Im Fall einer Schadenersatzklage gegen den Freistaat wegen Rundholzvermarktung will das Landgericht Erfurt im Juni sein Urteil fällen. (c) IMAGO / Roland Hartig

Rundholzkartell Thüringen: Urteil im Juni erwartet

Ein Prozessfinanzierer verklagt neben Thüringen vier Länder auf Schadenersatz. Sie sollen angeblich Rundholzkartelle gebildet haben. Im Juni fällt das Landgericht Erfurt sein Urteil. Wie sieht der Freistaat bisher die Vorwürfe?

Von Frank Hartmann

Im Fall einer Schadenersatzklage gegen den Freistaat und den ThüringenForst wegen der gemeinschaftlichen Rundholzvermarktung will das Landgericht Erfurt im Juni sein Urteil fällen. Kläger vor der Zivilkammer ist eine eigens gegründete Ausgleichsgesellschaft des international tätigen, börsennotierten Prozessfinanzierers „Burford Capital“.

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Rundholzkartell Thüringen: Vorwurf unbegründet

Der Vorwurf lautet, dass Sägewerken durch die praktizierte gebündelte, eigentumsübergreifende Holzvermarktung ein Schaden von 32 Mio. € entstanden sei. Eine Handvoll Sägewerke hatte dafür Ansprüche an den Prozessfinanzierer abgetreten. Der Freistaat weist den Vorwurf als unbegründet zurück.

Nach der einstündigen Verhandlung am Landgericht Erfurt am 27. April 2023 sah sich das Agrarministerium darin bestärkt, die angemeldeten Ansprüche abwehren zu können. Gleichlautende Kartellschadenersatzklagen gibt es in vier weiteren Bundesländern.

In ersten Entscheidungen wiesen Gerichte in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die Ansprüche zurück. Hier zweifelten die Richter die Rechtmäßigkeit der Abtretungen an. In Erfurt ließ das Gericht Zweifel am Vergütungsmodell des Prozessfinanzierers erkennen.

Im Urteil des Landgerichtes Stuttgart hieß es seinerzeit, dass das Vergütungsmodell Anreize für eine kostenintensive Prozessführung biete – zu Lasten der Sägewerke. Der Gewinn der Kläger sei umso höher, je höher die Kosten der Rechtsverfolgung seien.

Hintergründe zu dem Verfahrenskomplex sind unter dem nachfolgenden Link zu finden: Schadenersatzklagen gegen Länder

Wald in Thüringen: Eigentümerstruktur
Die Thüringer Privatwaldfläche summiert sich auf 240.000 ha, verteilt auf 180.000 Eigentümer. Gut 590 Kommunen besitzen 90.000 ha Wald. Nur 20 % von ihnen nennen 200 ha und mehr ihr Eigen. Die Kleinteiligkeit des privaten Waldbesitzes belegen nicht zuletzt die 212 Forstbetriebsgemeinschaften (FBG) mit 16.800 Mitgliedern (104.000 ha), wobei die größeren ihr Holz selbst verkaufen. 333 Waldgenossenschaften zählen 19.000 Mitglieder, deren Waldfläche sich auf rund 29.000 ha summiert. 

2019 begleitete der Staatsbetrieb ThüringenForst die Forstwirtschaftliche Vereinigung Nordthüringen w. V., deren 800 Mitglieder 7.200 ha Wald bewirtschaften, auf dem Weg zur eigenständigen Vermarktung. Insgesamt zwei forstwirtschaftliche Vereinigungen, neben der in Nordthüringen die im „Henneberger Land“, zuzüglich der Waldbesitzer Service GmbH in Schleiz,  die als Tochterunternehmen großer Ostthüringer FBG gegründet wurde und die den Einschlag mehrerer FGB bündelt, vermarkten ihr Holz in Eigenregie. 

ThüringenForst vermarktete laut seinem Geschäftsbericht im Jahr 2021 auf kostenpflichtiger, vertraglicher Basis im Auftrag von Körperschaftswaldbesitzern 222.000 fm (2020: 253.400 fm) und im Auftrag von Privatwaldbesitzern 257.000 fm (2020: 323.600 fm). red

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Holzstapel, sogenannter Polter
Das Bundeskartellamt erteilte 2009 länderspezifische Auflagen für Forstbetriebe. Die Folge: Einstellung der gemeinschaftlichen Holzvermarktung. Hundertausende Eigentümer können den Verkauf ihres Holzes allein gar nicht stemmen. © Sabine Rübensaat