Apfelmark und Likör aus Querfurt: Einblicke in die Produktion vom Obsthof Müller
Bei unserem Praxispartner in Sachsen-Anhalt gibt es auch im Winter außerhalb der Erntezeit viel zu tun. Ob Apfelmark- und Likör-Herstellung, Obstbaumschnitt oder Besuch der Grünen Woche: Neues vom Obsthof Müller in Querfurt:
Am Vormittag des 23. Januars war auf dem Obsthof in Querfurt für einen Teil der Belegschaft „Innendienst“ angesagt. Es galt, einige der in der Müllerschen Manufaktur aus Obst selbst hergestellten Leckereien ins Glas bzw. in die Flasche zu bringen. Thomas Kramer etwa füllte in der Brennerei mit dem Dosierautomaten Apfelmark ab. Das für Flüssigkeiten universell einsetzbare Gerät zieht das goldgelbe, cremige Apfelmark aus einem 1.000-Liter-Edelstahlkessel über einen Schlauch an und lässt genau 520 g des Breis in jedes der von Kramer auf der Drehscheibe hintereinander aufgereihten Gläser laufen. Mit der kleinen Mengenzugabe wird sichergestellt, dass die später auf dem Etikett verzeichnete Füllmenge von 500 g stets eingehalten wird.
Natürliche Süße und Vitamin C: Das Besondere am Apfelmark vom Obsthof Müller
Mit gekonntem Handgriff dreht der 54-jährige Mitarbeiter hiernach die Schraubdeckel auf die Gläser und packt schließlich jeweils zwölf davon in kleine Kunststoffkisten. Genau 27 dieser Plastikstiegen passen in den Wannenpasteur, in dem das Apfelmark vom Obsthof Müller anschließend eine halbe Stunde lang bei ca. 80 °C Kerntemperatur im Glas eingekocht wird. Den Pasteur – vom Prinzip her ein großes, mehrwandiges Kochgefäß aus Edelstahl – hat Betriebsleiter Alexander Müller aus vorhandener Technik seiner Kelterei selbst konstruiert.
Müller betont, dass es sich um Apfelmark handelt. Dieses wird aus dem naturbelassenen, passierten Fruchtfleisch eigener Äpfel (ohne Schale und Kerne) hergestellt und kommt mit der fruchteigenen Süße aus. Apfelmus enthält dagegen üblicherweise noch Zuckerzusätze. Das einzige, was dem damit kalorienärmeren und geschmacklich unverfälschten Apfelmark vom Obsthof Müller zugegeben wird, ist ein wenig Ascorbinsäure. Hinter der chemischen Bezeichnung für Vitamin C verbirgt sich ein natürliches Antioxidationsmittel. „Das wirkt der Verbräunung des Apfelmarks durch den Luftsauerstoff entgegen und verbessert die Haltbarkeit des Produkts“, erklärt Müller. Anschließend wurde noch eine Charge Apfel-Aprikosen-Mark aus dem Mark beider Obstarten hergestellt, die zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr reifen. Für eine gute Durchmischung im Kessel und eine einheitliche Konsistenz sorgt ein Rührwerk.
Likör-Herstellung: Handwerkskunst und Tradition
Derweil kümmerte sich Mitarbeiterin Yvonne Jaksteit im gleichen Raum um das Abfüllen des Schwarze-Johannisbeere-Likörs in langhalsige Flaschen mit jeweils 0,35 l Fassungsvermögen. Auch ihr assistiert dabei ein Abfüllautomat. Die 44-Jährige versieht jede einzelne Flasche noch mit einem Etikett, bevor sie diese mit Holzgriffkorken verstöpselt und mit einer Schrumpfhaube aus transparenter Kunststofffolie versiegelt.
„Unsere Liköre sollen Alkoholgehalte von 16 bis 20 Volumenprozent haben“, erklärt die studierte Umwelttechnikerin. Mittels Probedestillation ermittelt Jaksteit den Alkoholgehalt
jeder Charge. Der wird dann auf den Etiketten vermerkt, bevor diese ausgedruckt werden. Der hausgemachte Schwarze-Johannisbeere-Likör von diesem Tag hatte einen Alkoholgehalt von 17,5 % vol. Zulässig sei eine Abweichung von ± 0,3 % vol, sagt Jaksteit, die sich ihr Wissen zur Likörherstellung durch Selbststudium und Learning-by-Doing angeeignet hat.
Liköre für jede Jahreszeit
Hergestellt werden die Liköre auf dem Müllerschen Obsthof durch das traditionelle Verfahren der Mazeration. Dazu werden die Früchte für mehrere Stunden in Neutralalkohol eingelegt (lat.: macerare – einweichen), um die in ihnen enthaltenen Aromen herauszuziehen. Der Neutralalkohol stammt aus der eigenen Brennerei. Mittels Zugabe von Invertzuckersirup werden Süße und Stärke des Likörs reguliert. „Der Geschmack unserer Liköre kann von Jahr zu Jahr variieren, schließlich sind die Früchte Naturprodukte“, erklärt Jaksteit. Je nach Jahreszeit werden auch Spezialitäten produziert, etwa Birne-Ingwer-Likör für die Adventszeit oder mit dem Aroma von Holunderblüten verfeinerte Liköre in der Sommerzeit.
Korrekturschnitt in der Obstplantage: Handarbeit für optimale Erträge
In der Obstplantage steht in Teilen noch der Korrekturschnitt an den Bäumen an. Das Grobe hat Alexander Müller mit dem maschinellen Winterschnitt bei den Apfelbäumen bereits erledigt. Hiernach gilt es, jeden einzelnen Baum zu begutachten und dessen Wuchs mittels Schere per Hand noch zusätzlich zu korrigieren. Dies geschieht abhängig von Sorte und Alter sowie Knospenbesatz der Obstbäume.
Baumschnitt und Frostschutz: Herausforderungen und Lösungen
Von einem Weiterbildungsseminar in Rheinland-Pfalz, auf dem er sich auch mit Berufskollegen intensiv austauschte, brachte Müller neue Erkenntnisse zum Baumschnitt mit, die ihn nun gedanklich umtreiben. Ein zeitiger Schnitt unterstützt die Differenzierung in Blatt- und Blütenknospen. Folgt auf die beabsichtigte Reduzierung der Knospenanzahl je Baum im Frühling allerdings ein Spätfrost wie im Vorjahr, könnten zahlreiche Blüten erfrieren und von den verbliebenen auch nicht alle befruchtet werden, sodass der Fruchtbehang letztlich zu gering ausfällt.
Um aber einen zu hohen Blütenbesatz an den Bäumen durch Schnitt auszudünnen, nachdem die Frostgefahr vorbei ist, braucht es wiederum eine hohe personelle Schlagkraft, weiß Müller. Und das zu einer Zeit, in der weitere Pflegearbeiten in der Plantage anstehen. Mithin werde er sich wohl auch mit anderen Möglichkeiten des Frostschutzes beschäftigen müssen, blickt er auf das extreme Spätfrostereignis von Ende April 2024 zurück.
Grüne Woche in Berlin: Der Obsthof Müller präsentiert seine Produkte
Am 30. Januar war Alexander Müller zusammen mit seiner Ehefrau Monique auf dem traditionellen Länderabend Sachsen-Anhalts auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin. In der Halle 23 b sorgten die beiden auf Nachfrage der Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt (AMG) mit dem Ausschank von Spirituosen aus eigener Herstellung zusammen mit weiteren heimischen Produzenten von Nahrungs- und Genussmitteln für das leibliche Wohl der Gäste.
Unsere Top-Themen
• Startup-Days auf der IGW
• Sonnenblumen im Sortentest
• Robotik: Ab aufs Feld!
• Märkte und Preise
Fachliche Qualität – jetzt digital mit dem gratis Upgrade!
Sie sind bereits Abonnent:in der gedruckten Bauernzeitung und möchten die aktuelle Ausgabe zusätzlich auf Ihrem Smartphone, Tablet oder in der Browseransicht lesen? Erweitern Sie einfach Ihr Abonnement:
- Jetzt ein Jahr kostenlos upgraden
- Zuverlässig donnerstags lesen
- Offline-Modus: E-Paper auch ohne Internetzugang lesen
- Lesemodus nutzen, Artikel speichern, Suchfunktion
- Zugriff auf das Ausgaben-Archiv
Die Bauernzeitung jetzt digital lesen – immer und überall!