Strafanzeige wegen „Tötung von Tieren ohne vernünftigen Grund“
BUND, Greenpeace, der Deutsche Tierschutzbund und die AbL haben bei der Staatsanwaltschaft Stralsund Strafanzeige gegen den Betreiber der Schweinezuchtanlage Alt Tellin und gegen „Unbekannt“ gestellt.
Der Brand in der Schweinezuchtanlage Alt Tellin am 30. März, bei dem mehr als 55 000 Sauen und Ferkel verendeten, könnte ein juristisches Nachspiel bekommen. Die Umweltschutzorganisationen BUND und Greenpeace, der Deutsche Tierschutzbund und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) haben bei der Staatsanwaltschaft Stralsund Strafanzeige gegen den Betreiber der Ställe, die LFD Holding, sowie gegen „Unbekannt“ gestellt. Die Anlage im vorpommerschen Alt Tellin war 2010 für 10.458 Muttersauen, 35.000 Ferkelaufzuchtplätze und etwa 17.000 Saugferkel genehmigt worden.
„Tod der Tiere in Kauf genommen“
Die Kläger werfen dem Anlagenbetreiber vor, gegen das Tierschutzgesetz verstoßen zu haben. „Paragraph 17 legt fest, dass die Tötung von Tieren ohne vernünftigen Grund strafbar ist“, argumentierte der Rechtsbeistand der vier klagenden Organisationen, Rechtsanwalt Ulrich Werner, am Mittwoch (26. Mai) bei einem digitalen Pressegespräch. Die Antragsteller klagen den Anlagenbetreiber an, den „tausendfachen Tod der Tiere im Brandfall in Kauf genommen zu haben und keine ausreichende Vorsorge getroffen“ zu haben.
Schon vor 2010 auf schwere Mängel hingewiesen
Laut Werner habe der BUND schon beim Erörterungstermin vor der Genehmigung der Anlage 2010 Betreiber und Genehmigungsbehörden auf schwere Mängel des Brandschutzkonzeptes hingewiesen. Daraufhin sei später ein Kapitel „Tierrettung“ eingearbeitet worden. Nach einer mathematischen Formel seien darin Evakuierungszeiten für die Tiere errechnet und mit 15 bis 19 Minuten angegeben worden. Einem BUND-Gutachten zufolge seien bei Berücksichtigung des artspezifischen Verhaltens von Schweinen aber mehrere hundert Stunden für das Retten der Tiere realistisch gewesen.
„nach zehn Minuten jeder Brand gelöscht“
Nach Angaben von Werner hat der Anlagenbetreiber später sein Brandschutzgutachten noch einmal verändert. Danach sei die Evakuierung der Tiere angeblich nicht mehr nötig gewesen, weil Detektoren bei einem Temperaturanstieg von sechs Grad Kelvin Alarm auslösen, die Feuerwehr einen Brand nach zehn Minuten löschen und sich eine „raucharme Schicht“ bilden würde. In seinem Gutachten hatte der BUND, so Werner, darauf hingewiesen, dass es bei dem in der Anlage verbauten Material, vor allem dem hohen Anteil an Plastikteilen, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Schwelbränden kommen würde. Diese verzögerten erfahrungsgemäß den Temperaturanstieg. Die einsetzende starke Rauchentwicklung könnte das Leben der Tiere aber bereits stark gefährden. Zudem sei zu erwarten, dass die Klimaanlage den Temperaturanstieg im Brandfall verlangsame, was ebenfalls eine verzögerte Feuermeldung durch die Detektoren und verspätete Alarmierung der Feuerwehr begünstigen würde.
„Es kommt zu keinem Brand“
Werner äußerte starke Zweifel, ob bei der Annahme des Anlagenbetreibers, dass ein Brand nach zehn Minuten gelöscht sein würde, alle Brandlasten, insbesondere die PVC-Anteile in den Zwischenwänden und das Methangas in den Güllekanälen, berücksichtigt worden seien. Noch 2020 habe der Brandgutachter des Anlagenbetreibers erklärt, dass es in Alt Tellin zu keinem Brand kommen könne. „Die Temperaturdetektoren funktionieren, die Tiere können im Stall bleiben, hieß es“, so Werner. Nicht nur der Brandgutachter des Anlagenbetreibers, sondern auch Behördengutachter hätten die Einwände gegen das Brandschutzkonzept „vom Tisch gewischt“.
Strafanzeige: Warten auf die Brandursache
Aus diesem Grund klage man außer gegen den Anlagenbetreiber auch gegen „Unbekannt“: Nicht nur der Betreiber der Anlage, sondern auch Genehmigungsbehörden, Gutachter, Fachabteilungen und Verantwortliche, die Widersprüche gegen die Anlagengenehmigung zurückwiesen, hätten sich strafbar gemacht, wenn sie sich daran beteiligten, Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten. „Sobald die Brandursache bekannt ist, werden wir die Vorwürfe konkret zuordnen“, kündigte der Rechtsanwalt an.
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