Insolvenzverfahren

Agrargenossenschaft Teichel: Wieder auf stabilen Beinen

Automatisches Melkkarussell am Standort Teichröda: Der derzeit gute Milchpreis hilft beim Wirtschaften. (c) Agrar eG Teichel
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Knapp ein Jahr lief das Insolvenzverfahren der Agrargenossenschaft Teichel. Nun steht es kurz vor seinem Abschluss und der Thüringer Betrieb wieder auf festem Grund. Aktuell fordert die Dürre das Futtermanagement heraus.

Von Frank Hartmann

Nach knapp über einem Jahr unter der Verwaltung des erfahrenen Erfurter Insolvenzanwaltes Rolf Rombach ist es geschafft: Die Agrargenossenschaft Teichel eG steht wieder auf stabilen Beinen. „Wir sind jetzt schuldenfrei“, sagt Vorstandschef Dr. Stefan Blöttner. Wie Rombach gegenüber der Bauernzeitung erläuterte, müssten jetzt lediglich noch einige formalrechtliche Schritte absolviert werden. Die gut 90 Gläubiger inklusive Banken haben ihr Geld bereits erhalten. Ihre Forderungen konnten zu 100 % bedient werden, was eher selten der Fall sei. Blöttner ist froh und auch stolz darauf, dass alle Verpächter, trotz der Schieflage, dem Betrieb die Treue gehalten haben. Abgesehen von einer Ausnahme stehen zudem alle Lieferanten und Kunden weiter an der Seite der Genossenschaft.

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Rombach und seine Büroleiterin, Lilly Stöckel, betonen, dass das frühzeitige Beantragen der Insolvenz eine wesentliche Voraussetzung für das nunmehr erfolgreiche Verfahren gewesen sei. Denn somit blieb die Grundsubstanz des Unternehmens erhalten, statt sie zu verbrennen. Vielmehr konnte im Insolvenzverfahren der Wert der Genossenschaft sogar noch gesteigert werden. Denn mithilfe der DKB, die im Gläubigerausschuss saß, erwarb man während dieser Zeit neue Flächen – was Rombach einen außergewöhnlichen Vorgang nennt. Somit erreichte Teichel einen Anteil von Eigentumsflächen, der dem Durchschnitt der Juristischen Personen in Thüringen entspricht.

Bildergalerie: Neues von der Agrargenossenschaft Teichel

Insolvenzverwaltung der Agrargenossenschaft Teichel

Insolvenzverwalter Rolf Rombach (l.) und Vorstandschef Stefan Blöttner vorige Woche in der Erfurter Anwaltskanzlei. (c) Frank Hartmann

Dürre auf Grünland der Agrargenossenschaft Teichel

Dürre auf Grünland der Agrargenossenschaft Teichel (c) Agrar eG Teichel

Heulager der Agrargenossenschaft Teichel

Im Mutterkuhstall lüftet das Heu. Es musste jetzt schon raus, denn die Mutterkühe kommen wegen der Dürre in diesen Tagen zum Absetzen in den Stall. (c) Agrar eG Teichel

Zentrales Ziel sei es gewesen, die eG als Ganzes zu erhalten. Dass man dafür einen finanzstarken Partner brauchte, stand außer Frage. Potenzielle Investoren, sowohl landwirtschaftliche und außerlandwirtschaftliche als auch regionale und überregionale, meldeten ihr Interesse an – und das nicht zu knapp. Die frühzeitige und offene Kommunikation mit den Verpächtern und Genossenschaftsmitgliedern darüber schuf Vertrauen. Viele Flächeneigentümer gaben das klare Signal, ihre Flächen in Zukunft nur dann weiter verpachten zu wollen, wenn die Genossenschaft eigenständig weiterwirtschaftet. Für Blöttner und Rombach ist das Beleg dafür, dass die Menschen in der Region „ihre“ Genossenschaft wirklich schätzen.

Genossenschaft hilft Genossenschaft

Mit der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG fand sich ein Partner, der aus Thüringen stammt, das Agrargeschäft kennt und die Genossenschaft unbedingt erhalten wollte. Viele Gespräche waren notwendig, bis das Geschäft unter Dach und Fach war, so Rombach rückblickend. Die VR-Bank, die über die Energie- und Agrargenossenschaft Haseltal/Thüringen eG bereits an mehreren Agrarbetrieben beteiligt ist, erwarb die Eigentumsflächen der Agrar eG Teichel. Blöttner erläutert, dass man ein langjähriges Nutzungsrecht für die Flächen vereinbart hat. Überdies sei die Bank jetzt ordentliches Genossenschaftsmitglied und werde ihr Engagement sukzessive verstärken.

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Die Dürrejahre 2018, 2019 und 2020 samt der miserablen Preissituation führten Blöttner zufolge ursächlich in die Insolvenz. In der diesjährigen extremen Hitze- und Trockenperiode stiegen zwar die Betriebsmittelpreise aufgrund des Krieges in der Ukraine um ein Vielfaches an. „Zum Glück bekommen wir derzeit 55 Cent je Kilogramm von unserer Molkerei. Das hilft momentan beim Wirtschaften.“ Und Wirtschaften in der Milch- und Rinderproduktion bedeutet in dieser Saison, mit der mageren Futterernte den Anschluss ans kommende Frühjahr herzustellen. Das alles sei nur mit reduzierter Fütterung zu erreichen. Bislang musste noch kein Silo aus der aktuellen Ernte geöffnet werden. „Als absehbar war, dass der Silomais kaum Ertrag bringen wird, sicherten wir uns Zukäufe.“ Auch konnte man fehlendes Stroh bei viehlosen Nachbarbetrieben einwerben. Vor vier Wochen strich der Betrieb zudem den Mais für die Biogasanlage, was freilich die Leistung drosselt und die Einnahmen aus dem Energiegeschäft schmälert.

Trockenheit sorgt für Futterknappheit

Weil die Weiden kaum noch Futter hergeben, sind die ersten Mutterkühe zum Absetzen im Stall. Hiernach werden die Mutterkühe nochmals auf einige Weiden und die Maisstoppel getrieben. Letzteres praktiziert die Genossenschaft in jedem Jahr. „Saubere Maisflächen reduzieren den Wildschweindruck“, so die Erfahrung. Viele Fleischrinder, die schlachtfähig sind, plane man zügig zu schlachten beziehungsweise Absetzer früher zu verkaufen, um Futter zu sparen. Und weil das Mutterkuhteam mit dem ständigen Bauen von Weidezäunen, den Tränken, Ab- und Auftrieb extrem gefordert ist, gibt es keine Reserven, um Tiere für die Fleischrinderschau auf den Grünen Tagen in vier Wochen in Erfurt vorzubereiten. „Wir waren bei jeder Tierschau dabei. Jetzt müssen wir pausieren.“ Die Erträge der Druschfrüchte bewegen sich ungefähr auf dem mageren Niveau des Jahres 2018. Und das heißt: Beim Winterweizen wurden vier Tonnen je Hektar knapp verfehlt; die Wintergerste schaffte es geradeso über 50 Doppelzentner; der Raps liegt bei rund 25 dt/ha.

Für das Weihnachtsgeschäft mästet die Agrargenossenschaft Teichel wieder Enten und Gänse. Die Enten kamen aus Frankreich, weshalb die Schnäbel noch kupiert sind. Mit 550 Tieren konnte die Nachbargenossenschaft aus Kamsdorf nicht die gewünschten 750 Stück liefern – die Geflügelpest hat in Frankreich Spuren hinterlassen. Sowohl die 200 Gänse als auch die Enten haben kürzlich neue Tränken bekommen. Die Rohrtränken mit Schwimmventil hat man aus Kostengründen selbst gebaut. Sie versprechen dem Geflügel mehr Tierwohl.

Gänsehaltung der Agrargenossenschaft Teichel

Gute Erfahrung: Sowohl die Gänse als auch die Enten nehmen die neuen, selbst gebauten Rohrtränken gut an. (c) Agrar eG Teichel

Selbstgebaute Tränke für Gänse und Enten der Agrargenossenschaft Teichel

Für die 200 Gänse und 550 Enten gab es im Sommer neue Tränken. Die Rohrtränken mit Schwimmventil baute man aus Kostengründen selbst. Sie werden gut von den Tieren angenommen. (c) Frank Hartmann

EInladung zum Hoffest der Agrargenossenschaft Teichel

Lohnkosten fordern Agrargenossenschaft Teichel heraus

Während die angekündigte Gasumlage von 2,419 Cent je Kilowattstunde die Agrar eG Teichel kaum berührt, ist die Anhebung des Mindestlohnes fest eingepreist. Weil man den Abstand der Lohngruppen aufrechthält, kommen rund 300.000 € zusätzliche Lohnkosten im Jahr zusammen. Stefan Blöttner: „Wir müssen was tun, sonst haben wir irgendwann keine Mitarbeiter mehr.“

Die sind im Übrigen alle auf dem Betriebsgelände in Teichröda, wenn am 17. September von 10 bis 16 Uhr das Hoffest steigt. Stallführungen, Technikpräsentation, Rostbratwurst mit Bier oder Tierschauen der Kleintierzuchtvereine: „Nach dem Insolvenzverfahren wollen und können wir mit dem Fest zeigen, dass es uns noch gibt.“


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