Schlachthof auf Rädern: Diese Risiken nennen Tierärzte aus Thüringen
Technisch ist eine voll-mobile Einheit zum Schlachten für mehrere Tierarten möglich, fanden Partner in Thüringen in einem Innovationsprojekt heraus. Viele Fragen bleiben offen, ob ein solcher Schlachthof auf Rädern Realität werden kann.
Von Frank Hartmann
Gleichwohl es laut Agrarministerium über 100 zugelassene Schlachtstätten in Thüringen gibt, äußern sich Tierhalter regelmäßig unzufrieden über die Situation: Das reicht von hohen Kosten für das Lohnschlachten bis hin zu großen Entfernungen. Eine vollmobile Schlachteinheit, die beim Tierhalter auf den Hof rollt und bis zum Teilzerlegen das Schlachten anbietet, könnte eine Antwort sein.
Ein Innovationsprojekt (EIP), für das sich Landwirte, ein Ingenieurbüro, Wissenschaftler der Uni Leipzig und Thüringer Behördenvertreter zusammenfanden, und das von der Thüringer Aufbaubank gefördert wurde, beschäftigte sich eineinhalb Jahre mit dem Thema.
Mobile Schlachtung – Wie realisieren?
Ziel war es, ein technisch und veterinärrechtlich funktionierendes Fahrzeug zu konstruieren, das wie eine feste Schlachtstätte arbeiten und mehrere Tierarten schlachten kann. Dem vorliegenden Abschlussbericht des Projektes zufolge ist es theoretisch möglich, einen solchen Truck zu bauen, trotz hoher veterinärrechtlicher Auflagen und technischer Finessen.
Um einen solchen mobilen Schlachthof aber realisieren zu können, werden von den Partnern Folgeprojekte als notwendig erachtet, um wichtige Fragen zu klären: Etwa die, wie ein Betreibermodell unter den noch realistisch zu kalkulierenden Betriebskosten und Gebühren aussehen könnte.
Offen ist, wie der Bau des Schlachtmobils, der bei weit über 1 Million Euro liegen dürfte, finanziert werden kann. Es bräuchte ein HACCP-Konzept. Die Logistik der Trichinellen-Untersuchung oder Reinigungs- und Trocknungszeiten müssten geklärt werden.
Die Fleischuntersuchung oder die Verfügbarkeit von amtlichem Personal gehören abgeklärt. Und nicht zuletzt braucht es ein Planungstool, das Schlachttermine zuverlässig mit der veterinärbehördlichen Begleitung in Einklang bringen kann.
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Landwirte beteiligen sich an Umfrage
Im Rahmen des Projektes beteiligten sich 263 Landwirte an einer Umfrage. Fast 90 Prozent von ihnen, etwa zu Hälfte im Haupt- und im Nebenerwerb, hielt selbst Tiere. Mit 154 landwirtschaftlichen Betrieben hielten die meisten Umfrageteilnehmer Rinder, gefolgt von Schweinen (65) und Schafen (60). Viele hielten mehrere Tierarten.
Dass sie sich für das mobile Schlachten interessieren, begründeten die meisten Landwirte mit dem Verzicht auf den Lebendtiertransport, eine verbesserte Fleischqualität und dem Wunsch, Verantwortung bis zum Tod der eigenen Tiere übernehmen zu wollen. Auch spielt eine Rolle, die Gewissheit zu haben, dass das Fleisch am Ende wirklich auch vom eigenen Tier stammt.
Mobile Schlachtung als Dienstleistung
Den mobilen Schlachthof wünschen sich die meisten als Dienstleistung, um sich nicht selbstständig mit Genehmigungen und Abläufen der mobilen Schlachtung auseinandersetzen zu müssen. Als mögliche Probleme nannten die Landwirte die Terminierung (hohe Nachfrage im Saisongeschäft) sowie bei der Wirtschaftlichkeit des mobilen Schlachthofs.
Insgesamt 15 amtliche Tierärzte beantworteten stellvertretend für ihre Veterinärbehörde den Fragebogen. Demnach nehmen sie insgesamt eine steigende Nachfrage der mobilen Schlachtung in Thüringen wahr, obgleich die Veterinärämter zumeist nicht auf eine steigende Nachfrage eingerichtet seien bzw. dieser aufgrund mangelnder personeller und zeitlicher Ressourcen nachkommen könnten.
Risiken einer mobilen Schlachtung
In offenen Fragen zu den Risiken eines mobilen Schlachthofs befragt, nannten die Tierärzte etwa:
- Hygienerisiken,
- technische Probleme während des Schlachtprozesses,
- Kosten/Auslastung/Wirtschaftlichkeit,
- den personellen Aufwand (Fach- bzw. Schlachtpersonal und amtliches Personal)
- eine mangelnde Praktikabilität, wenn der mobile Schlachthof für mehrere Tierarten zugelassen werden soll.
Besonderes Augenmerk sollte auf die Zuständigkeiten der Veterinärbehörden (Schlachttieruntersuchung, Fleischuntersuchung und Überwachung der Schlachtungen) und die potenzielle Verschleppung von Krankheitserregern und Tierseuchen gelegt werden.
Mehr Informationen zum Projekt und den Partnern: www.vollmobileschlachtung.de
Der Abschlussbericht sollte in Kürze in der EIP-Datenbank der Deutschen Venetzungsstelle für ländliche Räume zu finden sein: www.dvs-gap-netzwerk.de
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