Tötung durch Weideschuss: Mit Vor- und Nachteilen
Als stressfrei für das Tier gilt die Tötung durch Weideschuss. Der Fleischqualität kommt diese Art der Schlachtung entgegen. Die Ausführung ist jedoch anspruchsvoll und kostenintensiv.
Von Silvia Kölbel
Der Kugelschuss gilt unter einigen Landwirten als Mittel der Wahl, wenn es um die stressfreie Tötung von Rindern aus Weidehaltung geht. Zugelassen ist diese Tötungsmethode jedoch nur für Tiere, die ganzjährig im Freien gehalten werden. Ihr Anteil im Vergleich zu anderen Tötungsmethoden dürfte im einstelligen Bereich liegen.
Trotzdem wählte das Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau das Thema für eine Informationsveranstaltung, der etwa 20 Teilnehmer folgten und damit mehr, als sich die Veranstalter erhofft hatten.
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Tötung durch Weideschuss: Fleischer kooperiert mit Gallowayhaltern
Eingeladen hatte das Kompetenzzentrum in die Fleischerei Seifert GbR nach Eppendorf bei Chemnitz, die ein eigenes Schlachthaus unterhält. Der Fleischer kooperiert erfolgreich mit verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben, so auch dem Landwirtschaftsbetrieb Bobritzschtalgalloways Haupt GbR. Der Haupterwerbsbetrieb hält 250 Galloways. Geschäftsführer Johann Haupt ist, wie sein Vater auch, Jagdscheininhaber. Die per Weideschuss und Blutentzug vor Ort geschlachteten Rinder kommen zur Weiterverarbeitung nach Eppendorf.
Obwohl das Töten auf der Weide mit anschließendem Ausbluten den Tieren den Transport und den Weg ins Schlachthaus erspart und damit als humanste Methode der Schlachtung mit vielen Vorteilen für Tier und Mensch propagiert wird, ist die Umsetzung sehr aufwändig. Die bürokratischen Hürden liegen hoch. Es müssen mehrere Anträge gestellt und genehmigt werden.
Ein Amtstierarzt muss während des gesamten Ablaufs zugegen sein und genauso wie der Landwirt und der Schütze Formulare ausfüllen. Alle am Schlachtvorgang beteiligten Personen benötigen zudem einen extra Sachkundenachweis. Auch Jagdscheininhaber müssen diesen Sachkundenachweis erwerben. Schließlich müssen geeignete Transportmittel zur Verfügung stehen, um das Tier auf schnellstem Wege ins Schlachthaus zu bringen. Dieses ganze Prozedere treibt die Kosten in die Höhe. Der Landwirt oder auch der Fleischer steht also zusätzlich noch vor der Aufgabe, den deutlich höheren Endpreis seines Produktes dem Verbraucher zu kommunizieren.
Genehmigung für Weideschuss erforderlich
Am Anfang jedes Weideschusses steht das Genehmigungsverfahren. „Für den Kugelschuss auf der Weide ist eine waffenrechtliche, eine tierschutzrechtliche und eine lebensmittelrechtliche Genehmigung erforderlich“, erklärte Mario Schatz, Amtstierarzt im Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt Mittelsachsen. Für den Transport genüge im Gegensatz zum mobilen Schlachten ein auslaufsicherer Hänger mit Abdeckung, der eignungsgeprüft sein müsse. Das entsprechende Zertifikat müsse der Fahrer bei jeder Fahrt mitführen.
Während die waffenrechtliche Genehmigung nach fünf Jahren erneut zu beantragen ist, gelten die beiden anderen Genehmigungen des Landratsamtes unbegrenzt. Jeder Anwender sollte zudem eine Haftpflichtversicherung mit einer Mindestdeckungssumme für Personen- und Sachschäden über eine Million Euro abgeschlossen haben. Dem Schützen empfiehlt Schatz zudem das Mitführen eines Bolzenschussgerätes oder eines Revolvers für einen eventuell notwendigen Fangschuss. Grundsätzlich sei es ratsam eine Waffe zu benutzen, die auf kurze Distanzen eingeschossen ist. Einzellader seien wenig empfehlenswert, weil damit kein schneller Zweitschuss möglich ist, so der Amtstierarzt.
Das Blut müsse aufgefangen werden. Es sei ein tierisches Nebenprodukt und dürfe nicht durch Versickern in den Boden entsorgt werden, erklärte Alexandra Tilse, ebenfalls Amtzstierärztin in Mittelsachsen.
Transportfrist fast schon zu lang bemessen
Die in Sachsen geltenden Gesetze sehen vor, dass das Tier innerhalb von zwei Stunden beim Schlachthof sein muss. Für Fleischer Mike Baumann, der seine Praxiserfahrungen beisteuerte, ist das schon fast zu lang und auch Amtstierärztin Alexandra Tilse hat Bedenken. Gerade bei höheren Außentemperauren können schon nach einer Stunde Keime vom Darm ins Gewebe übergehen. In Thüringen sei der Transport auf ein Stunde begrenzt und in Österreich auf 40 Minuten.
Mike Baumann legt beim Weideschuss Wert auf eine gute Vorbereitung. Alle benötigten Gerätschaften müssen griffbereit sein: ein scharfes Messer, Ohrenschutz, Handschuhe, eine Auffangwanne für das Blut, das Zubehör für das Einhängen, Anschlingen und Hochziehen des Tieres, Ablenkfutter für die anderen Tiere, die Waffen, die Munition. Für eine kluge und gute Umsetzung plädierte auch Clara Göckeritz vom Kompetenzzentrum Ökolandbau. „Wir benötigen gut durchdachte, gut geplante und standardisierte Abläufe.“
Stressfreie Tötung sichert Fleischqualität
Während die Landwirte und die Verbraucher die tierschutzrechtlichen Aspekte des Weideschusses in den Mittelpunkt rücken, ist für Fleischer wie Mike Baumann die Fleischqualität ein wesentlicher Vorzug. Der Diplom-Fleischsommelier erklärte: Ein Tier, das unter Stress stehe, produziere Adrenalin, das gelange ins Blut und führe zum Absinken des Glykogenspiegels und damit auch zum Anstieg des pH-Wertes.
Dieser Zucker fehle dann bei der Milchsäuregärung, welche den Reifeprozess des Fleisches bewirke. Das Fleisch werde dadurch zäh und kann weniger leicht den Fleischsaft halten. Für das Grillen und damit für die Verarbeitung des gesamten Tieres zu hochwertigen Fleischprodukten sei ein solches gestresste Tier verloren. Der Schlachtvorgang entscheide also auch über die Erlöse, die mit dem Verkauf des Fleisches zu erzielen sind.
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