Bauerndemo in MV: Gegen Gängelung und Preisdumping

(c) Franziska Schüßler
Überregional
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Mit Traktorenkonvois in Schwerin, Rostock, Greifswald und Neubrandenburg und der Übergabe einer Petition vor dem Landtag machten Landwirte bei einer Bauerndemo in MV auf ihre wirtschaftlich prekäre Lage aufmerksam.

Von Gerd Rinas

Vertreter des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern und der Initiative „Land schafft Verbindung MV“ haben heute an Landtagspräsidentin Birgit Hesse eine Petition übergeben. Darin fordern sie die Abgeordneten des Landtages auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und „der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern Zukunft und Rückhalt“ zu geben. Zeitgleich demonstrierten Landwirte mit Traktorenkorsos in der Landeshauptstadt, in den Regionen Greifswald, Rostock und Neubrandenburg, um den Forderungen aus der Petition Nachdruck zu geben.

Bauerndemo in MV: Übergabe der Petition am Schweriner Landtag

(c) Gerd Rinas

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(c) Gerd Rinas

In dem achtseitigen Schreiben werden die Volksvertreter auf die Folgen der Düngelandesverordnung aufmerksam gemacht, die am Dienstag im Kabinett der Landesregierung beschlossen werden soll. Sie werden gebeten, Forderungen der Landwirte in der Petition zu unterstützen. So sollen die Ausweisung nitratbelasteter „roter Gebiete“ anhand aktuellster Messergebnisse jährlich überprüft, ausreichend repräsentative Messstellen eingerichtet und ein kurzfristiges Ausstiegsszenario für den Fall festgelegt werden, wenn Nitrat-Messwerte unter den Grenzwert sinken.

Impressionen der Demo in Neubrandenburg

(c) Bettina Schipke / Bauernverband MV

(c) Bettina Schipke / Bauernverband MV

(c) Bettina Schipke / Bauernverband MV

Für das auf Bundesebene geplante Insektenschutzgesetz fordern die Landwirte neben der Krefelder Insektenstudie weitere belastbare Erkenntnisse und Forschungsergebnisse zu einzelnen Insektengruppen einzubeziehen. Ohne den Einsatz von Insektiziden und Herbiziden sei in Naturschutz-, Vogelschutz- und FFH-Gebieten konventioneller Ackerbau nicht mehr praktizierbar, heißt es in der Petition. Deshalb wird u. a. gefordert, diese Pflanzenschutzmittel dort im Ackerbau  weiter zuzulassen. Für jedes Schutzgebiet sollen außerdem Zustandsziele definiert werden.

Impressionen der Demo in Rostock

(c) Elina Schröder / Bauernverband Bad Doberan

(c) Elina Schröder / Bauernverband Bad Doberan

(c) Elina Schröder / Bauernverband Bad Doberan

Scharf kritisiert wird in der Petition die Billigpreispolitik des Lebensmitteleinzelhandels. „Viele Betriebe sind an der Grenze der Belastungsfähigkeit angelangt und können den harten Preiswettbewerb nicht mehr durch Effizienzsteigerungen ausgleichen“, heißt es in der Petition. Die Mitglieder des Hohen Hauses werden aufgefordert, sich für ein faires  Kartell- und Wettbewerbsrecht einzusetzen. Landwirte dürften nicht daran gehindert werden, Gegengewichte zum Handel zu schaffen. Eine verpflichtende Haltungsform- und Herkunftskennzeichnung soll Transparenz und bewusste Verbraucherentscheidungen ermöglichen, der Handel sich zum Aussstieg aus der „Dauerniedrigpreiskultur“ verpflichten. In Lieferverträgen müssten künftig Menge, Qualität, Preis und Zeitraum vor der Lieferung zwingend hinterlegt werden, fordern die Verfasser der Petition.

Landtagspräsidentin Birgit Hesse:
„Die Preisforderungen der Landwirte sind berechtigt. Wenn ich sehe, was es kostet, ein Schwein aufzuziehen oder einen Liter Milch zu produzieren, dann sind die Erlöse zu gering. Ich hoffe, dass die Gespräche mit dem Handel heute zu positiven Ergebnissen kommen. Ich habe die Petition der Landwirte entgegengenommen. Der Petitionsausschuss und der Agrarausschuss des Landtages werden dazu in Kürze beraten und Stellung nehmen.”


Detlef Kurreck, Präsident des Bauernverbandes MV:
„Wir haben unser Anliegen vor Abgeordneten aller Fraktionen vorgetragen. Die Reaktionen waren positiv, wir werden sehen, welche Reaktion es aus dem Landtag auf unsere Petition gibt. Ich bedanke mich bei allen Landwirten, die heute an unserer landesweiten Aktion teilgenommen haben. Wir haben gezeigt, dass wir uns nicht unterkriegen lassen.”

Till Backhaus, Agrar- und Umweltminister (SPD):
„Ich habe großes Verständnis für die Demonstration der Landwirte. Vor allem die wirtschaftliche Situation der Tierhalter ist schlimm. Seit Monaten haben sie keine kostendeckenden Preise, das ist ein wirtschaftlicher Skandal. Die unlauteren Machenschaften des Lebensmitteleinzelhandels müssen unterbunden werden. In der Wertschöpfungskette werden Milliardengewinne gemacht, nur die Landwirtschaft profitiert nicht. Das kann nicht richtig sein.” 


Holger Kliewe (CDU):
„Die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft sind schlecht. Die Erzeugerpreise vor allem für Milch und Schweinefleisch sind im Keller. Corona, Geflügelpest, Düngeeinschränkungen in den roten Gebieten und neue Insektenschutzauflagen verschärfen die Situation. Grundwassermessstellen, bei denen nicht eindeutig geklärt ist, ob die Landwirtschaft die Nitrat-Belastung verursacht, müssen aus dem Messnetz herausgenommen werden.”

Wolfgang Weiß, Die Linke:
„Das Anliegen der Bauern ist vollkommen berechtigt. Wenn drei Prozent der Betriebe jedes Jahr aufgeben müssen, dann ist das kein Wettbewerb, sondern Raubtierkapitalismus. Wenn ein Bauer 155 Leute ernährt und am Ende die eigene Familie nicht satt bekommt, dann stimmt im System was nicht. Dieser Widerspruch muss aufgelöst werden.”


Elisabeth Aßmann (SPD), Vorsitzende des Agrarausschusses:
„Es ist gut, dass sich Bauernverband und Land schafft Verbindung zusammen zu Wort melden. Diese Stimme war heute morgen in Schwerin nicht zu überhören. Die Preise für Milch und Schweinefleisch können so nicht bleiben. Der Handel muss sich bewegen, der Bund ist gefordert zu helfen. Die Kritik an den Grundwasser-Messstellen müssen wir sorgfältig prüfen. Wo Filter trocken fallen und einströmender Sauerstoff das Messergebnis negativ beeinflusst, muss Abhilfe geschaffen werden.”

Dr. Kathrin Naumann, Agrarbetrieb Groß Grenz:
„Wir Landwirte sind natürlich nicht gegen den Grundwasserschutz. Wir verlangen aber Transparenz und eindeutige Kriterien bei den Messstellen. Die Werte und die Herkunft der Belastung dürfen nicht angreifbar sein und sie müssen zuverlässig erfasst werden. Wird der Grenzwert unterschritten, muss es ein definiertes, zeitnahes Ausstiegsszenario aus den Einschränkungen für den Landwirt geben.” 


Daniel Bohl, Wariner Pflanzenbau eG:
„Das war heute eine gelungene Aktion. Wir haben in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit erregt und Politiker auf unsere Probleme aufmerksam gemacht. Es ist Druck im Kessel. Landesweit waren mehrere hundert Berufskollegen mit ihren Traktoren unterwegs. Das macht keiner, weil er Langeweile hat.”

Traktorkorso von Landwirten am 22.10.2019 in Rostock.

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