Woidke wiedergewählt: Was das Wahl-Ergebnis für Landwirte bedeutet
SPD siegt über die AfD – Was bedeutet das für die Landwirtschaft? Die SPD unter Ministerpräsident Dietmar Woidke sichert sich den Wahl-Sieg in Brandenburg und hat dabei teilweise das Vertrauen der Landwirte wiedergewonnen.
Von den Redakteuren der Bauernzeitung
Die Kenia-Koalition in Brandenburg ist Geschichte. Bei der Wahl am Sonntag konnte sich die SPD mit Ministerpräsident Dietmar Woidke an der Spitze zwar mit 30,89 % der Zweitstimmen den Wahlsieg vor der AfD mit 29,23 % sichern. Die Grünen scheiterten aber mit 4,13 % an der Fünf-Prozent-Hürde. Die CDU kommt mit 12,1 % nur noch auf zwölf Sitze und lehnte nach der Wahl das Angebot für Gespräche mit der SPD ab. Somit bleibt eine Koalition aus SPD (32 Sitze) und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das frisch gegründet im ersten Anlauf mit 13,48 % auf 14 Sitze kommt, derzeit als einzige Option.
32 Prozent der Landwirte wählten SPD
Viele Landwirte in Brandenburg schenkten der SPD weiter Vertrauen. Das zeigt eine Analyse der Forschungsgruppe Wahlen. Demnach hat die AfD bei den Brandenburger Landwirten zwar mit 34 % überdurchschnittlich abgeschnitten, ist aber deutlich hinter ihren Ergebnissen in Sachsen (49 %) und Thüringen (40 %) zurückgeblieben. Die SPD erhielt bei den Brandenburger Landwirten 32 %. Sie steht bei den Brandenburger Bauern traditionell hoch im Kurs. Vor fünf Jahren votierten sogar 34 % für die SPD, die mit Ausnahme der abgelaufenen Legislaturperiode seit der Wiedervereinigung immer stärkste Kraft im Landtag war und bis dahin ununterbrochen den Agrarminister stellte.
Wie viele Landwirte wählten die Grünen?
Zuletzt stand Axel Vogel von den Grünen an der Spitze des Ministeriums. Laut Forschungsgruppe Wahlen machten lediglich 2 % der Landwirte ihr Kreuz bei den Grünen. Auf dem dritten Platz bei den Landwirten hinter AfD und SPD rangiert das BSW mit 12 %. Die bisherige Regierungspartei CDU kam bei den Bauern lediglich auf 9 % der Stimmen.
Sollte eine Koalition aus SPD und BSW zustande kommen, werden die Sozialdemokraten mit großer Wahrscheinlichkeit das Landwirtschaftsministerium beanspruchen. Woidke hatte in den vergangenen Monaten wiederholt zu erkennen gegeben, dass es aus seiner Sicht ein Fehler war, das Ressort 2019 den Grünen zu überlassen. Der Diplomagraringenieur und frühere brandenburgische Landwirtschaftsminister äußert sich immer wieder zu agrarpolitischen Themen, zuletzt insbesondere während und nach den Bauernprotesten.
Woidke hat Agrarpolitik zur Chefsache gemacht
Da hatte Woidke die Agrarpolitik in Brandenburg zur Chefsache gemacht und sich immer wieder mit Vertretern der Landwirtschaft getroffen. Der Landesbauernverband (LBV) hatte 55 Punkte zusammengetragen, die aus Sicht seiner Mitglieder für Entbürokratisierung und eine Entlastung der Landwirte geändert werden müssten. Das war die Diskussionsgrundlage für die weiteren Gespräche. Beim Deutschen Bauerntag Ende Juni in Cottbus wurde der Brandenburger Ministerpräsident von den Delegierten sogar mit stehenden Ovationen gefeiert.
Abgeordnete mit Agrar-Kompetenz
Für agrarpolitische Kompetenz in der SPD-Landtagsfraktion stehen außerdem Hanka Mittelstädt, Landwirtin aus der Uckermark und Vorsitzende des Branchenverbandes pro agro. Sie konnte sich in ihrem Wahlkreis mit 31,8 % zwar nicht gegen den AfD-Kandidaten durchsetzen, zieht aber auf Listenplatz 11 in den Landtag. Auch Dietmar Woidke musste in seinem Wahlkreis das Direktmandat der AfD überlassen. Ihm fehlten nur sieben Stimmen. Johannes Funke, der bisherige Agrarsprecher der SPD, hat seinen Wahlkreis im Havelland erneut direkt vor einem AfD-Kandidaten gewinnen können. Funkes Erststimmenergebnis von 36,1 % lag noch deutlich über dem SPD-Ergebnis in seinem Wahlkreis von rund 33,9 %. Die von Landwirten in Brandenburg gegründete Partei Deutsch-Land-Wirtschaft kam auf 0,44 % der Zweitstimmen. (mit AGE)
Reaktionen nach der Wahl: Parteienspektrum ist schmaler
Die SPD habe ein nicht unbedingt zu erwartendes Ergebnis erzielt und gegenüber der AfD mehr als Boden gutgemacht. Dennoch seien die politischen Verhältnisse nicht unbedingt stabiler und eine Regierungsbildung einfacher geworden, schätzt Landesbauernpräsident Henrik Wendorff die Lage nach der Landtagswahl ein. „Der einzige mehrheitsfähige Partner, das Bündnis Sahra Wagenknecht, ist aus agrarpolitischer Sicht noch schwer einzuschätzen. Auf die Fragen in unseren Wahlprüfsteinen ist das BSW nicht eingegangen“, so Wendorff.
Ihn habe das Abschneiden der CDU überrascht, die in den Trendberichten vor der Wahl immer als stabile Kraft erschienen sei. Das parteipolitische Spektrum im Landtag sei schmaler geworden, so Wendorff, aber den Grünen werden die meisten Landwirte aus rein landwirtschaftlicher Sichtweise nicht nachtrauern. Vieles sei in den vergangenen fünf Jahren auf der Strecke geblieben, weil ideologische Barrieren ein Weiterkommen ausgebremst hätten. Im Umgang mit der AfD müssten neue Wege gefunden werden, um dem Wählerwillen gerecht zu werden.
Reinhard Jung, Geschäftsführer der Brandenburger Landesgruppe der Freien Bauern, sieht das Wahlergebnis gelassen. „Wir nehmen kein Geld von der Politik und sind daher unabhängig – und offen für konstruktive Zusammenarbeit mit allen im neuen Landtag vertretenen Parteien. Wer sich als Politiker ehrlich dafür interessiert, was die bäuerlichen Familienbetriebe im Land wollen, findet bei uns die richtigen Ansprechpartner“, so Jung.
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