Hoffen auf die Burger-Brater

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Von Beginn an versetzte Corona den Markt für Rindfleisch in schwere Turbulenzen. Nur wenig Entspannung bringen die Zuschüsse zur Lagerhaltung, befürchtet Dr. Heinz Schweer vom Schlachtunternehmen Vion. Er erklärt, warum Restaurants und Burger-Brater so wichtig sind. (aktualisiert)

Von Ralf Stephan

Schon vor vier Wochen stürzten die Preise für Kühe und Bullen dramatisch ab. Hoffnungen, die zwischenzeitliche Beruhigungen auslösten, zerstoben so schnell wie sie aufkamen. Denn die bisherigen Absatzmärkte sind ganz oder zumindest zum größten Teil verschlossen. Stärker noch als zum Beispiel der Absatz von Schweinefleisch hängt der Rindfleischmarkt an der Gastronomie.

Ohne McDonalds & Co. stockt der Absatz

„Deshalb war die Schließung der Gaststätten und Hotels für uns ein herber Schlag“, sagt Dr. Heinz Schweer, beim Schlachtunternehmen Vion für den Bereich Landwirtschaft zuständig, im Gespräch mit der Bauernzeitung. Die Nachfrage nach Edelteilen, besonders von Färsenfleisch, brach komplett ein. Die Folge: Beim Verkauf bekommen Tierhalter für Färsen nur noch Preise auf dem Niveau von Kühen.

Dr. Heinz Schweer, Direktor Landwirtschaft bei Vion. (c) Vion/Oliver Krato

Vor allem das Fehlen der oft geschmähten Fast-Food-Restaurants wie McDonalds oder Burger King wirkt sich einschneidend auf den Absatz von Kuhfleisch aus, berichtet Schweer. „Auch wenn die Ketten amerikanisch sind – ihre Burger kommen ja von hier.“ Ein Viertel der Vorderviertel von deutschen Schlachtkühen wird zu Hackfleisch-Pattys für Burger-Restaurants verarbeitet.

Für den Absatz von Kuhfleisch spielt zudem der Export eine sehr große Rolle. Spanien und Frankreich sind wichtige Abnehmer, und beide sind massiv von der Corona-Pandemie betroffen. „Die Ausfuhren dorthin mussten auf ein Minimum runtergefahren werden. Anders als in Deutschland bietet die Ausgangssperre in diesen Ländern den Restaurants nicht einmal die Möglichkeit, über den Außer-Haus-Verkauf ein wenig Geschäft zu machen“, verdeutlicht der Vion-Vertreter die Lage.

Handel warb zu Ostern mit Import-Steaks

Warum der Markt nicht vom zwangsläufig wieder angesagten Kochen zu Hause profitiert, erklärt Dr. Schweer so: Im Lebensmitteleinzelhandel verschieben sich die Sortimente immer mehr zu preiswerten Artikeln wie Hackfleisch und Gulasch – zum Teil auch eine Folge knapper werdenden Geldes in den Haushalten. Der Handel sei nicht bereit, seine Palette um Edelteile zu erweitern. Stattdessen habe er zu Ostern seine Steak-Aktionen mit südamerikanischer Ware abgedeckt.

„Das gefällt uns als systemrelevantes Fleischunternehmen, das sich auf die Versorgung des Heimatmarktes konzentriert, natürlich überhaupt nicht“, kommentiert Schweer. Vion wie auch andere heimische Schlachtunternehmen, „erwarten, dass auch der der deutsche Lebensmitteleinzelhandel verstärkt Fleischartikel aus heimischer Produktion vertreibt. Das wäre in dieser schwierigen Zeit solidarisch.“

Nicht besser als bei den Kühen steht es um den Export von Jungbullenfleisch. Hier leiden Italien und Griechenland, die bedeutendsten Importeure, ebenfalls unter den Corona-Schutzmaßnahmen. Zudem belastet der Verfall der Preise für Felle und Häute die Fleischunternehmen. Wichtigste Abnehmer europäischer Häute waren bislang Gerbereien in Italien. Auch sie sind seit Wochen geschlossen. „Die Folge ist ein Preisrückgang für Häute von 70 Prozent“, berichtet Schweer.

Nachfrage reicht nur noch für 60 Prozent Auslastung

Vion ist mit bislang rund 900.000 geschlachteten Tieren pro Jahr der mit Abstand größte Rinderschlachter in Deutschland. Abnehmer und Partner der Tierhalter sind acht Schlachthöfe, die Rinder verarbeiten, darunter in Altenburg (Thüringen), Bad Bramstedt (Schleswig-Holstein) und Bamberg (Bayern). Alle Betriebsstätten sind nach Auskunft Schweers voll arbeitsfähig. Dennoch wird mit der Schlachtung immer wieder tageweise ausgesetzt, weil der Absatz stockt. Die Auslastung liegt noch bei 60 Prozent. Dass für einzelne Betriebe Kurzarbeit beantragt werden muss, will Schweer nicht ausschließen.

Mit Sorge blicken die Schlachtunternehmen auf die sich abzeichnenden bzw. schon angekündigten Kürzungen beim Milchpreis. Denn sinkende Milchpreise führen dazu, dass mehr Kühe als sonst zur Schlachtung gehen. Damit würden Märkte und Preise zusätzlich belastet. Die selben Folgen kann Futtermangel durch die Trockenheit haben.

Gefrierhäuser schon mit Schweinefleisch gut gefüllt

Können die angekündigten EU-Zuschüsse zur Privaten Lagerhaltung (PLH) Entspannung bringen? „In gewissem Umfang natürlich“, meint Heinz Schweer. „Beihilfen nur für die Einlagerung von Hintervierteln reichen aber nicht aus.“ Immerhin habe die EU inzwischen zugestimmt, dass Hinterviertel vor dem Einfrieren zerlegt werden können. „Das verschafft den Rinderbetrieben zunächst etwas Luft. Aber auf Dauer ist das keine Lösung, denn die Gefrierhäuser sind vor allem mit Schweinefleisch gut gefüllt, das nicht in Asien abgesetzt werden konnte.“

Besserung ist also erst wieder in Sicht, wenn die Absatzkanäle in Deutschland und in den europäischen Exportländern wieder öffnen. Als „kleinen Hoffnungsschimmer“ bezeichnet Schweer die Ankündigung der österreichischen Regierung, ab Mitte Mai die Gastronomie wieder öffnen zu wollen. „Bayern folgte Österreich bei vielen anderen Maßnahmen in der Coronakrise 14 Tage später“, spekuliert Schweer. „Das würde, zusammen mit der Wiederaufnahme der Burgerproduktion, eine wichtige Entspannung auf dem Rindfleischmarkt mit sich bringen.“ Vorerst bleibt wohl aber nicht vielmehr als die bloße Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Bad Bramstedt pausiert nach Corona-Infektionen

Nachtrag am 4. Mai: Wenige Tage nach dem Gespräch mit Dr. Schweer stoppte die Vion-Geschäftsführung am Montag die Produktion im Schlachthof Bad Bramstedt. Als Grund wurden „reine Vorsichtsmaßnahmen“ und der Schutz der Mitarbeiter genannt. Nach Angaben des Unternehmens ist etwa ein Drittel der über einen Subunternehmer beschäftigten Arbeitskräfte in Schlachtung und Zerlegung mit dem Coronavirus infiziert. Vorgesehen ist, dass die Belegschaft zunächst in außerplanmäßige Betriebsferien geht.