Bedrohte Schweine-Rasse: agra-Premiere der Leicoma-Schweine
Die Raunitzer Agrar GmbH aus Gimritz in Sachsen-Anhalt war erstmals auf der agra in Leipzig und präsentierte nicht nur die Leicoma-Schwein-Produkte, sondern auch ihre selbst gezüchteten Tiere. Wir blicken auch auf die zweijährige Praxis-Partnerschaft mit der Bauernzeitung.
Von Detlef Finger
Ein flammendes Plädoyer für das Leicoma-Schwein und dessen besondere Fleischqualität hielt Wouter Uwland gleich dreimal auf der agra 2024 in Leipzig: Dort standen jeweils knapp einstündige Auftritte des Züchters auf dem Programm der Landwirtschaftsausstellung für Mitteldeutschland.
An der kleinen Bühne inmitten des agra-Marktplatzes in Halle 2 informierte der Unternehmer aus Gimritz bei Halle im sachsen-anhaltischen Saalekreis über den Werdegang der im Bestand stark bedrohten DDR-Schweinerasse und seine Bemühungen, deren Population auch für künftige Generationen zu erhalten.
Letzteres funktioniere nur über eine wirtschaftlich tragfähige Nutzung, sprich: „Erhalten durch Aufessen“, stellte Uwland klar. Er verhehlte auch nicht, dass mit einem raren Produkt bessere Preise zu erzielen sind. „Iss mich, liebe mich, rette mich!“ war denn auch sein Part überschrieben, den er zusammen mit Magdalene und Wolfgang Grabitz bestritt.
Das Ehepaar aus Paderborn im Osten Nordrhein-Westfalens, das sich mit Kochshows, Seminaren sowie als Autor von Kochbüchern, insbesondere für Wildfleisch, einen Namen gemacht hat, zauberte im kleinen Kochstudio auf der Bühne aus Nackenstücken von Uwlands Leicoma-Schweinen schmackhafte Probierhappen. Währenddessen informierte der Tierhalter das Publikum über die Rasse, die Qualität ihres Fleisches und seinen Zuchtbetrieb, die Raunitzer Agrar GmbH.
Unsere Top-Themen
• Baumschulengärtner Florian Wolf
• Samenernte mit Bürsten
• Technik für Gülle und Mist
• Märkte und Preise
Leicoma-Zucht bei der Raunitzer Agrar GmbH
Das in den 1970er-Jahren in der DDR gezüchtete Leicoma setzt sich genetisch aus Deutscher und Niederländischer Landrasse, Duroc, Estnischem Bacon und Deutschem Sattelschwein zusammen. Von rund 4.000 Herdbuchsauen zur Wende waren 2018 gerade noch 20 in einem Zuchtbetrieb bei Zerbst übriggeblieben. Sechs davon übernahm Uwland.
Über tiefgefrorenes Ebersperma, das im Rahmen eines Programms des Landes Sachsen-Anhalt als Genreserve gewonnen worden war, wurde die Rasse wiederbelebt. Uwland hat seinen Betrieb inzwischen vollständig darauf umgestellt, er hält derzeit rund 250 Sauen, etwa die Hälfte sind Herdbuchtiere. Das beim Hybridschweinezuchtverband Nord-Ost für ganz Deutschland geführte Zuchtbuch für das Leicoma weist zu etwa 95 % Sauen von Uwland aus, der die Rasse aktuell als bundesweit Einziger im Haupterwerb bewirtschaftet.
Fleisch vom Leicoma-Schwein – Fett als Geschmacksträger
Das tiefrote Fleisch der Tiere hat einen intramuskulären Fettgehalt von 1,7–1,8 % und damit einen der höchsten unter den Schweinerassen. Eventkoch Grabitz ergänzte hierzu, dass beim Fleisch drei Arten von Fett unterschieden werden:
- subkutanes Fett, also jenes unter der Haut (der Speck), intramuskuläres, sichtbares Fett zwischen den Muskeln wie beim Leicoma
- intermuskuläres Fett im Muskelfleisch, wie es zum Beispiel beim Wagyu-Rind besonders geschätzt werde.
- Intra- bzw. intermuskulärem Fett komme als Geschmacksträger besondere Bedeutung zu.
Davon konnten sich jene Zuhörer vor Ort überzeugen, die einige der mit Semmelmehl panierten und in Öl gebackenen Schweinefleischhäppchen probieren durften.
Hofladen-Produkte von Caroliene Uwland auf der agra 2024
Wurstwaren und weitere Produkte vom Leicoma gab es nebenan am Stand des Hofladens von Caroliene Uwland. Die Ehefrau des Züchters war mit ihrer Direktvermarktung erstmals auf der agra präsent.
Und auch die Schweine selbst waren zu sehen, denn Wouter Uwland stellte in Halle 5 eine Leicoma-Sau mit sieben Ferkeln aus. Das knapp zwei Jahre alte Muttertier brachte 250 kg auf die Waage. Die Schlachtschweine aus Gimritz erreichen mit einem Alter von neun bis zehn Monaten Lebendgewichte von 170–180 kg, was Schlachtgewichten von 120–130 kg entspricht. Die Tiere werden in regionalen Fleischereien zu Fleisch und Wurstwaren für die Direktvermarktung verarbeitet.
Praxispartner-Abschied von der Raunitzer Agrar GmbH
Mit der agra 2024 endete auch die zweijährige Praxispartnerschaft der Bauernzeitung mit der Raunitzer Agrar GmbH. Seit dem Frühjahr 2022 begleiteten wir die Uwlands und berichteten u. a. über Zucht, Haltung, Schlachtung und Vermarktung der Schweine, aber auch Tierwohl, Biosicherheit, Fleischverarbeitung und vieles mehr.
Vom unternehmerischen Engagement und Ideenreichtum des Paares zeugen z. B. Artikel über Beteiligungen an Wettbewerben wie dem CeresAward, bei dem Uwland 2022 unter den drei Finalisten in der Kategorie Schweinehaltung war, der Landes-Tierschutzpreis für artgerechte Nutztierhaltung, die Kulinarischen Sterne Sachsen-Anhalts oder der Regionalvermarkterpreis 2023, ferner Teilnahmen an Märkten und Messen wie der Grünen Woche oder nunmehr der agra.
Praxis-Partnerschaft: Betrieb und Hofladen bekannter
„Die Praxispartnerschaft hat dazu beigetragen, Betrieb und Hofladen bekannter zu machen“, freuen sich die beiden. Seither würden sie sogar direkt von Menschen auf die Berichterstattung angesprochen.
Auch ihre Kinder Jildau und Seine fanden sich, ebenso wie Mitarbeiterinnen und Geschäftspartner in so manchem Beitrag wieder. Die Uwlands waren der sechste Praxispartner der Bauernzeitung in Sachsen-Anhalt seit 2012. Am zweijährigen Wechsel zu einem neuen Betrieb soll festgehalten werden, wenngleich das Abschiednehmen auch diesmal schwerfällt. Längst ist durch die regelmäßigen Besuche bei Wouter und Caroliene Uwland in Gimritz ein freundschaftliches Miteinander entstanden. So gibt es auch das gegenseitige Versprechen, in Zukunft weiter in engem Kontakt zu bleiben.
Wer wird der nächste Praxispartner in Sachsen-Anhalt sein?
Zur Frage, wohin die Reise beim Praxispartner in Sachsen-Anhalt demnächst führt, sei erst einmal nur so viel verraten: Es wird erneut ein Familienbetrieb sein, allerdings mit einer gänzlich anderen, bislang an dieser Stelle noch nicht vertretenen Produktionsausrichtung. Geografisch bleiben wir im Saalekreis, doch es geht noch weiter in den Süden des Landes. Lassen Sie sich überraschen.
Fachliche Qualität – jetzt digital mit dem gratis Upgrade!
Sie sind bereits Abonnent:in der gedruckten Bauernzeitung und möchten die aktuelle Ausgabe zusätzlich auf Ihrem Smartphone, Tablet oder in der Browseransicht lesen? Erweitern Sie einfach Ihr Abonnement:
- Jetzt ein Jahr kostenlos upgraden
- Zuverlässig donnerstags lesen
- Offline-Modus: E-Paper auch ohne Internetzugang lesen
- Lesemodus nutzen, Artikel speichern, Suchfunktion
- Zugriff auf das Ausgaben-Archiv
Die Bauernzeitung jetzt digital lesen – immer und überall!