Verbände fordern, Wolfsbestand zu regulieren

Trotz Einhaltung der Herdenschutzmaßnahmen kommt es immer wieder zu Nutztierrissen. (c) Uwe Wiedmer
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Der Wolf soll sich in Sachsen nicht unbegrenzt ausbreiten. Das forderten heute sechs Verbände anlässlich des dritten Tages der Weidetiere. Sie sprechen sich für eine Regulierung der Population aus. Derweil meldet die Fachstelle Wolf vermehrte Wolfsübergriffe in Ostsachsen.

Für Weidetierhalter bringt die Ausbreitung des Wolfes in Sachsen hohen Aufwand, Unsicherheiten und nicht selten Verluste mit sich. In diesem Jahr wurden bis Mitte April bereits 34 Schadensfälle gemeldet, von denen 23 hinreichend sicher mit dem Wolf in Verbindung gebracht werden. 84 Tiere wurden dabei vom Wolf getötet oder verletzt. Zum materiellen Schaden kommt oft auch ein emotionaler hinzu. Es sei ein belastender Anblick, wenn eine Weide nach einem Wolfsangriff wie ein Schlachtfeld aussehe, sagt Schäfermeister Markus Lehmann von der Heidegut Dahlen GbR. Sechs Verbände – der Sächsische Landesbauernverband (SLB), der Sächsische Schaf- und Ziegenzuchtverband, der Landesverband Pferdesport Sachsen, der Pferdezuchtverband Sachsen-Thüringen, der Landesverband landwirtschaftlicher Wildhalter im Freistaat Sachsen und der Landesjagdverband Sachsen – haben auf diese Situation jetzt aufmerksam gemacht und Konsequenzen gefordert.

Wolf bedeutet auch Viel Arbeit – und viel Leid

Für den Artenschutz sei die Wiederansiedlung des Wolfes ein Erfolg, für die Weidetierhalter sei der hohe Wolfsbestand jedoch mit viel Arbeit und auch viel Leid verbunden, so Dr. Regina Walther, Vorstandsmitglied im Schafzuchtverband. Sachsens östlicher Landesteil sei bereits komplett vom Wolf besiedelt, das benachbarte Brandenburg ebenso. Damit stelle sich die Frage nach dem guten Erhaltungszustand dieser Tierart nicht mehr. „Unsere Forderung ist, dass man sich jetzt verstärkt mit der Regulierung des Wolfes beschäftigt“, erklärt Regina Walther. Weidetierhalter bräuchten eine Perspektive. Dem Wolf gelinge es immer wieder, auch gut gesicherte Zäune zu überwinden. „Unsere Tierhalter sind nicht zu dumm und auch nicht zu faul für den Bau sicherer Zäune“, weist sie Kritik am gängigen Herdenschutz zurück. Doch der Bau von Herdenschutzzäunen und deren Unterhaltung sei eine große Kraftanstrengung.

Der Schaf- und Ziegenzuchtverband fordere daher, die unbegrenzte Ausbreitung des Wolfes zu stoppen und die bereits jetzt vorgesehenen Entnahmeregelungen anzuwenden. Ziel müsse es sein, auffällige Wölfe rechtssicher zu entnehmen. Der Verband setze in dieser Hinsicht Hoffnungen in das neu geschaffene Kompetenzzentrum des Bundes, so Regina Walther.   


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Haftungsfragen nach Wolfsattacken sind ungeklärt

Handlungsbedarf sehen auch die Pferdehalter in Sachsen. Andreas Lorenz, Präsident des Pferdesportverbandes und Mitglied im erweiterten Präsidium des Pferdezuchtverbandes, verwies auf den potenziell hohen Schaden, der direkt oder indirekt durch Wolfsangriffe auf Pferde entstehen kann. Dazu zählen Verfohlungen ebenso wie bislang ungeklärte Haftungsfragen, beispielsweise wenn Pferde durch Wölfe in Panik versetzt werden, ausbrechen und Verkehrsunfälle verursachen. Es gebe in Deutschland Beispiele dafür, dass Pferde von Wölfen attackiert werden. In mindestens einem Fall gehe man auch in Sachsen davon aus, dass ein Fohlen dem Wolf zum Opfer fiel. Allerdings habe die Rissbegutachtung ein anderes Ergebnis erbracht, da sich offenbar auch Füchse an dem Kadaver zu schaffen gemacht hatten. „Wir schließen uns der Forderung an, den Wolf zu regulieren“, sagt Lorenz.

Skepsis an der Rissbegutachtung hat auch der Vorsitzende des Wildtierhalter-Verbandes, Hans-Jürgen Gerlach. Die landwirtschaftlichen Wildtierhalter forderten eine neutrale Rissbegutachtung und eine neutrale Probenuntersuchung. Es falle den Haltern schwer, nach Angriffen die Beweislast zu erbringen. Zudem würden bei der Entschädigung Folgeschäden ebenso wenig wie Haftungsschäden berücksichtigt.

Auch Jäger sehen hohen Wolfsbestand kritisch

Ehrlichkeit bei der Beurteilung des Erhaltungszustandes fordert der Vizepräsident des Landesjagdverbandes Sachsen, Wilhelm Bernstein. Die Jäger seines Verbandes stünden grundsätzlich zur Wiederansiedlung des Wolfes in Sachsen. „Aber: Die Dosis macht das Gift“, schränkt er ein. Bei einer Reproduktionsrate von 30 Prozent könne man sich vorstellen, wohin die Entwicklung gehe. Die Population trage sich inzwischen von selbst. Es gelte, den Wolfsbestand nun zu managen, wie es bei anderen Wildarten geschehe. Es gehe allerdings nicht um die Jagd auf den Wolf, sondern um die Entnahme auffälliger Wölfe. Diese müsse rechtssicher, schnell und unbürokratisch möglich sein.  

Nach den Angaben der Fachstelle Wolf, die beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) angesiedelt ist, wurden bisher in Sachsen zwei Wölfe im Rahmen des Wolfsmanagements entnommen.

Die sechs Verbände fordern, dass auch nach einer Begrenzung der Wolfspopulation eine vollumfängliche Aufwandsentschädigung für den Herdenschutz einschließlich der Arbeitsleistungen erfolgt und dass die Beweislast bei Nutztierrissen nicht mehr beim Halter liegen soll.

Die Forderungen der Verbände begleiten aktuelle Meldungen über vermehrte Wolfsübergriffe in Ostsachsen. Wie die Fachstelle Wolf mitteilt, stammen derzeit die sachsenweit meisten Meldungen über Übergriffe auf Nutztiere aus dem Landkreis Bautzen gefolgt vom Landkreis Görlitz. Der Schwerpunkt des Rissgeschehens liege in der Region Wittichenau und um Kamenz. Die Fachstelle ruft Tierhalter in ganz Sachsen dazu auf, ihren Herdenschutz zu überprüfen und wirkungsvolle Herdenschutzmaßnahmen gegen Wolfsübergriffe aufzubauen.