Proteste von Land schafft Verbindung

Trecker rollen wieder

Landwirte von "Land schafft Verbindung" demonstrieren vor einem Aldi-Zentrallager in Südniedersachsen. (c) Landpixel / Christian Mühlhausen
Überregional
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Zu Wochenbeginn gab es erneute Proteste gegen ungleiche Standards und miese Preise: In mehreren Bundesländern fuhren Landwirte vor Lagern des Lebensmittelhandels auf.

Vor Zentrallagern des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) in mehreren Bundesländern fuhren in der Nacht zum Montag Hunderte Traktoren auf. Die Aktion von „Land schafft Verbindung“ (LsV) galt in Schleswig-Holstein und Niedersachsen vor allem Aldi, Edeka und Lidl. In Bayern war ein Wursthersteller betroffen. In Seevetal bei Hamburg blockierten die Traktoren bei ihrem Protest vor einem Aldi-Lager auch Autobahnzufahrten

Die beiden zentralen Forderungen der Teilnehmer lauten:

  • Auf dem deutschen Markt sollten nur Produkte verkauft werden, die den deutschen Produktionsstandards entsprechen.
  • Um die Betriebe erhalten und wirtschaftlich nachhaltig entwickeln zu können, sind dringend höhere Erlöse für Erzeugnisse aus heimischer Landwirtschaft nötig.

GesPrächsbereitschaft bei Aldi und Edeka

An fast allen Aktionsorten gab es Gespräche mit Verantwortlichen, berichtete LsV am Dienstag. In Neumünster, wo Landwirte alle Zufahrten von Edeka blockierten, stellte sich der Geschäftsführer des Unternehmens, Martin Steinmetz, zum Gespräch. Aldi Nord und Edeka hätten bereits die „erste Zusagen“ gemacht. Allen LEH-Vertretern sei eine Frist bis Sonntag, 20 Uhr, für „nächste Schritte“ eingeräumt worden. Sollten sie ausbleiben, kündigte LsV an, die Proteste fortzusetzen und auszuweiten. „Der Strukturbruch hat bereits begonnen“, erklärte Jann-Harro Petersen, Sprecher von LsV Schleswig-Holstein. „Die Erzeugererlöse schrumpfen immer weiter, im Gegenzug steigen die Erzeugungskosten unaufhaltsam durch weitere Auflagen.“ Davon seien alle Produktionszweige der Branche betroffen.

Auslöser der Aktion war unter anderem die Ankündigung von Aldi, die Einkaufspreise für Trinkmilch zu senken. Sowohl die Nord- als auch die Süd-Gruppe hatten im Frühjahr nach ähnlichen Protesten aus der Landwirtschaft einen Preisaufschlag für Trinkmilch von fünf Cent pro Liter zugesagt. Diesen Zuschlag wolle der Discounter nun zurücknehmen, hieß es in Branchenkreisen. Der Milchindustrie-Verband (MIV) sieht darin zwar lediglich die Zurücknahme eines „politischen Preises“, die nichts mit der sonstigen Marktentwicklung zu tun habe, wie MIV-Vertreter in Berlin auf Nachfrage erklärten. Dennoch dürfte sich die Preissenkung auch auf andere Discounter auswirken.

Freie Bauern sehen Kartellamt in der Pflicht zu handeln

Die Organisation „Freie Bauern“ sieht die Ursache der Preismisere in der „politisch verschuldeten Konzentration“ des nachgelagerten Bereichs der Landwirtschaft. „Das Bundeskartellamt hätte längst gegen die monopolartigen Strukturen in Mühlen, Molkereien und Schlachthöfen sowie beim Lebensmitteleinzelhandel vorgehen müssen, um einen funktionierenden Wettbewerb wieder herzustellen“, sagte Peter Guhl von der Bundesvertretung. Besonders deutlich trete die Ausbeutung bei den Milchlieferverträgen zutage, wo die Bauern ihre gesamte Menge abliefern müssten und erst nachträglich erfahren, welchen Preis sie dafür erhalten, heißt es in einer anlässlich der Protestaktionen verbreiteten Pressemitteilung. „Wir möchten endlich gleichberechtigt am Markt teilnehmen“, sagte der 55-jährige Milcherzeuger aus Vorderhagen in Mecklenburg-Vorpommern in einer als Video veröffentlichen Analyse.

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(c) Freie Bauern

Die Organisation erneuerte ihre Forderung an die Bundesregierung, auf der Grundlage der Europäischen Marktordnung eine Verordnung zu erlassen, nach der künftig in jedem Milchliefervertrag Angaben zu Menge und Preis enthalten sein müssen. Die Agrarministerkonferenz habe eine solche Reform in vorausgegangenen Milchkrisen mehrfach verlangt. Dagegen stünden Milchindustrieverband, Genossenschaftsverband und Bauernverband, die jeden Fortschritt blockierten, kritisiert „Freie Bauern“ und stellt sich ausdrücklich hinter die Protestaktionen. red