Wem die Stunde schlägt – Das Ticken auf den Weiden

Cartoon (c) Tomson.
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Glosse von Karsten Bär

Manche sagen, das Verhältnis zwischen Mensch und Wolf sei von Vorurteilen belastet. Es reicht ein Blick in Grimms Märchenbuch. Immer ist Isegrim schuld. Und nicht etwa Großmutter, Enkeltochter und Jäger, die sich aufführen, als hätten sie nie vom Anhang IV der FFH-Richtlinie gehört. Oder wenn Mutter Geiß beim Herdenschutz versagt und sich dann beschwert, dass von heute auf morgen sechs Geißlein mehr in der Statistik der Nutztierrisse stehen.

Nicht die Zahl der Wölfe entscheidet, wie viele Nutztiere ihnen zum Opfer fallen, sondern wie gut die Herdenschutzmaßnahmen sind. So hat es das Bundesamt für Naturschutz unlängst erklärt. Das ist zwar nicht gänzlich einleuchtend, denn wo kein Wolf ist, kann auch kein Geißlein in die Rissstatistik eingehen. Aber immerhin ist es ein amtliches Wort.

Wie war das gleich bei den Grimms? Das siebte Geißlein entkam dem Wolf, weil es sich im Kasten der Standuhr versteckte. Das ist gelebter Herdenschutz. Wen würde es wundern, wenn in Zukunft die Weiden voller Uhren stünden? Tick-tack, tick-tack. So weiß auch gleich der Schäfer, wann seinem Handwerk die Stunde schlägt.