Aus Sicht der Landwirtschaft

Anja Siegesmund: Bilanz der Amtszeit als Thüringer Umweltministerin

Bis Ende Januar war die Grünen-Politikerin Anja Siegesmund Thüringens Umweltministerin. Eine Bilanz ihrer Amtszeit aus Sicht der Landwirtschaft. (C) Imago/Bild13
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Bis Ende Januar war die Grünen-Politikerin Anja Siegesmund Thüringens Umweltministerin. Eine Bilanz ihrer Amtszeit aus Sicht der Landwirtschaft.

Von Frank Hartmann

Am 1. Februar ernannte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) den Grünen-Politiker Bernhard Stengele zum neuen Landesminister für Umwelt, Energie und Naturschutz. Er übernahm das Amt von seiner Parteifreundin Anja Siegesmund. Gemeinsam mit der Grünen-Politikerin Doreen Denstädt, die jetzt das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz leitet, wurde Stengele im Landtag vereidigt.

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Rückzug von Siegesmund kam überraschend

Die Neubesetzung der beiden von den Grünen geführten Ministerien in der Minderheitsregierung war Folge des überraschenden Rückzugs von Anja Siegesmund aus der Landespolitik. Seit Ende 2014 führte Siegesmund das Umweltministerium und war seither die bekannteste Grünen-Politikerin des Landes. Mit ihr als Spitzenkandidatin gelang der Partei, wenn auch knapp, zweimal der Einzug in den Landtag und die Regierungsbeteiligung.
Mit der Ressortverteilung von Rot-Rot-Grün wechselte 2014 die Energiepolitik vom Wirtschafts- ins Umweltresssort. Die Bereiche Landwirtschaft und Umwelt, die seit 1994 ein Ministerium verantwortet hatte, wurden getrennt. Dies war nicht zuletzt der vehementen Forderung des Bauernverbandes (TBV) geschuldet, das Agrar­ressort nicht in die Hände der Grünen zu legen.

Bauernverband und Siegesmund blieben auf Distanz

Warm wurden sich TBV und Siegesmund in den acht Jahren nicht. Das kühl-distanzierte Verhältnis fußte bis zuletzt etwa auf der pauschalen Missbilligung der „Massentierhaltung“ durch die Ministerin, was zum festen Repertoire der Grünen-Rhetorik zählt. Die Thüringer Tierwohlstrategie, die die Links-geführten Sozial- und Agrarministerien erarbeiteten, passierte das Kabinett nur mit einer einschränkenden Protokollnotiz Siegesmunds. Die Landesgrünen, die Stengele als Co-Chef die letzten Jahre mit anführte, erklärten die Strategie noch im Vorjahr für gescheitert.

Auch CDU-Fraktionschef und Parteivorsitzender Mario Voigt (l.) gratuliert Bernhard Stengele. Der Grünen-Politiker trat als Minister die Nachfolge von Anja Siegesmund an. Wie die Energiewende in Thüringen gelingen kann, darüber gehen die Vorstellungen von CDU und Grünen auseinander. (C) Landtag Thüringen

Parallel dazu machte sich Siegesmund für die Biogasanlagen im Land stark, was ihr die Landwirte hoch anrechneten. Dass es diese Anlagen nur mit „Massentierhaltung“ gibt, war ein Widerspruch, den die breite Öffentlichkeit nicht bemerkte. Die Ministerin reihte sich in den Demonstrationszug von „Wir haben es satt!“ zur Grünen Woche ein, während Ramelow in der Thüringenhalle die Bratwurst feierte.

Harter Kampf um neue Schutzgebiete

Bei der Ausweisung von Schutzgebieten gab es regelmäßig harte Auseinandersetzungen. Als es um mehr „Waldwildnis“ ging, wurde der Possen zum Symbol. Während er „stillgelegt“ wurde, scheiterte die Verdoppelung des Naturschutzgebietes „Hohe Schrecke“. Das Grüne Band wurde Naturmonument, was die Landnutzer geißelten. Ein Biosphärenreservat Südharz bleibt unvollendet. Mit der Einführung von Gewässerrandstreifen zog Siegesmund erneut den Zorn von Landwirten auf sich.

In Erinnerung bleibt ihre Unnachgiebigkeit bei der Bekämpfung von Feldmäusen in Jahren mit Extrembefall. Die Ohrdrufer Wölfin musste erst 400 Weidetiere töten, bis die Ministerin reagierte und mit Projektgeldern von fast einer Mil­lion Euro den Schäfern der Region endlich zur Seite sprang. Die Schaf-Ziegen-Prämie besaß viel Symbolwert. Dass im Vorjahr die Mutterschafzahl um fast 10.000 Tiere zurückging, verhinderte die „Schazie“ genannte Prämie nicht. Die Errichtung der Natura-2000-Stationen fand durchaus Anerkennung. Die Ausweisung der roten Gebiete, die sachlich und kooperativ erfolgte, zeigte, dass gute Fachleute solide Arbeit leisten, wenn man sie machen lässt.

Erste Bewährung: Freiflächen für Solaranlagen

„Als Stellvertreterin des Ministerpräsidenten und Bundesratsvertreterin standen die Interessen Thüringens immer an allererster Stelle“, bilanziert Siegesmund ihre Amtszeit. Dass das eine gewagte These ist, zeigen die unzähligen Enthaltungen Thüringens bei Bundesratsentscheidungen, gerade bei Agrar­themen. Die Ministerin scheute sich nicht, vor der Länderkammer in Berlin Thüringer Betrieben in heftiger Weise vorzuwerfen, dass sie zugelassene Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat anwenden. Am 31. Januar legte Anja Siegesmund nach acht Jahren ihr Ministeramt nieder. Gegenüber der Thüringer Allgemeinen bestätigte sie, ein Jobangebot des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) zu haben.  

Aus Sicht des Berufsstandes kann ein dringliches Thema erste Bewährung für den neuen Minister sein: Auf die von Siegesmund angekündigte Freiflächenverordnung für Photovoltaikanlagen wartet man nun schon seit über einem halben Jahr.