Obsthof Müller in Querfurt: Trotz Frostschäden – so viele Kirschen gibt es 2024
Die Frostschäden verursachen Millionen-Verluste für Obsterzeuger. Der Obsthof Müller aus Querfurt gehört zu den wenigen Obstbauern, die auf eine halbwegs vernünftige Kirschen-Ernte 2024 hoffen können. Zu Besuch beim Praxispartner in Sachsen-Anhalt:
Von Detlef Finger
Gleichwohl es relativ früh im Juni die ersten Süßkirschen aus heimischem Anbau gab, ist die Erntesaison hierzulande seit dem 20. Juni auch offiziell eröffnet. Den Start vollzog, einer langen Tradition folgend, der Obstbauverband Sachsen & Sachsen-Anhalt. Gastgeber der Presseveranstaltung, die von der Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt (AMG) mit Mitteln des Magdeburger Agrarministeriums unterstützt wurde, war in diesem Jahr der Obsthof Müller in Querfurt.
Ernte offiziell gestartet: Süß- und Sauerkirschen sind wichtige Baumobstkulturen
Betriebsinhaber Alexander Müller und seine Berufskollegen um den Verbandsvorsitzenden Jörg Geithel konnten zu diesem Event neben zahlreichen Medienvertretern auch Landwirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) sowie mit Elrid Pasbrig und Kathrin Tarricone die Agrarsprecherinnen der Landtagsfraktionen von SPD und FDP begrüßen.
Informationen zur Kirschsaison 2024 hielt hiernach die Vorsitzende der Landesgruppe Sachsen-Anhalt im Obstbauverband, Elisabeth Schwitzky, parat. Sie zeigte auf, dass Süß- und Sauerkirschen bei den Mitgliedern in beiden Bundesländern mit 7,8 % bzw. 8,8 % Anbauanteil die wichtigsten Baumobstkulturen nach dem Apfel (67 %) sind.
Frostschäden verursachen Millionenverluste für Obsterzeuger
Die Erlösausfälle für die sachsen-anhaltischen Obsterzeuger durch die Ende April entstandenen Frostschäden bezifferte Schwitzky auf etwa 20–30 Mio. Euro. Im Namen des Obstbauverbandes forderte sie daher eine staatliche Notstandsbeihilfe für die Obstbaubetriebe sowie künftig eine Förderung der Mehrgefahrenversicherung.
Dem Verband zufolge bedarf es etwa 7 Mio. Euro an finanziellen Hilfen, um den Betrieben über die Runden zu helfen. Die Differenz zu den Erlösausfällen resultierten u. a. aus den geringeren Kosten für Ernte, Lagerung etc.
Selbstversorgungsgrad bei Kirschen niedrig: Verbraucher entscheiden über Fortbestand des regionalen Obstbaus
Darüber hinaus müsse Regionalität honoriert werden, betonte Schwitzky. Hier erzeugte Kirschen hätten den Vorteil kurzer Transportwege, damit auch mehr Frische und Geschmack. Die Wertschöpfung bleibe in der Region, auch trage der Obstbau mit seinen landschaftsprägenden Strukturen zu einer größeren (Kultur-)Artenvielfalt und zu mehr Biodiversität bei.
„Die Kunden entscheiden mit ihrem Einkaufsverhalten über den Fortbestand des regionalen Obstbaus“, machte die Obsterzeugerin aus Höhnstedt deutlich. Dabei liege der Selbstversorgungsgrad z. B. bei Kirschen in Deutschland lediglich bei etwa 22,5 %, in Sachsen-Anhalt sei es gerade einmal die Hälfte dessen (10,8 %).
Die vom Verband erwartete Erntemenge an Süßkirschen bezifferte Schwitzky für Sachsen-Anhalt (einschließlich Nichtmitglieder) auf rund 400 t. Im Vorjahr wurden hier 2.063 t geerntet. Mithin sorgte der Frost für ein Ertragsminus von durchschnittlich 80 %, je nach Standort sind es 75–100 %. Für Deutschland werde eine Ernte von 28.000 t Süßkirschen prognostiziert, nach 32.400 t im Vorjahr.
Obsthof Müller: Ernte von 70% der normalen Süßkirschen-Menge erwartet
Der Obsthof Müller gehört zu den wenigen Ausnahmen unter den Erzeugern in Sachsen-Anhalt, die auf eine halbwegs vernünftige Ernte bei den Süßkirschen hoffen können. Alexander Müller rechnet mit etwa 70 % einer normalen Menge. „Offenbar hat die Heizerei in den Frostnächten bei dieser Kultur etwas gebracht“, blickte er auf den Einsatz von drei stationären und einem mobilen Gasheizgerät in seinen Plantagen zurück.
Die Ernte begann im Betrieb dann so zeitig wie noch nie, so Müller. Bereits am 27. Mai kamen die ersten Früchte der sehr frühen Sorte Earlise von den Bäumen. Seither reifen auf dem Obsthof Müller nach und nach die späteren Süßkirschen. Mehr als ein Dutzend verschiedene Sorten werden auf 6 ha angebaut.
Die betriebliche Ernte wird vorrangig über den eigenen Hofladen in Querfurt vermarktet. Darüber hinaus versorgt Müller Berufskollegen in der Region mit Früchten, damit auch diese ihrer Kundschaft etwas anbieten können. Ein lediglich geringer Teil geht über Märkte und den Handel weg. Die im Obstbauverband organisierten Erzeuger im Haupt- und Nebenerwerb bewirtschaften zusammen 317 ha Süßkirschen. In Sachsen-Anhalt sind es 192 ha, hier wird eine Ernte von 150 t erwartet. Von den 125 ha in Sachsen werden es lediglich 50 t sein, hieß es.
Sauerkirschen: Extrem geringe Erträge aufgrund von Frost
Auch bei den Sauerkirschen, die der Obsthof auf 2 ha Fläche produziert, sind wegen des Frostes nur extrem geringe Erträge zu erwarten. Der Verband rechnet mit 50 t von 318 ha Fläche (-37 ha zum Vorjahr), davon ein Zehntel in Sachsen-Anhalt. So werden 2024 nur wenig Kirschen aus regionaler Produktion im Angebot sein, dann vor allem in Hofläden oder ab Feld. Auch die Möglichkeit der Selbstpflücke in den Betrieben ist daher stark eingeschränkt.
Deutlich gemacht wurde seitens der Erzeuger, dass der Kirschanbau sehr witterungsabhängig ist, weswegen die geschützte Produktion mit Überdachung (Regenschutzfolien) und Einnetzung zunehme. Ein Problem seien die Dumpingpreise für Früchte aus Südeuropa im Lebensmitteleinzelhandel. Dabei sei die Importware teils mit in Deutschland nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln behandelt und weise zudem eine schlechte CO2-Bilanz auf.
Kulinarischer Stern: Auszeichnung für Obsthof Müller
Minister Schulze, der den Querfurter Obsthof im Rahmen seiner Sommertour mit dem Fahrrad ansteuerte, hatte für Alexander und Monique Müller zwei Hofschilder im Gepäck. Diese weisen den Betrieb als Träger je eines Kulinarischen Sterns für zwei eigenerzeugte Produkte aus: Das Apfel-Aprikose-Mark und der Sauerkirsch-Balsam-Essig wurden im Landeswettbewerb in ihren Kategorien als Preisträger ausgezeichnet (Bauernzeitung 24/2024, S. 14).
Landwirtschaftsminister Schulze verspricht Hilfen für Obstbaubetriebe
Zur Existenzbedrohung von Obstbaubetrieben durch die Frostschäden erklärte der Landwirtschaftsminister gegenüber dem MDR, dass das Land mögliche Hilfen prüfe. „Wir werden was auf den Weg bringen“, so Schulze. Dies könnte auf zwei Ebenen geschehen: Erstens über direkte Hilfen für Betriebe und zweitens über zinsverbilligte Kredite.
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