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Landwirtschaftsbetrieb Schröter: Züchter mit Herz und klarer Philosophie

Engagierter Züchter: Jörg Schröter präsentiert eine Schaukuh im Vorführring. (c) Detlef Finger
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Jörg Schröter vom Landwirtschaftsbetrieb Schröter, Tilleda, sorgt sich um die verschwindende Vielfalt in der Rinderzucht. Seiner Meinung nach sollte das Tempo aus der Zucht genommen werden und auch andere Parameter, als nur die gängigen Zuchtwerte berücksichtigt werden.

Von Detlef Finger

Spricht man mit Jörg Schröter über Zucht, dann bemerkt man sehr schnell, dass eine richtige Zuchtphilosophie hohe Bedeutung für den begeisterten Rinderzüchter hat. Wer aber glaubt, man könnte ihn in eine bestimmte Schublade stecken, der irrt gewaltig.

Immer weniger vielfalt

Den meisten dürfte der Landwirtschaftsbetrieb Schröter durch seine vielen Schauerfolge bekannt sein. Viele wissen jedoch nicht, dass aus Tilleda mit Dotch (Dotson + Elegant) eine ehemalige Nummer Eins der deutschen Rangliste der schwarzbunten Holsteinbullen kam. Mit Lighton (Lightning + Bolton) und Vegas (Van Gogh + Cassano) kamen zwei weitere populäre Bullen aus der Zuchtstätte am Kyffhäuser.

Inzwischen gibt es, wie bei so vielen anderen Züchtern auch, kaum noch Anfragen von Stationen. Das stört Schröter weniger als vielmehr die Frage, ob die Zucht aktuell in den richtigen Bahnen läuft. „Man hat immer mehr den Eindruck, dass die heutigen Vermarktungsunternehmen in ihrer eigenen Realität leben“, sagt der Betriebsleiter. „Es gibt immer weniger Vielfalt in den Bullenjahrgängen. Und das Ziel, durch gute Zuchtbullen die Qualität der Population zu verbessern, ist der Jagd nach dem Nummer-Eins-Bullen gewichen. Das ist höher, schneller, weiter, hat aber aus meiner Sicht mit Rinderzucht nur noch wenig zu tun.“

Sohn Pascal ist ebenfalls mit viel Leidenschaft dabei.
Sohn Pascal ist ebenfalls mit viel Leidenschaft dabei. (c) Detlef Finger

Tempo aus der Zucht nehmen

Die Emotionen in den Worten des 52-jährigen Landwirtes lassen erkennen, dass ihm dieses Thema alles andere als gleichgültig ist. „Bullen kommen und gehen. Von vielen hochgepriesenen genomischen Jungbullen hört man allerdings, wenn ihre Töchter kommen, nichts Gutes mehr und sie verschwinden wieder – aber kein Problem, denn sie haben ja ihr Geld verdient“, sagt Jörg Schröter mit einem Hauch Sarkasmus.

Auch die zunehmende Zahl von hohen weiblichen Zuchtwerttieren im Besitz der Zuchtunternehmen betrachtet er mit einer gehörigen Portion Skepsis. „Zucht hat immer von Vielfalt gelebt, von vielen begeisterten Züchtern mit tollen Ideen und großem Können. Diese Zeiten sind vorbei, die Landwirte sind weltweit aus dem Rennen genommen worden“, betont der 52-Jährige.

Auch erscheint ihm das Tempo in der Zucht als nicht förderlich. „Wenn man als Landwirt erfolgreich mit Kühen arbeiten will, dann heißt das Zauberwort Kontinuität – und zwar in allen Bereichen.“ Eine Zuchtidee müsse eine längere Lebensdauer haben als nur ein Geschäftsjahr. In der Zuchtwertschätzung würden aber mittlerweile im jährlichen Rhythmus die Formeln verändert und angepasst. „Das kann nicht zielführend sein“, sagt Schröter und fährt fort: „Wenn ich auf die jüngsten Bullenjahrgänge schaue, dann sehe ich steile Beine, ansteigende Becken, kurze Striche und wenig Kraft in den Exterieurprofilen. Ich kenne keinen Milchbauern, der darauf Lust hat.“

Selektion in TilleDA erst nach abkalbung

Wer nun denkt, aus Schröter spricht ein Gegner der genomischen Selektion, der liegt falsch. „Dass wir uns recht verstehen: Ich erkenne sehr wohl, welche positiven Entwicklungen mit diesem Verfahren möglich sind. Es geht aber nicht um das Verfahren an sich, es geht um dessen Anwendung. Genomische Zahlen können ein wertvolles Hilfsmittel in der Zucht sein, aber sie werden zu Heiligtümern hochstilisiert!“

Über das Projekt „KuhVision“ werden auch in Tilleda alle Jungrinder genomisch getestet. Als Selektionsgrundlage dienen die Ergebnisse indes nur bedingt. Es ist vielmehr eine zusätzliche Information für den Tierhalter. „Wir starten mit der Selektion – bis auf wenige Ausnahmen – erst, wenn die Kühe abgekalbt haben. Dann zeigt sich, welche Tiere wirklich das Zeug haben, die Herde besser zu machen.“ Und das seien beileibe nicht immer die Tiere mit den höchsten Zuchtwerten. Schröter: „Ich habe genug Kühe mit unterdurchschnittlichen Leistungszuchtwerten, die aber zur Leistungsspitze im Stall zählen. Aber ich denke, wenn die Väterfolge zu alt ist, dann kann das System es nicht erkennen.“

Ein eingespieltes Team sind der Betriebsleiter und sein ältester Sohn auch im Arbeitsalltag auf dem Hof in Tilleda.
Ein eingespieltes Team sind der Betriebsleiter und sein ältester Sohn auch im Arbeitsalltag auf dem Hof in Tilleda. (c) Detlef Finger

Landwirtschaftsbetrieb Schröter: Anatomisch korrekte kühe

Bei der Bullenauswahl und der Intensität des Einsatzes wird deutlich zwischen genomischen und töchtergeprüften Bullen unterschieden. Die jungen Vererber werden dabei deutlich breiter gefächert. „Hier streuen wir bewusst das Risiko und setzen diese Bullen nur in kleineren Mengen ein. Sticht ein Bulle mit seinen Jungrindern heraus, dann setzen wir ihn durchaus schon ein zweites Mal ein, bevor die Nachkommen in Milch sind. Die Regel ist das aber nicht“, betont der Züchter.

Landwirtschaftsbetrieb Schröter
(c) Detlef Finger

Bei den töchtergeprüften Bullen würden dann weniger Bullen deutlich intensiver genutzt. „Dabei ist aber nicht der RZG das Hauptkriterium. Wir orientieren uns ganz klar auch an den nordamerikanischen Zuchtwerten. Wichtig ist für uns, dass die Bullen die Fähigkeiten besitzen, anatomisch korrekt zusammengebaute Kühe hinterlassen zu können. Das ist aus unserer Sicht die Grundlage für eine erfolgreiche Milchproduktion.“ Die mittlere Herdenleistung von stabil über 12.000 kg je Kuh und Jahr unterstreicht die Praktikabilität dieser Strategie.

Aber noch ein Punkt hat ein großes Gewicht im strategischen Denken des leidenschaftlichen Züchters aus dem Südharz. „Die Kuhfamilie ist und bleibt ein bedeutender Eckpfeiler einer erfolgreichen Zucht. Jeder hat diese Beispiele im eigenen Stall und im Konzert der Großen setzen sich am Ende die Bullen aus den starken und tiefen Kuhfamilien durch. Weiße Pedigrees, also Abstammungen ohne erbrachte Leistungen auf Mutter- und Großmutterseite, haben noch niemandem geholfen. Es blutet einem das Herz, wenn man weiß, welch herausragende Kühe heute nicht genutzt werden, nur weil ihre Zuchtwerte nicht ganz mit den getunten Jungrindern mithalten können.“ Die Bereitschaft der Züchter, solche Bullen aus starken Kuhfamilien auch mit geringen Indexzahlen zu nutzen, sei da, schätzt Jörg Schröter ein. „Bleibt die Frage, wann die Stationen so weit sind, spezielle Qualitäten wieder einem Mainstream-Gedanken gleichzustellen.“


Das Ortschild von Tilleda im Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt.

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