Was plant der wiedergewählte TBV-Präsident?
Dr. Klaus Wagner ist mit 84 Prozent der Stimmen als Präsident des Thüringer Bauernverbandes (TBV) bestätigt worden. Doch welche Ziele verfolgt Dr. Wagner mit seiner neuen Amtszeit?
Herr Wagner, was gehen Sie im Verband nach Ihrer Wiederwahl als TBV-Präsident mit Ihren Vorstandskollegen an?
Zunächst freue ich mich, dass wir eine gute Landesvertreterversammlung und einen guten Jahresabschluss in Apfelstädt veranstalten konnten. Mit Doreen Rath hat der Verband eine neue Vizepräsidentin gewählt, die einen guten Betrieb leitet und neue Impulse geben wird. Mit Wolfgang Peter und Toralf Müller habe ich zwei erfahrene Vorstandsmitglieder an der Seite. Im Hauptamt in Erfurt und in den Regionen ist der TBV gut aufgestellt, wirtschaftlich steht der TBV stabil da. Die Gästeliste beim Jahresabschluss, angefangen mit DBV-Präsident Joachim Rukwied bis zum Landtagspräsidenten Thadäus König, Ministerpräsident Mario Voigt und Umweltminister Tilo Kummer zeigt, dass der TBV eine anerkannte Interessenvertretung ist. Zu Beginn des neuen Jahres haben wir den Bundestagswahlkampf im Blick: Wir werden mit den Thüringer Kandidaten sprechen. Daneben steht die politische Arbeit auf Landesebene im Fokus. Nicht zuletzt gehen wir 2025 eine neue Offensive zur Mitgliedergewinnung an.
Was haben die Bauernproteste erreicht?
Welches Fazit ziehen Sie nach den Protesten des vorigen Jahres, was ist erreicht worden?
Die Landwirtschaft ist aus der Defensive herausgekommen. Gesellschaftlich und politisch hat der Berufsstand gezeigt, dass wir für unsere Arbeit, unsere Zukunft und unser Eigentum streiten. Wir konnten nicht nur unsere europäischen Berufskollegen motivieren, für ihre Interessen auf die Straße zu gehen, auch anderen Branchen hierzulande haben wir offensichtlich Mut gegeben. Auf EU-Ebene ist die Flächenstilllegung weg, das Wolfsmanagement ist Thema in Europa und bei den Planungen der nächsten GAP-Periode wird man uns nicht übergehen können. Die Agrardieselbeihilfen sind noch nicht vom Tisch, das wird der Bundestagswahlkampf zeigen. Die Ampelpläne, die Kfz-Steuerbefreiung zu streichen, konnten wir verhindern. Als TBV begleiteten wir die beiden Agrarministerkonferenzen in Thüringen, und auch dort hat sich etwas getan, auch wenn wir noch auf einige Ergebnisse warten müssen. Da bleiben wir dran und lassen nicht nach – Stichwort Stoffstrombilanz. Ich erinnere noch einmal an den 18. Dezember 2023 in Berlin, wo Joachim Rukwied einen Politik- oder einen Regierungswechsel gefordert hat. Und dann schauen Sie sich die Ergebnisse der Landtagswahlen 2024 und den Bruch der Ampel-Regierung an. Es ist also etwas passiert. Es gibt sicher Berufskollegen, denen die Ergebnisse nicht genügen. Das geht mir genauso. Für mich heißt das aber, weiterzumachen, denn es lohnt sich.
Sie wirkten in Thüringen bei den Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Landwirtschaft und Umwelt mit: Bieten die darin zum Teil recht allgemein gehaltenen Vereinbarungen eine brauchbare Richtschnur für das Regierungshandeln der Brombeer-Koalition in agrar- und umweltpolitischen Fragen?
Auch dieses Koalitionspapier ist ein Kompromiss. Und ich finde, dass darin viel Konkretes formuliert wurde: Der Erhalt der Ausgleichszulage, Neuausrichtung bei der Vermarktung und dem Agrarmarketing, die Aus- und Weiterbildung erhalten und stärken, Investitionen in die Tierhaltung ausbauen und die Planungssicherheit erhöhen – das sind ganz konkrete Beispiele, die sich in dem Vertrag finden.
Kein eigenständiges Agrarressort in Thüringen
Was muss die neue Landwirtschaftsministerin aus Sicht des TBV als erstes angehen?
Das Flächenregister muss weg, damit können und wollen wir nicht arbeiten.
Spiegelt sich Ihrer Meinung nach der Geist, der in den Koalitionsverhandlungen geherrscht haben soll, im Ressortzuschnitt für die Landwirtschaft wider? Können Sie verstehen, wenn Enttäuschung darüber herrscht, dass es nicht für ein eigenständiges Agrarressort gereicht hat?
Die Ressortzuschnitte waren in den Arbeitsgruppen der Koalitionsverhandlungen kein Thema. Bestätigen kann ich, dass es in der Arbeitsgruppe Landwirtschaft und Umwelt einen vertrauensvollen Umgang gab und sehr sachlich um pragmatische Antworten gerungen wurde. Und ja, wir haben uns ein eigenständiges Agrarressort gewünscht und müssen jetzt den Kompromiss der drei Parteien akzeptieren. Dass wir dem Wirtschaftsministerium zugeordnet sind, ist ja nicht die schlechteste Entscheidung. Als Unternehmerin kennt die Ministerin, wenn es etwa um Bürokratieabbau geht, unsere Seite des Schreibtisches. Ministerpräsident Mario Voigt entschuldigte zur Jahresabschlussveranstaltung die kurzfristige Absage von Colette Boos-John, brachte aber ihre Einladung an den TBV-Vorstand zu einem Gespräch Anfang dieses Jahres mit. Mit Tilo Kummer im Umweltressort bekommen wir einen Minister, der die Landwirtschaft und den ländlichen Raum kennt. Diese Konstellation stimmt mich optimistisch.
Verband unabhängig von Politik?
Der TBV konnte zu Bodo Ramelow und seinen Agrarministerinnen und -ministern einen engen Draht pflegen. Sie selbst waren bei der Landtagswahl CDU-Direktkandidat und Mitglied des Kompetenzteams vom nunmehr amtierenden Ministerpräsidenten Voigt. Den Vorteil guter Drähte mal dahingestellt: Wie garantieren Sie als TBV-Präsident die parteipolitische Unabhängigkeit des Verbandes gegenüber den CDU-Ministern?
Das Thema haben wir auf der Landesvertreterversammlung debattiert. Laut unserer Satzung und unserem Verständnis agiert der TBV parteipolitisch unabhängig. Daran wird sich nichts ändern. Ich bin CDU-Mitglied, so wie andere Kollegen im Ehrenamt auch Parteimitgliedschaften pflegen. Ich habe in der CDU kein Parteiamt inne, insoweit bin und bleibe ich unabhängig. Wir reden mit allen Parteien, wenn es geboten ist. Und wenn es notwendig wird, üben wir auch Kritik, ohne Ausnahmen.
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