Solarpaket I: Entschädigungen für Bodeneigentümer verfassungswidrig
Neues Gutachten: Dass Landwirte und Bodeneigentümer Stromleitungen für Solar- und Windparks bald gegen geringe Entschädigung dulden müssen, verstößt gegen das Grundgesetz.
Die von der Bundesregierung im sogenannten Solarpaket I geplante Duldungspflicht bei Leitungen zu Windenergie- oder Photovoltaik (PV)-Anlagen ist ebenso wie die vorgesehene Entschädigung in Höhe von 5 % des Grundstücksverkehrswerts verfassungswidrig. Das geht aus einem Rechtsgutachten hervor, das von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) und den Familienbetrieben Land und Forst in Auftrag gegeben worden war.
Die Chefs der beiden Verbände erwarten, dass die Ergebnisse des Gutachtens in den parlamentarischen Beratungen des Solarpakets berücksichtigt werden. „Das Rechtsgutachten bestätigt eindeutig, dass die vom Gesetzgeber festgesetzte Entschädigungshöhe unserem Grundgesetz widerspricht“, erklärte AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter. Stattdessen seien marktübliche Vergütungen anzusetzen, die auch das Ertragspotenzial der zu bauenden Anlage berücksichtigen sollten.
Somit sei die Duldungspflicht verfassungswidrig. „Wir hoffen sehr, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages diese Rechtseinschätzung aufgreifen und im parlamentarischen Verfahren substanzielle Änderungen vornehmen werden“, so Bitter.
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Solarpaket I: Risiken für Grundstückseigentümer
Der Ausbau der erneuerbaren Energien liege im Interesse der Waldbesitzer, dürfe aber in keinem Fall die berechtigten Eigentümerinteressen ignorieren. „Die Duldungspflichten verstoßen gegen den Grundsatz der Privatautonomie“, stellte der Vorsitzende des Verbandes der Familienbetriebe, Max von Elverfeldt, klar. Bevor es zu einem derart erheblichen staatlichen Eingriff komme, müsse eine vertraglich frei verhandelte Lösung gescheitert sein, sagte er.
Mit staatlichem Zwang verspiele der Gesetzgeber die Akzeptanz der Energiewende im ländlichen Raum und treibe die Polarisierung der Gesellschaft weiter voran. Einen Konstruktionsfehler der vorgeschlagenen Regelungen sieht Elverfeldt in der fehlenden gesetzlichen Rückbauverpflichtung für den Anlagenbetreiber. Das Rückbaurisiko auf den Flächeneigentümer abzuwälzen, sei nicht vertretbar. Das Gleiche gelte für die Haftungsfrage, so Elverfeldt.
Eine Kabeltrasse stelle eine besondere Gefahr dar. Eine Haftung über grobe Fahrlässigkeit hinaus sei daher absolut unverhältnismäßig. Nach Ansicht des Verbandes muss der Anlagenbetreiber gesetzlich verpflichtet werden, eine Versicherung zugunsten des Grundstückseigentümers abzuschließen, um die Risiken von möglichen Beschädigungen etwa durch Land- oder Forstmaschinen abzusichern.
Auch die Dauer der Duldungspflicht sei mit 48 Monaten nach Ende der Leitungsnutzung nicht zumutbar. Anlagenbetreiber müssten in der Lage sein, schneller nachzuweisen, ob die Kabel in Zukunft noch benötigt werden. Das Bundeskabinett hatte das von der Energiewirtschaft weitestgehend begrüßte Solarpaket I Mitte August verabschiedet. Die Beratungen im Deutschen Bundestag begannen Ende der vorigen Woche. Am 1. Januar 2024 soll es in Kraft treten. AGE/(red)
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