Nach fast fünf Jahren: Bauernzeitung verabschiedet Agrofarm Lüssow
Unser Praxispartner, die Agrofarm eG Lüssow, in Mecklenburg-Vorpommern zieht nicht nur zum Abschluss der Saison Bilanz, sondern auch zum Ende der Kooperation mit der Bauernzeitung und dem anstehenden Beginn eines Neuanfangs des Betriebs. Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit.
Mit jeweils einem sprichwörtlich lachendem und weinendem Auge schreibt sich der aktuelle Bauernzeitungs-Beitrag unseres Praxispartners Agrofarm Lüssow. Und das hat auch gleich mehrere Gründe, wie aus den folgenden Zeilen hervorgehen wird. Möglicherweise ist es dadurch an dieser Stelle auch mal etwas emotionaler als sonst, vor allem von mir als Autorin, üblich. Nach fast viereinhalb Jahren und 48 Beiträgen ist das unser vorerst letzter Besuch beim in der Landesmitte von Mecklenburg-Vorpommern gelegenen Betrieb, denn wir wechseln hierzulande den Praxispartner.
Die Anfänge der Praxis-Partnerschaft
Irgendwann sind die Geschichten auch mal auserzählt. Doch wer hätte im Jahr 2020 beim Aufschlagen der Ausgabe 14 der Bauernzeitung gedacht, dass aus diesem klassisch und mit wenig „Schnickschnack“ aufgestellten Landwirtschaftsbetrieb mit seinerzeit rund 1.800 Rindern, davon 890 Milchkühen, und etwa 3.000 ha Gesamtfläche mit eher konservativer Fruchtfolge so viele interessante Beiträge entstehen werden? Ich jedenfalls nicht – auch nicht, als ich ihn 2022 für Ausgabe 27 erstmals als neue Landesredakteurin besuchte.
Unverhofft kam es dann anders, denn neben dem üblichen operativen Tagesgeschäft haben die Verantwortlichen der Agrofarm Lüssow mir und uns jederzeit offene und tiefe Einblicke in vielfältige weitere Themen gewährt, die sie beschäftigten und beackerten. Ich erinnere da zum Beispiel nur an sämtliche, auch personelle Herausforderungen im Zusammenhang mit Corona, die schwere Entscheidung zum Tierbestandsabbau oder den zähen Kampf um Grundwassermessstellen, ihre Werte und entsprechende Folgen als ausgewiesenes sogenanntes rotes Gebiet.
Ein herzliches Dankeschön
Ebenso beeindruckte das über das gewöhnliche Maß hinausgehende Engagement, um Kindern, Jugendlichen und Nachwuchskräften die reale Landwirtschaft näherzubringen oder die enge Zusammenarbeit mit umliegenden Jägern, Imkern und der Forst. Auch innovativen (Forschungs-)Projekten gegenüber, wie beispielsweise ratiogeo, zeigte sich der Betrieb aufgeschlossen und wirkte mit.
Da sei mir an dieser Stelle gestattet, mich beim kompletten Team der Agrofarm Lüssow für die gemeinsame Praxispartner-Zeit und 23 Bauernzeitungs-Beiträge, die ich verantwortete, zu bedanken. Und mehr noch: Liebe Wencke, lieber Lars-Peter, ich bedanke mich vor allem bei euch für das unkomplizierte Miteinander, was stets sehr ehrlich, vertrauensvoll, wertschätzend und gewinnbringend war. Das wird mir immer in Erinnerung bleiben. Unsere obligatorischen Felder- und Stallkieks sowie das über Gott und die Welt Gequatsche werden mir in Zukunft fehlen.
Ernte-Ergebnisse in Lüssow
Doch bevor jetzt der Eindruck entsteht, bei der jüngsten Stippvisite kam nichts mehr rum, der irrt. Die eingangs erwähnte gemischte Stimmungslage trifft nämlich auch auf die besorgniserregende Situation rund um die Blauzungenkrankheit – derzeit sind alle Rinder wohlauf und die Impfung der Tiere fand vorige Woche statt –, eingefahrene Getreideernte und anstehende Herbstbestellung zu.
Mit einem Durchschnittsertrag von 78,9 dt/ha über alle drei angebauten Wintergetreidekulturen Gerste, Triticale und Weizen sowie durchschnittlichen 37,1 dt/ha beim Raps „sind wir von einer Traumernte entfernt“, bilanziert Vorstandsvorsitzender Lars-Peter Loeck. „Wenngleich es auch hätte noch schlimmer kommen können.“
Der detaillierte Blick auf die einzelnen Kulturen verrät, bis auf die knapp 200 ha Triticale, die im Schnitt 74,9 dt/ha einbrachte und damit über 13,5 dt/ha mehr als 2023, liegen alle Früchte hinter den Ergebnissen des vergangenen Jahres und eigenen Erwartungen zurück. Während Weizen mit 79,3 dt/ha im Mittel der rund 650 ha noch nah am 2023-Wert 80,1 dt/ha liegt, fallen der durchschnittliche Gersten- (von etwa 453 ha) und Rapsertrag (von rund 471 ha) um 9,2 dt/ha auf 80,1 dt/ha bzw. 5 dt/ha auf 37,1 dt/ha im Vergleich zum Vorjahr.
Ebenfalls hadern die Lüssower teilweise mit den Qualitäten. Der durchschnittliche Ölgehalt beim Raps liegt mit 42,1 % 1–2 % unter dem Vorjahreswert. Das Hektolitergewicht der Gerste mit Schwankungen zwischen 58–62 kg/hl erreichte nur selten das Standardmaß von 62 kg/hl. Zudem mussten ca. 130 t Gerste, 300 t Raps und 270 t Weizen in der eigenen Anlage getrocknet werden. Und alles in allem koste Nerven und Geld, fasst Wencke Ladwig, stellvertretende Vorstandsvorsitzende, zusammen.
Agrofarm Lüssow: Neuer Anfang für Feld und Betrieb
Mit dem Ende des Mähdrusches und der Analyse der vorliegenden Daten richtet sich abgesehen von der noch ausstehenden Maisernte – sie steht unmittelbar bevor, weshalb die Silos aktuell vorbereitet werden – damit schon alles wieder Richtung neuen Vegetationszyklus.
Da sich der Anbauplan für das kommende Getreidejahr in den Kulturen und Umfängen kaum verändert, ist die Rapsaussaat bereits abgeschlossen. Rund 463 ha wurden vom 14.–21. August gedrillt und anschließend, wenn die Verhältnisse es zuließen, bereits mit einer Maßnahme aus Clomazone und Stomp Aqua in der Nacht behandelt. So wurden laut Loeck optimale Bedingungen für einen guten Vegetationsstart geschaffen.
Ob der Vorstandsvorsitzende und seine Kollegin Ladwig allerdings noch die Früchte der neuen Aussaat ernten werden, ist indes offen – ebenso ihre und die Zukunft des Betriebes, berichten beide schweren Herzens. Denn zeitgleich mit dem Neustart auf den Ackerflächen wurde auch ein Veränderungsprozess in der Gesellschafterstruktur der Agrofarm angestoßen, der frühestens zum Jahreswechsel vollzogen werde. So haben bereits potenzielle Investoren in den vergangenen Tagen und Wochen den Betrieb besichtigt. Bis zum 30. September haben sie nun Zeit, ein Kaufangebot abzugeben.
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