Schweine-Fleisch in Deutschland

Schweine-Haltung in der Krise: Betriebssterben, Preisdruck, Umbau-Herausforderungen

Die Anzahl der Schweinehalter in Deutschland ist seit Jahren stark rückläufig. (c) Sabine Rübensaat
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Schweinehaltung in Deutschland vor dem Aus? Wirtschaftlicher Druck und fehlende Wertschätzung: Warum immer mehr Schweinebauern aufgeben und welche Rolle Corona, ASP und MKS dabei spielen. Scheitert der Umbau der Schweinehaltung an Bürokratie und Preisdruck?

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Die Schweinehaltung in Deutschland steht vor erheblichen Herausforderungen, die sich in den vergangenen Jahren deutlich verschärft haben. Laut der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) ist die Anzahl der Schweinehaltenden Betriebe von etwa 26.800 im Jahr 2014 auf rund 15.620 im November 2024 gesunken – ein Rückgang von 41,7 %. Besonders in der Ferkelerzeugung sind die Ausstiegsraten alarmierend: In den letzten zehn Jahren haben mehr als die Hälfte der Betriebe (51,3 %) aufgegeben.

Schweine-Haltung: Zahl der Schweine stetig gesunken

Im November 2024 betrug der Gesamtbestand an gehaltenen Schweinen in Deutschland rund 21,2 Millionen, was im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert ist, jedoch einen Rückgang von 25,2 % oder 7,2 Millionen Tieren in den letzten zehn Jahren bedeutet. Die Anzahl der Zuchtsauen ging seit 2014 um 32,0 % zurück, was den Trend zu größeren Betrieben widerspiegelt: Während 2014 im Durchschnitt 1.100 Schweine pro Betrieb gehalten wurden, sind es nun 1.400.

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Hohe Kosten für Futter und Energie

Laut ISN hat sich die wirtschaftliche Situation der Schweinehalter seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie dramatisch verändert. Ab März 2020 kam es zu einem starken Preisverfall, der bis Anfang Februar 2022 anhielt. Zwar sind die Schweinepreise seitdem gestiegen, liegen jedoch unter den erforderlichen Vollkosten für die Schweinemast und Ferkelerzeugung. Der aktuelle Vereinigungspreis für Schlachtschweine beträgt 1,72 €/kg Schlachtgewicht, während der Ferkelpreis bei 46 € steht (Stand KW 05/2025). Die hohen Kosten für Futter, Energie und andere Betriebskosten belasten die Erzeuger weiterhin.

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Die Anteile der Schweine in den höheren Haltungsformstufen sind gering. Aktuell halten etwa 2 % der Schweine Stufen 3 und 4, während Bio-Schweine nur etwa 1 % ausmachen, bilanziert die ISN. Die Umstellung auf höhere Haltungsformen werde durch genehmigungsrechtliche Fragen sowie Seuchenschutzauflagen erschwert.

Probleme: Keine Planungssicherheit und Bürokratie

Andrè Telle, Vorstandsvorsitzender der Interessengemeinschaft der Schweinehaltung in Thüringen (IGS) und Geschäftsführer der Agrar eG in Heberndorf in Ostthüringen, nennt fehlende Planungssicherheit, die ausufernde Bürokratie sowie schlechte Auszahlungsmodalitäten als wichtigste Gründe dafür, dass immer mehr Betriebe die Schweinehaltung aufgeben. „Das trifft viele kleine deutschlandweit – aber auch große im Osten“, erklärt Telle gegenüber der Bauernzeitung. Insbesondere die Unternehmen mit alten Anlagen aus DDR-Zeiten überlegten genau, ob sich die Investitionen in tierwohlgerechten Umbau tatsächlich lohnen.

Umbau der Deckzentren

Der Umbau der Deckzentren will genau geprüft sein, so Telle. Wer Sauen und Jungsauen im Deckzentrum noch nicht entsprechend den neuen Haltungsvorgaben in Gruppen hält und die Übergangsfrist dafür nutzen will, musste bis Februar 2024 ein Betriebs- und Umbaukonzept bei der zuständigen Veterinärbehörde einreichen. Anfang 2021 war die geänderte Haltungsverordnung in Kraft getreten, die für jedes Tier im Deckzentrum mindestens 5 Quadratmeter „uneingeschränkt nutzbare“ Fläche vorschreibt. Bis Anfang 2029 muss der Umbau vollzogen sein.

Schweine-Haltung in Ostdeutschland

Für die überwiegende Zahl der ostdeutschen Sauenhalter, darunter rund 180 Betriebe mit mehr als 500 Tierplätzen, bedeutet das ein Anzeige- oder Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) – je nachdem, ob der Stall für den Platzbedarf im Deckzentrum erweitert werden muss. Bei gewerblichen Anlagen sind die Voraussetzungen deutlich schwieriger.
Ob jeder Betrieb den Umbau tatsächlich umsetzt, dürfte nach Expertenmeinung wesentlich von den noch ausstehenden bau- und immissionsschutzrechtlichen Regelungen abhängen. Unklar ist, wie die Vollzugshinweise zur Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) in der Praxis umgesetzt werden müssen. Ob die Auslegungen der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) zum Platzangebot für Sauen im Abferkelbereich überarbeitet werden, ist ebenfalls offen. Umbauförderungen von Bund und Ländern wie die Thüringer Tierwohlrichtlinie laufen bereits.

Schweine-Haltung: Auch Schlachtung betroffen

Der allgemeine Strukturwandel betrifft auch den vor- und nachgelagerten Bereich der Schweinehaltung. Wenige Schlachtunternehmen dominieren den Markt, was durch die Corona-Pandemie und den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) weiter verstärkt wurde. Die drei größten Schlachtunternehmen hatten 2023 einen Marktanteil von etwa 59 %. Im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) sind die vier größten Unternehmen (Edeka, Rewe, Schwarz-Gruppe, Aldi) für 81 % des Marktes verantwortlich, was die Verhandlungsposition der Erzeuger weiter schwächt.

Fleisch: Konsumtrends und Marktentwicklung

Dazu kommt, dass der Pro-Kopf-Verzehr von Schweinefleisch seit 2018 laut ISN um 19,1 % gesunken ist. Trotz eines hohen Selbstversorgungsgrades von 134,6 % kann Deutschland nicht alle gefragten Teilstücke selbst produzieren und ist auf Importe angewiesen, was zusätzlichen Preisdruck erzeugt. Jährlich werden etwa 900.000 t Schweinefleisch importiert, meist aus der EU, was die Marktverhältnisse weiter beeinflusst.
Die Afrikanische Schweinepest hat in mehreren Bundesländern zu erheblichen Marktverwerfungen geführt, da viele Drittländer Einfuhrsperren für deutsches Schweinefleisch verhängt haben. Inzwischen sind mit Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen sechs Bundesländer von der ASP im Schwarzwildbestand betroffen. Laut Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) wurden seit September 2020 bundesweit mehr als 6.760 ASP-Fälle bei Wildschweinen nachgewiesen.

MKS und ASP belasten die Schweine-Halter

Zudem hat der erste Fall der Maul- und Klauenseuche (MKS) seit Jahrzehnten ähnliche Auswirkungen auf den Markt. Mit der Erstfeststellung in Brandenburg hatte Deutschland den Status „frei von MKS ohne Impfung“ verloren. Zahlreiche Exportbescheinigungen für den Export in Drittländer waren damit nicht mehr ausstellbar. Unter anderem stoppten Südkorea, Singapur und Großbritannien den Import von Schweinefleischprodukten aus Deutschland. Erst seit wenigen Wochen normalisiert sich die Situation wieder.

Angst vor Schäden im Seuchenfall

Eine Umfrage der ISN vom Ende 2024 zeigt, dass die Auflagenflut, langwierige Genehmi­gungs­verfahren und die Angst vor Schäden im Seuchenfall die Betriebe, trotz aller Investitionsbereitschaft, bei ihrer Weiterentwicklung hemmen. Dazu gehört für viele Unternehmen auch, dass in der allgemeinen und der medialen Wahrnehmung die Wertschätzung für die Tierhaltung fehlt. „Viele Landwirte fühlen sich von der Gesellschaft kriminalisiert“, sagt Andrè Telle aus Thüringen. „Die Verbraucher fordern zwar, dass es den Tieren besser geht – an der Theke wollen sie dafür aber nicht den Preis zahlen“, bedauert er. Die Herausforderungen für die Schweinehaltung in Deutschland bleiben also enorm und verlangen von den Betrieben eine Anpassung an sich ständig verändernde Rahmenbedingungen.

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Die Haltungsbedingungen der „Mecklenburger Strohschweine“ überzeugten 2020 die Fachjury des Ceres Awards. Torsten Roder (r.) mit Sohn Gino. (c) Timo Jaworr/agrarheute

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