Tierhaltung

Düngeverordnung: Politik hat Tierhalter im Visier

Die Pläne zur Düngeverordnung setzen Tierhaltern wie Lars Fliege zu. (c) Frank Hartmann
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Die von der Bundesregierung geplanten Verschärfungen der Düngeverordnung treffen Betriebe, die im roten Gebiet wirtschaften, an ihrer empfindlichsten Stelle. Die Agrargesellschaft Pfiffelbach ist so ein Betrieb.

Von Frank Hartmann

Zu 85  Prozent liegen die fast 5.000  Hektar der Agrargesellschaft Pfiffelbach mbH im roten Gebiet. Dass der Betrieb für etwaige Nitratüberschüsse in Haftung genommen wird, kann Geschäftsführer Dr. Lars Fliege nicht nachvollziehen. Zumal die Grundwassermesspunkte des regionalen Wasserversorgers allesamt Flächen des Ackerbau-, Milchvieh- und Sauenzuchtbetriebs abdecken und die Werte stets im grünen Bereich liegen.

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Im Sommer nahm der Betrieb seine neuen Milchviehställe in Pfiffelbach in Betrieb. 10 Mio. € wurden für 1.100 melkende Kühen investiert. (c) Frank Hartmann

Fliege geht es ums Prinzip, selbst wenn die bisherigen Auflagen für das Wirtschaften in der Kulisse für die Nitratüberschussgebiete beherrschbar sind. Beim Blick auf die geplanten Verschärfungen der Düngeverordnung können Fliege und Pflanzenbauleiter Dittmar Leydolph allerdings nur noch mit dem Kopf schütteln. Das betrifft sowohl die Maßnahmen außerhalb als auch die innerhalb der roten Gebiete.

Da wären die Einschränkungen  für Flächen mit Hangneigung,  gleichwohl die Topografie keine Hangneigung über 15  % aufweist. Die vom Bund angedachten Randstreifen spiegeln sich zum Teil schon im Thüringer Wassergesetz wider. „Wir setzen auf fünf Meter breite Grünstreifen. Im Wissen, dass Pfiffelbach nicht besonders stark betroffen ist, sind die Verluste dennoch enorm“, sagt Fliege. Die unproduktiven Grünstreifen würden Kosten verursachen und gleichzeitig Einnahmen schmälern. „Bilanziere ich mit Winterweizen, verlieren wir 70.000 Euro im Jahr“, rechnet Fliege vor. 



Die Forderung nach sofortigem Einarbeiten von Düngemitteln ab fünf Prozent Hangneigung wirft Fragen nach der technischen Machbarkeit etwa bei Reihenkulturen wie Silomais auf. Wie mit der Sommergerste auf Flächen mit Hangneigung über fünf Prozent  verfahren werden soll, bleibe ein Rätsel. Denn die Düngung soll nur noch „bei hinreichendem Pflanzenbestand bzw. Mulch-/Direktsaat zulässig“ sein. Vor Sommergerste wird gewöhnlich gepflügt. Die verbindliche Anrechnung der N-Düngung im Herbst zu Winterraps und Wintergerste kann man in Pfiffelbach nicht akzeptieren. Der zusätzliche Nährstoffbedarf dieser Kulturen im Herbst werde damit vollkommen ignoriert.

Konsequenzen für Qualitätsweizenanbau

Dass im roten Gebiet die pauschale Verringerung des Düngebedarfs um 20 Prozent, anders als in den ersten Vorschlägen, auf die Gesamtfläche des Betriebes bezogen werden soll, sei zwar ein Fortschritt. Für den Qualitätsweizenanbau habe dies dennoch negative Konsequenzen. Und für den Sommerbraugerstenanbau womöglich auch. „Sofern der verpflichtende Anbau von Zwischenfrüchten vor jeder Sommerung kommen sollte, ist damit zu rechnen, dass der Anbau von Sommergerste in roten Gebieten weiter abnimmt“, schätzt Fliege. Ohne diese Einschränkung könnte die Sommergerste für viele in roten Gebieten eine interessante Kultur sein. Fliege muss es wissen, ist sein Unternehmen doch einer der größten Sommerbraugerstenanbauer der Republik. Der Durum­anbau sei wegen der Auflagen der Düngeverordnung im roten Gebiet Geschichte.

Bei einem Anteil von 40 Prozent Sommerungen stellen die geplanten Verschär- fungen für die roten Gebiete ein ernstes Problem dar. (c) Frank Hartmann

Die wohl schärfste Einschränkung, die sich das Bundesagrar- und das Bundesumweltministeriums ausgedacht haben, stellt das zusätzlich geplante Verbot der Herbstdüngung für Winterraps und Wintergerste im roten Gebiet dar. Hier bestehe die Gefahr, dass die Kulturen nicht durch den Winter kommen bzw. geschwächt ins Frühjahr gehen. Viel gravierender sei, „dass wir für 13.000 Kubikmeter Gülle zusätzliche Lagerkapazitäten vorhalten müssen.“ Denn für die Gülle bliebe nur noch – sofern es die Witterung überhaupt zulässt – ein minimales Zeitfenster im Frühjahr. Nicht nur ackerbaulich sei dies Nonsens. „Das richtet sich ganz klar gegen die Tierhaltung“, kritisiert Fliege. Der gleich die Frage nachschiebt, bis wann all jene, sofern sie es sich überhaupt noch leisten können, die Güllelagerkapazitäten gebaut haben sollen? Die für ihn unakzeptable Alternative hieße: Den Tierbestand an bestehende Lagerkapazitäten anzugleichen.

Zwischenfrucht vor Sommerkulturen?

Einschneidend für den Ackerbau im roten Gebiet ist zweifelsohne auch der Vorschlag, dass Kulturen mit einer Aussaat nach dem 1. Februar nur noch angebaut werden können, wenn zuvor im Herbst eine Zwischenfrucht gedrillt wurde. Ausnahmen sollen u. a. in besonders trockenen Gebieten gelten. Ob die Pfiffelbacher Flur dazugehört, ist noch offen. Ein Betrieb, der auf gut 40 Prozent (!) seiner Fläche Sommerkulturen anbaut (u. a. Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln, Sommergerste), müsste zwangsläufig Zwischenfrüchte anbauen. Fliege und Leydolph schließen aus, dass man das schafft. Die Kosten würden immens steigen – zumal das Glyphosatverbot droht. Die Düngung dieser Zwischenfrüchte ist freilich ausgeschlossen, weil man sie, so die geplante Vorgabe, nicht als Futter nutzen kann.