Streit um Wolfsmanagement

Wölfe laufen ohne Scheu durchs Dorf

Die politische Debatte um Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern wird heiß geführt. (Symbolbild) (c) Sabine Rübensaat
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Die Zunahme von Wolfssichtungen in Mecklenburg-Vorpommern sorgt für Besorgnis. Die CDU-Fraktion im Landtag von MV fordert eine Regulierung des Wolfsbestandes. Was steckt hinter diesem Antrag und welche Auswirkungen könnte er auf die Landwirtschaft haben?

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Aus ganz Mecklenburg-Vorpommern wird immer wieder gemeldet, dass Wölfe gesichtet wurden. Mitte Januar waren es innerhalb weniger Tage sogar zwei Wolfssichtungen in der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft. Da einer der Wölfe ohne Scheu und seelenruhig durch das Dorf gelaufen sei, wurde der Vorfall an die Gemeinde gemeldet, die daraufhin einen Antrag auf Entnahme an die Untere Naturschutzbehörde geschickt hat.

Möglicher Wolfsriss von acht Schafen

Anfang März waren in Pankelow, südöstlich von Rostock, sechs Mutterschafe und zwei Lämmer mutmaßlich von Wölfen gerissen worden. Nach Angaben des betroffenen Landwirts war die Weide durch einen 1,20 Meter hohen Stacheldrahtzaun gesichert. Ein Rissgutachter untersuchte die Tiere und entnahm DNA-Proben. Die Ergebnisse der Untersuchungen liegen jedoch erst in ein paar Wochen vor.

Wolfsrudel nahe Rostock aufgezeichnet

Erst vor ein paar Tagen zeichnete eine Wärmebildkamera bei Groß Lüsewitz nahe Rostock ein Wolfsrudel mit sechs Tieren auf. Jäger der dortigen Hegegemeinschaft vermuten ein neues Rudel. Allerdings könnte es sich auch um ein bereits registriertes Rudel handeln, das lediglich weitergezogen ist, so Dr. Norman Stier, Koordinator des Wolfsmonitorings www.wolf-mv.de

Forderung nach Regulierung des Wolfsbestandes

Mit der steigenden Zahl der Wölfe und den Sichtungen wächst nicht nur die Sorge der Weidetierhalter, sondern auch die der ländlichen Bevölkerung.

Das hat die CDU-Fraktion zum Anlass genommen, einen Antrag zur Regulierung des Wolfsbestandes auf die Tagesordnung der 99. Sitzung des Schweriner Landtages am 12. März 2025 zu setzen.

Die seit vielen Jahren durch das Land MV und das Bundesamt für Naturschutz veröffentlichten Zahlen zur Ausbreitung des Wolfes in Deutschland und MV entsprechen nicht der Realität. Das zumindest behauptet die Fraktion der CDU in ihrem Antrag.

CDU: Sorgen werden nicht ernst genommen

Laut Verfasser des Antrages Daniel Peters, CDU-Fraktionsvorsitzender und Mitglied des Landtages MV, sei die Zahl der Wölfe im Land nicht exakt bekannt. Weder das Wolfsmonitoring noch die Aussagen des zuständigen Ministers für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt lieferten klare Angaben, sodass lediglich Schätzungen vorlägen. In der öffentlichen Kommunikation werde die Sorge der Bevölkerung über Wolfssichtungen in der Nähe menschlicher Siedlungen häufig als unbegründet oder übertrieben dargestellt. Die kritische Urteilsfähigkeit der Menschen werde dabei pauschal infrage gestellt. Es bestehe ein offensichtlicher Mangel an Transparenz und Genauigkeit bei der Bewertung von Wolfsrissen, insbesondere bei toten Wildtieren, wodurch die tatsächliche Gefährdungslage unzureichend erfasst werde.

Schutzstatus des Wolfes herabgesetzt

Die Herabsetzung des Schutzstatus des Wolfes durch die Europäische Union eröffnet laut Peters neue Möglichkeiten für eine regulierte Bejagung. Es sei jedoch zu befürchten, dass bestehende ideologische Vorbehalte innerhalb der Landesregierung und insbesondere im Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt eine pragmatische und wirksame landesrechtliche Regelung weiterhin behindern. Der günstige Erhaltungszustand gemäß Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) sei in Deutschland bereits erreicht und gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e der FFH-Richtlinie sei eine Reduzierung des Wolfsbestandes schon jetzt möglich.

Wolfsmanagement in MV

Daher werde die Landesregierung aufgefordert, aktuelle Bestandszahlen zur Ausbreitung des Wolfes in MV, die Sichtungen und Meldungen berücksichtigen, sofort zu veröffentlichen. Der Wolfsmanagementplan des Landes müsse bis zum 1. Januar 2025 korrigiert werden und an die neuen Bestandszahlen angepasst werden. Alle rechtlichen Möglichkeiten zur Reduzierung des Wolfsbestandes in MV seien sofort umzusetzen und das Wolfsmonitoring in MV gehöre überprüft.

LSZV-Wolfsbeauftragter: Woher sollen solide Zahlen kommen?

Laut Jürgen Lückhoff, ehemaliger Landesvorsitzender des Landesschaf- und Ziegenzuchtverbandes (LSZV) MV und Wolfsbeauftragter des Verbandes, ist der Antrag der CDU MV zum großen Teil ein reines Scheingefecht. 

Dass die durch das Wolfsmonitoring erhobenen Zahlen die Wirklichkeit nur bedingt abbilden, sei zumindest Weidetierhaltern, Jägerschaft und auch der Landbevölkerung seit langem bekannt. Wer klare Angaben fordere, solle auch sagen, wie solide Zahlen konkret festgestellt werden können.

Unabhängig davon dürften die öffentlichen Zahlen zum Wolfsbestand und die jährlichen Rissvorfälle im Land ausreichend sein, um zu einem umsetzbaren Reaktions- und Bestandsmanagement zu kommen, so die Meinung von Lückhoff.

Praxisleitfaden Wolf kaum umsetzbar

Der auf Vorschlag der Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) von allen Landesumweltministern beschlossene Praxisleitfaden Wolf und seine Empfehlungen zur schnelleren Entnahme habe sich bisher eher als viel zu bürokratisch gezeigt. Er sei von den zuständigen Behörden kaum umsetzbar und Entscheidungen auf dieser Grundlage seien wiederholt vor Gerichten gescheitert. Ein wirkliches Reaktionsmanagement auf Übergriffe fehle.

Plan zur Bestandsregulierung muss vorbereitet werden

Auch wenn die EU-Kommission erste positive Reaktionen zeige, müsse sowohl der EU-Rat als auch das EU-Parlament einer Änderung der FFH-Richtlinie zustimmen. Das brauche Zeit. Diese Zeit könne die neue Bundesregierung nutzen, um die notwendigen Gesetzesänderungen vorzubereiten, den guten Erhaltungszustandes des Wolfs in Deutschland oder zumindest regional nachzuweisen und Wege zur notwendigen Bestandsregulierung vorzubereiten. Diese Forderungen haben laut Lückhoff die Ministerpräsidenten aller Bundesländer bereits im letzten Sommer an die Bundesregierung gestellt.

Mangelnde Kenntnisse europarechtlicher Grundlagen

Der erste Wolfsmanagementplan in Mecklenburg-Vorpommern stamme aus dem Jahr 2010 und sei 2021 überarbeitet worden. „Man kann ihn erneut aktualisieren. Aber mit welchem Ziel? Wäre es nicht wichtiger, den vorliegenden Plan daraufhin zu überprüfen, welche Ziele oder Festlegungen mit welchem Ergebnis umgesetzt oder warum sie nicht umgesetzt wurden?“, so Lückhoff.

„Die Forderung, die Landesregierung solle eine Obergrenze für Mecklenburg-Vorpommern festlegen und wolfsfreie Zonen ausweisen, weist eher auf eine mangelnde Kenntnis der europarechtlichen Grundlagen und der bisher dazu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hin“, kritisiert Lückhoff den CDU-Antrag.

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