Fleisch- und Wurstwaren aus Schmalkalden: So funktioniert regionale Schlachtung
Die Zahl der Schlachthöfe in Ostdeutschland wird immer weniger. Bei der Fleisch- und Wurstwaren GmbH wird noch geschlachtet. Darüber informierte sich Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen in Schmalkalden – aber auch, was er tun muss, damit es besser läuft.
Von Birgitt Schunk
Nach wie vor drücken in der Schmalkalder Fleisch- und Wurstwaren GmbH die insgesamt gestiegenen Kosten. Das Südthüringer Unternehmen betreibt noch eine der drei regionalen Schlachtstätten im Land, zerlegt, verarbeitet und vermarktet selbst. Die Zahl der Schlachthöfe geht in Ostdeutschland seit Jahren zurück.
„Monatlich müssen wir 14.000 Euro an das Veterinäramt überweisen“, erklärte Geschäftsführer Kevin Holland-Moritz dem angereisten Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Mit jeder Lohnerhöhung im Landratsamt steigen die Kosten weiter. „Wir brauchen hier eine Entlastung, damit die regionale Schlachtung erhalten bleibt.“ Er verweist darauf, dass der Einkauf von Fleisch inzwischen günstiger sei als selbst zu schlachten. „Bei uns werden nur Schweine aus Thüringen geschlachtet.“
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Fleisch- und Wurstwaren GmbH Schmalkalden: Hohe Nebenkosten
Die Gebühren für die Entsorgung der Schlachtabfälle schlagen ebenso ins Kontor. Musste der Betrieb bis Ende 2022 noch 95 Euro pro Tonne zahlen, sind es seit dem 1. Januar 2023 sage und schreibe 330 Euro pro Tonne. „In Bayern ist es die Hälfte“, weiß Holland-Moritz. Hintergrund für die Erhöhung hierzulande seien damals die gestiegenen Energiepreise gewesen. „Inzwischen gaben die wieder nach und deshalb muss auch neu kalkuliert werden“, fordert der Unternehmer.
Lob von Ramelow gab es für den Betrieb mit seinen 34 Filialen, der seit Jahren Personalengpässe mit Beschäftigten aus dem Ausland kompensiert. Menschen aus immerhin 16 Nationen sind inzwischen hier tätig. Von den 340 Arbeitskräften kommen heute 39 aus Vietnam. Das Unternehmen hat viel investiert in Gewinnung, Ausbildung und Integration – die Kontakte nach Vietnam sind eng. Zwei Wohnheime werden vorgehalten. Der Betrieb war Vorreiter im Freistaat.
Seit 2020 setzt man auf Schlachtschweine, die auf Stroh gehalten werden. Mit „STROHGUT“ wurde hierfür eine neue Marke kreiert. „Ein Auslauf ist wünschenswert – mindestens aber muss ein Offenstall vorhanden sein“, sagt Holland-Moritz. Zudem müsse das Platzangebot über dem gesetzlichen Mindeststandard liegen – gefordert ist ebenso organisches Spielzeug für die Tiere.
Schlachtung: 120 „Strohschweine“ in der Woche
Derzeit werden rund 120 Strohschweine pro Woche geschlachtet, die aus Agrarbetrieben in Abtsbessingen, Behrungen und Molschleben geliefert werden. Hiermit werden die Frischfleischtheken der eigenen Filialen, aber auch Edeka beliefert. Zudem gibt es Bratwurst oder Gehacktes. Für den Mehraufwand erhalten die Landwirte 10–15 % höhere Preise gegenüber dem Marktniveau. Die Strohschweinsparte besitzt heute in der Zerlegung ein Volumen von rund einem Fünftel.
Das spezielle Fleisch wird mit einem Preisaufschlag angeboten. Detaillierte Aussagen zum Abverkauf der „STROHGUT“-Marke hat der Betrieb nicht vorliegen. „Wir können aber sagen, dass 2023 die Zahl unserer Kunden insgesamt gewachsen ist“, sagt Holland-Moritz. Dies bedeute eine Zufriedenheit mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis insgesamt – und das schließe die neue Sparte ein. „Dass die Kunden dabei bewusster einkaufen und vielleicht statt sechs nur drei Scheiben Wurst kaufen, steht auf einem anderen Blatt.“ Eigene Wege geht der Betrieb auch beim Rindfleisch – in zwei Filialen wird das „Schmalkalder Weiderind“ aus der Agrar eG Schmalkalden-Schwallungen angeboten.
Das Schlacht- und Verarbeitungsunternehmen investiert derzeit. Entstehen sollen neue Kühlzellen, eine automatisierte Wurstverpackungslinie, eine neue Auftragsbearbeitung sowie als Herzstück eine Großküche. Insgesamt nimmt man rund 7 Millionen Euro in die Hand. Durch die Küche soll es fortan noch besser gelingen, die Schweine und Rinder effektiver zu verwerten.
Die beliebten Wurstgläser aus Schmalkalden will der Betrieb außerdem so herstellen, dass diese auch ohne Kühlschrank lagerfähig sind. „Das wollen wir nicht mit Konservierungsstoffen erreichen, sondern mit moderner Technik wie Lebensmittel-Autoklaven, die durch eine thermische Behandlung die Produkte haltbar machen“, erläuterte Holland-Moritz. Die neue Küche will auch die Qualität der Imbissangebote der Filialen hoch und stabil halten. Ebenso will man in die Versorgung von Kindertagesstätten und Schulen in der Region einsteigen.
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