Zukunft des Kastenstandes weiter unklar
Heute sollte im Bundesrat erneut über die Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung abgestimmt werden. Doch der Tagesordnungspunkt wurde gestrichen. Was nun?
Zunächst kam sie überraschend auf die Tagesordnung der heutigen Bundesratssitzung: Die Entscheidung über die Zukunft der Sauenhaltung. Denn die Länder konnten sich in den zurückliegenden Monaten nicht auf eine mehrheitsfähige Position zum Entwurf der Nutztierhaltungsverordnung des Bundesagrarministeriums einigen. Ein Kompromissvorschlag, den Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein erarbeiteten, habe Chancen auf eine Mehrheit, hieß es noch in der vorigen Woche.
Gestern, am Donnerstagabend dann, war zu erfahren, dass man von einer Einigung doch noch weit entfernt sei. Insbesondere die Ländervertreter der Grünen hätten sich erneut kompromisslos gezeigt. So verkündete Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke als Bundesratspräsident zum heutigen Sitzungsbeginn, dass der Punkt 44 von der Tagesordnung abgesetzt wurde.
Wird jetzt das Magdeburger Urteil umgesetzt?
Strittig war und ist, wie das Magdeburger OVG-Urteil zur Größe der Kastenstände im Deckzentrum in die Praxis umgesetzt werden soll. Unterschiedliche Auffassungen gibt es bei den Übergangsfristen. In dem von Nordrhein-Westfalen zur heutigen Sitzung eingebrachten Antrag ist die Rede von acht Jahren für den Umbau eines Kastenstands im Deckzentrum; im Abferkelbereich sollte es keine Übergangsfristen geben. Der Entwurf es Bundesministeriums will Betrieben bis zu 17 Jahre Zeit geben, um die neuen Vorgaben umzusetzen.
Bundesministerin Julia Klöckner wollte den Ländern bei den Übergangsfristen entgegenkommen und führte vor der Bundesratssitzung mit Schleswig-Holsteins Agrarminister Jan-Philipp Albrecht (Grüne) und seiner Kollegin aus Nordrhein-Westfalen, Ulla Heinen-Esser (CDU), entsprechende Gespräche. Demnach bot Klöckner an, mit gestaffelten Investitionsfördermitteln Anreize für einen schnelleren Umbau setzen zu wollen. Die Übergangsfrist des Kastenstands im Deckzentrum hätte so auf zehn oder acht Jahre reduziert werden können. Damit kam Klöckner dem Kompromissvorschlag Nordrhein-Westfalens nah.
BMEL: Kurzfristige Umsetzung für Familienbetriebe machbar?
Zugleich warnte das Bundesagrarministerium erneut davor, dass eine kurzfristige Umsetzung der Maßnahmen gerade für kleine Betriebe finanziell nicht machbar sei. Werner Schwarz, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), sagte auf einer Pressekonferenz am Donnerstag, dass die erwartete Neuregelung vor allem für familiengeführte Schweinehalter Risiken bereithielte. Zwei Drittel der Schweinehalter in Deutschland sieht der DBV durch die Neuregelung der Nutztierhaltungsverordnung in ihrer Weiterexistenz bedroht. Gestützt auf Berechnungen des KTBL kostet der Umbau der Sauenställe laut Bundesagrarministerium über 1,1 Mrd. Euro. Gut 300 Mio. Euro Investitionshilfen plant der Bund für Tierwohlställe bereitzustellen.
Wie es mit der Nutztierhaltungsverordnung jetzt weiter geht, ist völlig offen. Klar ist, dass für Sauenhalter die große Unsicherheit und fehlende Planungssicherheit weiter anhält. Das Bundesministerium will die Verordnung noch nicht aufgeben. Gegenüber der Bauernzeitung erklärte es, dass man die Länder bei der Kompromissfindung weiter unterstützen wolle. Die Entscheidung über den Ausgang des Verfahrens liegt jedoch letztendlich bei den Ländern.
Druck von der Grünen-basis
Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten lobte heute die Grünen, die „Haltung gezeigt und das Herumdoktern an einem tierquälerischen Haltungssystem scheitern“ ließen. Sowohl Klöckners Entwurf als auch der „Scheinkompromiss aus Nordrhein-Westfalen“ würden geltendes Recht ignorieren. Vorige Woche ermahnte Vier Pfoten die Grünen noch, sich ja nicht auf einen Kompromiss einzulassen. Vier Pfoten gehört zu über einem Dutzend Vereinen und Verbänden, die seit Februar dieses Jahres Unterschriften für das Aus des Kastenstands sammeln. Gerichtet ist diese Aktion an die Grünen-Bundesspitze und die Grünen-Ländervertreter im Bundesrat. Nach Angaben der Organisation Foodwatch sollen fast 600.000 Unterschriften zusammengekommen sein. red