Neues Urteil

Thüringer Wölfin darf nicht geschossen werden

Symbolbild (c) Sabine Rübensaat
Artikel teilen

Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat entschieden: Die Abschussgenehmigung für die Ohrdrufer Wölfin, die seit 2015 gut 300 Nutztiere gerissen hat, widerspricht den FFH-Regularien.

Von Frank Hartmann

Die vom Thüringer Landesumweltamt (TLUBN) im Dezember 2019 erteilte Genehmigung zur Entnahme der Ohrdrufer Wölfin bleibt auf Eis, entschied das Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) in Weimar. Ende Februar kassierte das Verwaltungsgericht Gera die Abschussgenehmigung, gegen die der Nabu- und der BUND-Landesverband geklagt hatten. Das Geraer Gericht sah die Genehmigung nicht ausreichend begründet, insbesondere, weil es sich bei dem Gebiet um den Truppenübungsplatz Ohrdruf um ein FFH-Schutzgebiet handelt. Die bis Ende des Jahres geltende Abschussgenehmigung wurde ausgesetzt. Dagegen legte der Freistaat Beschwerde ein.

Prüfung versäumt

Das OVG bestätigte nun die Auffassung des Verwaltungsgerichtes in Gera. In einer Mitteilung hieß es, dass der Genehmigung des Landesumweltamtes keine europarechtlich „gebotene Vorprüfung zur Ermittlung der Auswirkungen des Vorhabens auf die für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungsziele“ zu Grunde liegen würde. Pläne und Projekte, die ein solches besonderes Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen könnten, müssten vorher auf ihre Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen überprüft werden, was das Landesamt offensichtlich versäumt habe, so das OVG.    


Ein Wolf auf der Jagd.

Blick zurück: Gericht stoppt Abschuss von Problemwölfin

Das Verwaltungsgericht Gera gibt einem Eilantrag statt: Weil die Problemwölfin in einem FFH-Gebiet lebt, genieße sie besonderen Schutz. mehr


Große wirtschaftliche Schäden

Als Antragstellerin hatte das von den Grünen geführte Thüringer Umweltministerium mit erheblichen wirtschaftlichen Schäden für die Weidetierhalter, allen voran für die Schäfer der Region, argumentiert. Weitere, über den optimalen Schutz hinausgehende Herdenschutzmaßnahmen würden für die Tierhalter unverhältnismäßig hohen Kosten verursachen, so das Umweltministerium. So wären etwa bei großen schafhaltenden Betrieben „bis zu zehn oder gar noch mehr Herdenschutzhunde notwendig“. Allein 2019 fielen der Wölfin 180 Nutztiere zum Opfer. Zweimal paarte sie sich bisher erfolgreich mit einem Hund bzw. mit einem Rüden ihres hybriden Nachwuchses und gebar insgesamt elf hybride Tiere. Für diese wurden regelmäßig Abschussgenehmigungen erteilt. In Mecklenburg-Vorpommern haben die Behörden allein schon zur Abwehr von Hybridisierungen die Entnahme einer Wölfin gestattet.

Offen ist, wie es weiter geht

Noch im Mai hatte das Umweltministerium erklärt, an der beabsichtigten Entnahme der Wölfin festhalten zu wollen. Mittlerweile geht man davon aus, dass die Wölfin wieder Nachwuchs hat. Ob sie sich mit einem Wolfsrüden, der seit einem Jahr in dem Gebiet ansässig ist, gepaart hat, liegt bisher im Dunkeln. Auch fehlt noch Konkretes zum vermeintlichen Nachwuchs. Offen bleibt, ob das Landesumweltamt prüfen wird, inwieweit der Abschuss der Wölfin die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes beeinträchtigt, um hiernach eine neue Abschussgenehmigung zu erteilen. Im laufenden Jahr listet das Umweltministerium fünf bestätigte Wolfsattacken auf Nutztiere auf. Darunter war ein Angriff auf Schafe in Nordthüringen und damit weit entfernt vom Ohrdrufer Revier. Bei drei weiteren, den jüngsten Angriffen, deuten die Spuren laut der Rissgutachter auf den Wolf hin.