Kartoffeln ernten und lagern: Tipps von unserem Praxispartner
Kartoffeln benötigen im Anbau und der Lagerung besondere Sorgfalt. Unser Praxispartner berichtet über seine Erfahrungen und ob sich Investitionen in die Kultur lohnen.
Wer kauft heutzutage eigentlich noch Einlagerungs-Kartoffeln? Zwischenzeitlich ist das Angebot an Speisekartoffeln im Lebensmitteleinzelhandel oder beim Discounter rund ums Jahr verfügbar. Auch an Speisekartoffeln aus Deutschland. Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, als ich Freitagmorgen gegen 10 Uhr unserem neuen Praxispartner in MV, der Vipperow Agrar GmbH & Co. KG, einen Besuch in Priborn abstatte. Heute ist unser zweiter Aufenthalt vor Ort. Im Hofladen, vor dem zahlreiche Pkw parken, ist richtig viel Betrieb.
Der Ab-Hof-Verkauf größerer Mengen zum Einlagern ist in vollem Gange. Zur Auswahl stehen Agria, eine vorwiegend mehligkochende Speisekartoffelsorte, Laura, vorwiegend festkochend mit roter Schale, und Belana, eine festkochende Sorte, die augenscheinlich besonders beliebt ist. Der 25-Kilo-Sack kostet jeweils 15 Euro, die Futterkartoffeln 7 Euro. Der Verkauf im Hofladen sei eine durchaus lohnende, zusätzliche Einnahmequelle, sagt Betriebsleiter Johannes Gawlik. Das eigentliche Geschäft mit den Knollen ist hingegen der Anbau und Verkauf von Stärke- und Verarbeitungskartoffeln.
Reinigung bald automatisch
Auf rund 150ha Fläche werden im Jahr ungefähr 6.000 t Kartoffeln geerntet, die eine Hälfte davon als Stärkekartoffeln und die andere als Verarbeitungskartoffeln. „Die Mengen variieren natürlich von Jahr zu Jahr“, sagt Johannes Gawlik.
Verkauft werden die Kartoffeln an weiterverarbeitende Fabriken in Kyritz, Hagenow und Stavenhagen, mit denen der Marktfruchtbetrieb längerfristige Verträge abgeschlossen hat. „Bei den Stärkekartoffeln bauen wir eher mittelspäte Sorten an. Wie zum Beispiel die Sorten Kuras und Eurostarch. Sie haben gute Knollenerträge, zeigen hohe, sichere Stärkegehalte und lassen sich bis zum Ende des Frühjahrs gut lagern.“
Die Rodemonate liegen zwischen August und November. Immer dann, wenn die Erntebedingungen gut sind und der Boden eher trocken und nicht zu matschig ist. Denn es gilt, die Kartoffeln so schonend wie möglich aus dem Boden zu bekommen. Der seitengezogene Kartoffelroder, mit dem die Knollen geerntet werden, hat einen Bunker für bis zu 7,5 t und schafft ungefähr 3 – 3,5 ha am Tag. Oben auf dem Roder steht eine Sortierkraft am Selektiertisch und trennt mit seinen Händen die größten Steinbrocken und Erdklumpen von den Kartoffeln.
Eine Tätigkeit, die bald der Vergangenheit angehört. „Im nächsten Jahr schaffen wir uns einen neuen Roder an, der die Steine und den Dreck automatisch entfernt“, sagt der Betriebsleiter. „So sparen wir uns die Arbeitskraft auf dem Roder ein. Denn unser Ziel ist es, die Arbeitskräfte, gerade bei solch rudimentären Tätigkeiten, die auch noch belastend für unsere Mitarbeiter sind, einzusparen.“
Bedarfsgerechte Düngung durch Analysen
Um den richtigen Erntezeitpunkt der Kartoffeln zu bestimmen, wird der Stärkegehalt der Knollen während der Wachstumsphase immer wieder sporadisch im Betrieb ermittelt. „Wir führen die Messung mithilfe des Unterwassergewichtes durch“, erklärt der Junglandwirt. „Dabei wird eine bestimmte Menge, in der Regel sind das fünf Kilogramm, saubere Kartoffeln unter Wasser gewogen und daraus das spezifische Gewicht oder die Dichte der Kartoffel errechnet. Denn die Dichte steht in direktem Zusammenhang mit dem Stärkegehalt der Knollen.“
Der werde von zahlreichen Faktoren beeinflusst. So müssten die Pflanzen bedarfsgerecht versorgt werden, mit allem, was sie brauchen. Dazu gehöre die Düngung, der Pflanzenschutz und auch das Wetter habe einen gehörigen Einfluss, zählt Johannes Gawlik die Faktoren auf. „Grundsätzlich mögen Kartoffeln Wärme. Nur Hitzestress, der oft zusammen mit Trockenstress auftritt und zu warme Nachttemperaturen sind von Nachteil. Dann bildet die Pflanze deutlich weniger oder mitunter gar keine Knollen mehr.
Eine gewisse Klimaveränderung ist wahrnehmbar. Mir fehlt aber die Erfahrung, wie es früher war“, sagt der 26-jährige Junglandwirt. „Ich sehe auf jeden Fall, dass die Pflanzen in den langen heißen Trockenperioden leiden, und das Risiko des Anbaus bei den hohen Vorkosten kann sehr hoch sein und Sorgen bereiten. Deshalb würde ich unsere Kartoffelernte in diesem Jahr als durchschnittlich beschreiben. Bei vielen Berufskollegen gab es dagegen recht gute Erträge.“
Nach der Kartoffelernte und einer bereits erfolgten Ermittlung des Kalkbedarfs mithilfe von Bodenproben findet eine Kalkung der Ackerflächen statt. „Wir haben uns für einen Servicevertrag mit Agricon entschieden. Das ist ein Unternehmen für Precision Farming-Verfahren und digitalen Pflanzenbau. Abhängig von den Faktoren Nutzungsart, Bodenart, Humusgehalt und aktuellem pH-Wert düngen wir mithilfe von Streukarten möglichst bedarfsgerecht. Damit ist zum Beispiel eine Überdüngung ausgeschlossen“, erklärt Johannes Gawlik.
Lagerung muss gesteuert und kontrolliert werden
Der große Ernteumfang bei den Kartoffeln macht eine eigene Lagerung für den Betrieb unverzichtbar. Neben dem direkten Verkauf und der Lieferung an die Fabriken werden die Stärke- und Verarbeitungskartoffeln nach der Ernte zum Teil lose und in Kisten in den Hallen gelagert, um den Markt möglichst lange bedienen zu können. Auch die Vermehrungskartoffeln, mit denen sich unser Praxispartner in erster Linie um seinen eigenen Anbau kümmert, werden bis zur nächsten Pflanzung im April eingelagert. Bis zu 5.000 t können in den Hallen gelagert werden. Aktuell sind es 2.500 t.
Mit der Einlagerung und den Qualitätskontrollen bei den Knollen sind ein bis zwei Mitarbeiter des Betriebes beschäftigt. Sie kümmern sich um die kartoffelspezifischen Ansprüche. Dazu zählen Faktoren wie z.B. die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Luftbewegung, um das Lagerungsklima konstant zu halten und die Keimung der Kartoffeln so gut es geht zu verhindern. „Notfalls setzen wir Keimhemmungsmittel ein“, erklärt Johannes Gawlik. Mit Schadnagern hat der Betrieb glücklicherweise kaum Probleme und außerdem eine 24/7 Arbeitskraft. Die Hofkatze.
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