Milchhof Buchholz/agrafrisch

Von 27 auf 34,5 Liter: Wie zwei Landwirte die Milchleistung ihrer Kühe steigern

Den Betriebszweig, der für agrafrisch mehr und mehr zur Last geworden war, sehen Anna de Boer und Benedikt Kraus als Chance, ihr Ding zu machen: Milch. © Heike Mildner

Mit Mut und Milch: Anna de Boer und Benedikt Kraus, zwei junge Landwirte, haben sich in Brandenburg den Traum vom eigenen Betrieb erfüllt und die Milchproduktion von agrafrisch übernommen. Eine Erfolgsgeschichte aus der Brandenburger Landwirtschaft:

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Es sei so still in den Ställen, ob denn die Kühe nicht mehr da seien, wurde in Buchholz gemunkelt. Wer sich mit Kühen auskennt, weiß, dass das ein gutes Zeichen ist. Routine, Gelassenheit, jeden Tag dieselben Abläufe: Kühe lieben das, auch die Buchholzer. Und seit Anna de Boer und Benedikt Kraus am 1. Mai 2024 die Verantwortung für die Kühe übernommen haben, wird es immer ruhiger, obwohl die Anzahl der Tiere seitdem von 380 auf 570 gestiegen ist. Ende dieses Jahres sollen es 650 sein.

Zufriedene Tiere in den Ställen, die Anna de Boer und Benedikt Kraus von agrafrisch gepachtet haben.
Zufriedene Tiere in den Ställen, die Anna de Boer und Benedikt Kraus von agrafrisch gepachtet haben. © Heike Mildner

Milch als Chance: Junglandwirte übernehmen Betriebszweig

„Wir machen das, was wir uns aus der eigenen Liquidität heraus leisten können“, sind sich Benedikt Kraus und Anna de Boer vom Milchhof Buchholz einig. Ihr Ziel: ein eigener, stabiler Milchviehbetrieb mit einem starken Team und zufriedenen Tieren. Diesen Traum wollen sie gemeinsam umsetzen.

Den Betriebszweig, der für agrafrisch mehr und mehr zur Last geworden war, sehen sie als Chance, ihr Ding zu machen: Milch.
Rund 25 Betriebe hatten sich die beiden Junglandwirte angesehen, bevor diese Chance greifbar wurde. Oft stimmte es vom Budget her nicht, mitunter habe es auch Vorurteile gegeben von wegen: Holländerin und reicher Bayer. Armer Osten, möchte man meinen, denn Bayer ist das Einzige, was stimmt.

Flächenknappheit in Bayern – eine Chance in Brandenburg

Benedikt Kraus stammt aus einer Landwirtsfamilie in Uffing am Staffelsee im oberbayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen. 130 Milchkühe, 70 Hektar Grünland, Biogasanlage, der 28-Jährige zwar der älteste Sohn, aber mit einem jungen Vater. Benedikt lernte Landwirtschaft, machte in Weilheim seinen Meister und wollte dann sein Glück im Osten machen. „Die Wachstumschancen bei uns in der Region sind fast Null, weil es kaum Fläche gibt, aber sehr viele Milchviehhalter. Also riet man mir: Einfachmal weg von zu Hause und schauen, was woanders möglich ist.“

In den Agrarbetrieben Schliebener Land leitete Benedikt Kraus eine 1930-er-Anlage. Dort lernte er die Herdenmanagerin Anna de Boer kennen – und sie ihn. Anna, vor 25 Jahren in Brandenburg geboren, ist auf einem Familienbetrieb in Goßmar bei Luckau aufgewachsen: 180 melkende Kühe, drei Melkroboter und vier Geschwister, davon drei mit landwirtschaftlicher Orientierung. Anna machte eine duale Ausbildung, studierte Agrarmanagement in Dresden, ihr Studien-Praxispartner und späterer Arbeitgeber: die Schliebener Agrarbetriebe. Statt den beiden jungen Leuten Steine auf den Weg in die angestrebte Selbstständigkeit zu legen, standen ihnen ihre Schliebener Chefs Dr. Christina Münch und Björn Förster beratend zur Seite. Und die Meise-Brüder schienen geradezu auf sie gewartet zu haben.

Vom ersten Besuch zum Pachtvertrag: Hofübernahme in 14 Tagen

„Am 15. April waren wir das erste Mal in Buchholz“, erinnert sich Benedikt. 25 Verträge und 14 Tage später übernahmen sie die Verantwortung für die Tiere, Verbindlichkeiten und den ersten Luzerneschnitt. „Die Hofstelle haben wir gepachtet, Tiere und Technik gekauft“, berichtet Benedikt.

Da in Buchholz gerade keine Wohnung frei war, stellten sie einen Wohnwagen in Nachbarschaft zu den Ställen auf – und gewöhnten sich schnell an das vertraute Gefühl. Seit Oktober haben sie eine Wohnung im Ort, aber eigentlich möchten sie am liebsten auf der Hofstelle wohnen, so, wie sie es jeweils von zu Hause kennen.

Die Kälber fühlen sich wohl draußen.
Die Kälber fühlen sich wohl draußen. © Heike Mildner

Mehr Milch, mehr Kühe, mehr Erfolg

Vom ersten Tag an wandten sich die beiden Milchspezialisten den Hauptproblemen zu: zu viel Personal, zu wenig Routinen. Die durchschnittliche Tagesmilchleistung lag bei 27 l pro Kuh, Futterrationen, Fruchtbarkeitsmanagement und Kälbergesundheit waren verbesserungswürdig.

Heute arbeiten fünf festangestellte Mitarbeiter und eine Teilzeitkraft auf dem Milchhof Buchholz. Es sei schwer, Gewohnheiten abzustellen und daher besser, einen Neuanfang mit neuen Leuten zu wagen, ist Benedikt Kraus überzeugt. Die beiden Azubis wurden übernommen. Und natürlich arbeiten die beiden Chefs selbst mit. Er: Futterrationen anpassen, füttern, Feldarbeit, Reparaturen an der Technik etc. Sie: Herdenmanagement, Kälbergesundheit, Büroarbeit. Das Fruchtbarkeitsmanagement habe die Firma Alta übernommen, die Besamung, Trächtigkeitsuntersuchung etc. selbstständig erledigt. Hat sich doch für die beiden am 11.11. mit Lorenz ein weiteres und wesentliches Betätigungsfeld aufgetan. Der Junge wird auf einem Milchviehhof groß wie seine Eltern, auch schon mal zwischen Computer und Aktenablage gewindelt und gibt mitunter „dufte“ Kommentare zum Bürokratieabbau.

Lorenz wird schon mal fix im Büro gewickelt. Schläft er, geht´s wieder an die Arbeit.
Lorenz wird schon mal fix im Büro gewickelt. Schläft er, geht´s wieder an die Arbeit. © Heike Mildner

Hohe Milchleistung trotz Blauzungenimpfung

Mittlerweile liegt die Milchleistung der Kühe vom Milchhof Buchholz bei 34,5 l/Tag. Die beiden haben ihre Tiere gegen Blauzunge impfen lassen. Die Milchmenge sei nicht zurückgegangen, sagt Anna de Boer. Nun hoffen sie, wie alle Tierhalter in Brandenburg, dass die Maul- und Klauenseuche (MKS) keine größeren Kreise zieht. Vorsorglich wurde auf dem Milchhof Buchholz die SeuchenwAnna aus DDR-Zeit mit einem Gemisch aus Wasser und Desinfektionsmittel gefüllt.

Aber beinahe ebenso groß wie die MKS-Befürchtungen waren anfangs die, die mit der Entscheidung für Buchholz einher gingen: Was, wenn die Zusammenarbeit mit agrafrisch nicht funktioniert? Die konnten inzwischen ausgeräumt werden. Nach acht Monaten kann man wohl getrost von einer stabilen Win-Win-Situation sprechen.

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Milch-Entsorgung, Transportverbote und Kontrollen: Wer kommt für die seit dem MKS-Ausbruch in Brandenburg geltenden Sofortmaßnahmen und damit verbundenen hohen Kosten auf? © tanapon/stock.adobe.com