agrafrisch Fürstenwalde: Ernte-Vorbereitung und neue Partei
Wie bereitet sich unser Praxispartner aus Brandenburg für die Ernte vor? Wir waren zu Besuch und berichten, welche Herausforderungen und Projekte es gibt. Nicht nur der Agroforststreifen gedeiht, sondern auch eine neue Partei.
Von Heike Mildner
Spätestens zwei Wochen, dann sei die Gerste erntebereit, sagt Ronny Kaczmarek und zerdrückt ein Korn zwischen mit dem Daumennagel. Noch ist der Getreidekörper weich, die Teigreife noch nicht in die Mehlreife übergegangen. Erst dann sei es sinnvoll, mit dem Feuchtemessgerät eine Handprobe zu machen, sagt der Pflanzenbauleiter. Liegt die bei 14 %, kann die Feuchtigkeit des Getreides im Mähdrescher immer noch ein, 2 % darüber liegen, ist seine Erfahrung. Aber noch ist es nicht so weit. Noch laufen die Erntevorbereitungen.
Ernte-Vorbereitung bei agrafrisch Fürstenwalde
Mähdrescher fit machen, Halle vorbereiten
Vor allem gilt es, die beiden Mähdrescher flottzumachen. Vor zehn Wochen haben sie den einen in die Fachwerkstatt gebracht. Dort wurde ein Motorschaden festgestellt. Eine langwierige Reparatur steht an, möglicherweise wird er nicht mehr pünktlich zum Erntebeginn fertig. Kaczmarek hat beim Lohnunternehmer in Steinhöfel schon mal einen Ersatz angefragt.
Den zweiten betriebseigenen Mähdrescher bringt Peter Rupnow auf Vordermann: vom Ölwechsel über die Kontrolle der Siebe bis zum Austausch der Schachtkette – nach 40 Jahren im Betrieb sitzen die Handgriffe. Und schließlich ist Peter Rupnow, der den Mähdrescher dann auch bedient, daran interessiert, dass alles möglichst reibungslos läuft.
Ein paar Kilometer weiter in Hasenfelde bereiten Dirk Lange, Florian Bergann und Lagermeister Markus Klemz die Halle für die neue Winterbraugerste vor, die auf 170 Hektar heranwächst. Sie ist für die Brauerei in Radeberg bestimmt.
Braugerstenqualität im Fokus: Proteingehalt und Lagerung
Ronny Kaczmarek ist optimistisch, dass die Braugerstenqualität wie in den ersten beiden Anbaujahren erreicht wird. Im vergangenen Jahr reichte der Vollgerstenanteil nicht aus, sodass aus der Brau- Futtergerste wurde. Die letzten Tonnen liegen – teils geschrotet – noch in der Halle und werden jetzt umgelagert.
Kaczmarek hofft, dass trotz des üppigen Niederschlags in diesem Jahr der Proteingehalt der Braugerste stimmt, der zwischen neun und zwölf Prozent liegen muss. Er ergibt sich aus der Düngung, sei aber sehr schwer zu steuern, sagt der Pflanzenbauleiter. Mit 90 kg/ha habe die Braugerste weniger bekommen als die 40 ha Futtergerste, aber der Regen könnte den im Boden gebundenen Stickstoff gelöst haben, sodass es trotzdem zu viel ist.
Weizen, Raps, Gerste und mehr: Gute Ernteaussichten trotz widriger Witterungsbedingungen
Am Nachmittag steht noch ein Termin beim Saatguthersteller an, der seine Zweifel bezüglich einer Sorte klären soll: Kaczmarek ist aufgefallen, dass sich die Gerste auf einem Schlag unterschiedlich entwickelt hat.
Rechts von ihm ist nachgebautes, links Z-Saatgut derselben Sorte. Der Vor-Ort-Termin ergibt, dass eine andere Sorte geliefert wurde als die, die ausgewiesen war. Fehler passieren überall, gut, wenn man rechtzeitig drüber stolpert.
Insgesamt sehen die Fürstenwalder einer guten Ernte entgegen – trotz Schlagregen und Wind vor zwei Wochen, der einen Maisschlag geschädigt hat. Der Weizen (300 ha) stehe gut, werde normal abreifen und hatte in der Kornfüllungsphase optimales Wetter.
„Vielleicht können wir da an der Acht-Tonnen-Marke kratzen“, sagt der Pflanzenbauleiter. Beim Raps, der auf 150 Hektar wächst, könnten es 3,5 Tonnen pro Hektar werden, bei der Gerste vielleicht 7 Tonnen pro Hektar. Auch Dinkel, Sonnenblumen, Durum, Roggen, Hafer, Sommererbsen und Hanf gedeihen gut. Der Hanf könnte zwar 20 Centimeter höher sein, wenn es wärmer wäre – aber das sind Klagen auf hohem Niveau.
Schlauchlagerung: Effiziente und sichere Getreidelagerung
Bis auf die Braugerste, an deren Lagerung besondere Anforderungen wegen der Keimfähigkeit gestellt werden, lagern die Fürstenwalder ihre Ernte in Schläuchen. Ronny Kaczmarek macht damit seit zehn Jahren gute Erfahrungen.
Die Schläuche – der längste ist 90 Meter – müssen auf glattem, festem Untergrund liegen. 3,5–4 Tonnen Getreide pro Meter können so gelagert werden, es gibt Maschinen zum Ein- und Auslagern. Den größten Vorteil sieht Kaczmarek darin, dass keine Schädlinge in den luftdicht abgeschlossenen Schlauch kommen. Da die Fürstenwalder ihr Getreide direkt an Mühlen wie die in Müllrose liefern, müssen sie flexibel sein, auch in diesem Punkt seien die Schläuche hilfreich. In fünf Wochen werden wir uns das sicher ansehen können.
Agroforststreifen und neue DLW-Partei treiben aus und gedeihen
Während Ronny Kaczmarek noch einen Abstecher zu den Agroforststreifen macht – die Pappelstecklinge sind tatsächlich angewachsen und haben ausgetrieben –, wartet Geschäftsführer Benjamin Meise im Büro auf den Zoll, der sich für eine Prüfung angemeldet hat, die „ohne Probleme“ ablaufen wird, wie Meise am Folgetag erzählt.
In den vergangenen Wochen hat er viel Zeit in die Politik investiert. Die Wählergruppe „Bauern-Jäger-Angler“ zieht zwar diesmal ohne ihn in den Kreistag Oder-Spree, aber „es ist gut, wenn es Fluktuation in den Gremien gibt. Das kann neue Impulse setzen“, sagt Meise. „Außerdem wird die für uns wichtige Politik in Berlin und Brüssel gemacht. Die frei werdende Zeit werde ich hierfür einsetzen“, sagt er und hat schon mal mit anderen Landwirten eine neue Partei gegründet.
Die nennt sich Deutsch-Land-Wirtschaft, kurz DLW, und will bereits zu den Landtagswahlen am 22. September antreten. Gerade schreibe er am Wahlprogramm, sagt Meise, der von den anderen Gründungsmitgliedern, u. a. Peter Schollbach und Thomas Essig vom „Land schafft Verbindung Brandenburg e. V.“, zum Vorsitzenden gewählt wurde. Die DLW verstehe sich dennoch als Bundespartei.
„Wir stehen ein für Frieden, einen ideologiefreien Naturschutz, einen gerechteren Sozialstaat, maßvollere Migration und mehr direkte Demokratie“, fasst Meise zusammen. Und natürlich sollen die Interessen der Landwirte und des ländlichen Raums besser vertreten werden. Und damit kann auch die Gründung einer neuen Partei ein Stück Agrarpraxis sein.
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