Fabrik schloss, das Aufnahmeprogramm überzeichnet war, bleiben Lieferrechte für Zeitz übrig. Sie sollen jedoch nicht in andere Regionen verkauft werden, sondern hier für Betriebe mit Interesse an einer Anbauausweitung vorgehalten werden, so Pfeuffer.
Infrage käme dafür nicht nur das Umfeld von Zeitz, sondern auch die Lommatzscher Pflege, die auch 2019 wieder mit hohen Rüben-Erträgen glänzte. Dass man für die Auslastung der Fabrik in Zeitz auf die Lommatzscher Pflege setze, machte Dr. Georg Vierling vom Geschäftsbereich Zucker/Rüben der Südzucker AG deutlich.
Vierling verwies auf eine positive Entwicklung der Südzucker-Geschäftsbereiche „Spezialitäten“ und „CropEnergies“. Die zum Konzern gehörende Freiberger-Gruppe sei der drittgrößte Hersteller von Tiefkühlpizza. Beim Bioethanol könne man eine steigende Nachfrage verzeichnen. „Greta Thunberg hilft“, sagte Vierling mit Blick auf die steigenden Beimischquoten in Kraftstoffen. Negativ seien indes die strukturellen Rahmenbedingungen für die Zuckererzeugung. Der Pflanzenschutzmitteleinsatz in Zuckerrüben werde innerhalb Europas über Ausnahmegenehmigungen unterschiedlich gehandhabt. Zudem gelte Zucker in der öffentlichen Debatte zunehmend als Ursache von Gesundheitsproblemen.
Weltmarktpreis für Zucker steigt
Marktseitig gibt es jedoch positive Signale für den Zucker. Der Weltmarktpreis steige, es finde ein Bestandsabbau statt, weil die Nachfrage die Produktion übersteigt. Währenddessen laufe im Konzern die Restrukturierung, man arbeite daran die Unternehmensorganisation zu optimieren und die Kosten zu senken, so Vierling weiter. Er gehe davon aus, dass Südzucker mit der Kampagne 2020, wenn die Altkontrakte auslaufen, vollumfänglich von anziehenden Preisen profitieren kann. „Das wird auch Auswirkungen auf den Rübenpreis haben“, sagte er.
Ein schwieriges Marktumfeld, aber positive Signale konstatierte auch Südzucker-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kirchberg. Für das Geschäftsjahr 19/20 sei mit einem Verlust von 200 bis 260 Mio. € im Segment Zucker zu rechnen, während über alle Segmente ein operatives Ergebnis von rund 100 Mio. € stehen dürfte. Hohe Zuckerpreise wie in der Vergangenheit könne man nicht mehr erwarten, dennoch sehe er mindestens ein ausgeglichenes Ergebnis. Mehr Wertschöpfung will der Konzern durch Innovationen erreichen. Kirchberg nannte hierfür als Beispiele kalorienreduzierten Zucker, neue Proteine und Fleischersatz, biologisch abbaubare Folie auf Stärkebasis und biobasierte Chemikalien.
Brottewitz: Guter Rüben-Ertrag zum Abschied
Im nunmehr schließenden Standort Brottewitz werde nach Abschluss der noch laufenden Dicksaftkampagne mit den Demontagearbeiten begonnen. Man sei auf der Suche nach einer Anschlussverwertung, „möglichst im Ganzen“, so Kirchberg.
Verabschiedet hat sich Brottewitz mit vergleichsweise guten Kampagnezahlen. Trotz erneut trockener Bedingungen lag der Zuckerrüben-Ertrag im Schnitt bei 68 t/ha (Zeitz: 60,2), der Zuckerertrag bei 18,4 % (Zeitz: 18). Zudem sei man „die Fabrik mit den saubersten Rüben“ gewesen, wie Werner Stohr von der Rohstoffabteilung Sachsen/Thüringen erklärte. Nach 147 Jahren endete am 8. Januar die Rübenverarbeitung in Brottewitz. „Da waren auch Emotionen im Spiel“, so Stohr. Die Belegschaft der Fabrik habe bis zum letzten Tag einen guten Job gemacht – was die Teilnehmer der Winterversammlung in Groitzsch mit Applaus quittierten.