Wie das Wassergut Canitz mit Waldweide und Kompostierstall erfolgreich ist
Das Wassergut Canitz setzt auf innovative Lösungen in der Landwirtschaft. Neben der extensiven Weidehaltung und der Waldweide nutzt der Betrieb einen Kompostierstall mit Dinkelspelz. Wie der Betrieb damit die Tierhaltung nachhaltiger gestaltet und gleichzeitig den Grundwasserschutz verbessert:
Für die Bewirtschaftung der Grünlandflächen in der Muldenaue sind sie unerlässlich: 153 Fleischrinder, davon 64 Mutterkühe, hält das Wassergut Canitz derzeit. Die Rinderhaltung am Standort geht zurück auf die Schwarzbunten Milchrinder, die hier bis zur Wiedervereinigung gemolken wurden. In den Neunzigerjahren kreuzte der Betrieb zunächst Limousin-Rinder ein, seit rund 20 Jahren nur noch Charolais. Dieser Rassetyp bestimmt inzwischen die Herde.
Naturschutz und Tierwohl in Einklang: Weidehaltung in der Muldenaue
Ab Ende Oktober werden die Tiere in ihren Winterquartieren untergebracht. Zum einen wird somit weiterhin eine intakte Grasnarbe und ein hohes Stickstoff-Aufnahmevermögen im Wasserschutzgebiet garantiert. Zum anderen können die Mutterkühe mit den Kälbern, die zum Jahreswechsel zur Welt kommen, besser betreut werden. Außerdem werden die noch wehrlosen Tiere vor dem Wolf geschützt, der inzwischen wieder in der Region beheimatet ist.
Die Jungtiere kommen im Frühjahr gefestigt im Herdenverbund mit auf die Weide. Ein Teil der weiblichen Nachzucht wird zur Bestandsremontierung genutzt. Bei der Selektion steht neben dem Phänotyp und weiteren Zuchtmerkmalen auch Hornlosigkeit im Vordergrund. „Aus Gründen der Arbeitssicherheit und um Verletzungen der Tiere untereinander zu vermeiden“, sagt Caroline Golatowski, wissenschaftliche Mitarbeiterin auf dem Wassergut. Der Deckbulle ist homozygot hornlos.
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Vom Kalb zum Mastrind: Nachhaltige Fleischproduktion auf dem Wassergut
Die männlichen Absetzer verkauft das Tochterunternehmen der Leipziger Wasserwerke zur Mast an einen Bioland-Betrieb. Dieser mästet die Tiere auf, schlachtet und vermarktet sie im eigenen Unternehmen. Vom Aufbau einer eigenen Direktvermarktung hat das Wassergut bisher abgesehen. Allerdings soll im Juni bei den Öko-Feldtagen Rindfleisch aus eigener Erzeugung zum gastronomischen Angebot gehören.
Von Ende April/Anfang Mai bis Ende Oktober/Anfang November, also mindestens 180 Tage im Jahr, sind die Rinder auf der Weide. Die unebene und von Senken geprägte Fläche in der Muldenaue ist mit Technik nur schwer und zum Teil gar nicht zu bewirtschaften. Immer wieder auftretende Überschwemmungen hinterlassen Schotterhaufen und Ablagerungen.
Waldweide: Rinder als Landschaftspfleger
Eine Besonderheit am Standort: Es wird Waldweide praktiziert. Dies geht auf die Teilnahme am Projekt „Landschaftspflege durch extensive Rinderbeweidung“ des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie zurück. In dem Projekt wurde auf Anregung des ebenfalls beteiligten Landschaftspflegeverbandes Nordwestsachsen untersucht, welche Auswirkungen es auf das Naturschutzgebiet hat, wenn eine in der Aue befindliche Waldfläche nicht ausgekoppelt wird, sondern den Rindern offensteht.
Waldweide als Erfolgsmodell
Dabei stellte sich heraus, dass bei dieser Art von Beweidung die Grasnarbe zwischen dem Baumbewuchs deutlich stabiler ist, Neophyten wirksam zurückgedrängt werden und sich das Abflussverhalten bei Hochwasser positiv entwickelt. Auf der Fläche wuchsen vorher Staudenknöterich und Springkraut, die jetzt kaum noch hochkommen. „Die Schattenwirkung der Bäume ist außerdem für das Tierwohl wichtig“, sagt Dr. Bernhard Wagner, Geschäftsführer des Wassergutes. An heißen Tagen hielten sich die Tiere überwiegend in dem locker bewachsenen Auenmischwald auf. Dass die Rinder Schäden an den Bäumen verursachen, habe man nicht beobachten müssen. „Uns ist nach Abschluss des Projektes ermöglicht worden, das erfolgreiche Modell fortzusetzen“, so Wagner.
Das Konzept der Waldweide funktioniert – und soll ausgeweitet werden. Ein kleiner, etwa 35 Köpfe zählender Teil der Herde steht bisher noch in einem Stall mit entsprechendem Auslauf zur angrenzenden Weide. Es sind die Jungrinder, die noch nicht zum Bullen dürfen, und die Altkühe, die nicht mehr gedeckt werden. Für sie soll, auch um den arbeitswirtschaftlichen Aufwand zu reduzieren, eine neue Waldweide entstehen. Eine 25 ha große Grünlandfläche, die der Betrieb bisher zur Heugewinnung nutzte, wird um 2,3 ha Wald ergänzt. Für die Waldnutzung hat das Wassergut bei der Forstbehörde des Landkreises Leipzig eine Nutzungsänderung beantragt und erhalten.
Außerdem wird einer von drei ehemaligen und inzwischen verschilften Tonstichen, die sich auf der Fläche befinden, eingekoppelt und für die Rinder zugänglich. Die Beweidung soll von einem Monitoring begleitet werden, um die Auswirkungen auf die Vegetationsentwicklung ermitteln zu können.
Kompostierstall: Innovative Einstreu für mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit
Nicht nur auf der Weide, auch bei der Stallhaltung verfolgt das Wassergut Canitz innovative Ansätze. Einer der vier Ställe ist ein sogenannter Kompostierungsstall. Er wird mit Dinkelspelz eingestreut, der sich über die Zeit selbst kompostiert. Der Außenbereich ist mit Stroh ausgestreut.
Ursprünglich war der Kompostierungsstall ein ehemaliger Abkalbestall, den das Wassergut nach einem Sturmschaden entkernte und umgestaltete. Auf die geneigte Bodenplatte aus wasserundurchlässigem Beton kommen über die gesamte Stallperiode hinweg etwa anderthalb Lkw-Ladungen Dinkelspelz, der sich zu einem nährstoffreichen, homogenen und gut durchmischten Substrat kompostiert. Erst nach etwa sechs bis acht Wochen muss neu eingestreut werden. Das reduziert den arbeitswirtschaftlichen Aufwand, da das regelmäßige Entmisten entfällt. Die Tiere nehmen das gut an. Es gibt keinen Sickersaftanfall und die Keimbelastung ist gering.
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Vom Stall der 1960er-Jahre zum nachhaltigen Zukunftsbetrieb
Der Stall ist so angelegt, dass er sich durch einen einzelnen Mitarbeiter ohne direkten Tierkontakt bewirtschaften lässt. Auf dem Pultdach wird der Betrieb in diesem Jahr eine Photovoltaik-Anlage installieren. „Das Ganze ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich aus einem Stall der 1960er-Jahre eine nachhaltige multifunktionale Nutzungsform im Sinne der erneuerbaren Energien, des Tierwohls, des Arbeitsschutzes und des Grundwasserschutzes für die nächsten 25 Jahre umsetzen lässt“, meint der Geschäftsführer des Wassergutes.
Der Ansatz, Dinkelspelz als Einstreu zur Kompostierung zu verwenden, dürfte auch bei künftigen Stallumbauten zur Anwendung kommen.

© Wassergut Canitz
Nebenprodukt als wertvolles Futtermittel: Dinkelspelzen finden neue Verwendung
Den Dinkelspelz, der beim Schälen des Dinkelkorns entsteht und ein Viertel bis fast ein Drittel des Haupternteproduktes ausmacht, bezieht das Wassergut bis dato von überregionalen Mühlen und zukünftig von der Lerchenbergmühle im benachbarten Jesewitz.
Nicht nur als Einstreu ist das Nebenprodukt interessant. Der Betrieb will es künftig auch als strukturwirksame Komponente der energiereichen Luzernesilage beimengen. Dadurch könne man nicht nur die Fleischrinder energiebedarfsgerechter füttern, so Bernhard Wagner. Auch aus hygienischer Sicht habe der in der Mühle bearbeitete Spelz Vorteile gegenüber Grassilage oder Heu.
Öko-Feldtage 2025: Innovationen und Praxisbeispiele für die nachhaltige Landwirtschaft
Auf dem Wassergut finden am 18. und 19. Juni die bundesweiten Öko-Feldtage statt. Dort spielt neben zahlreichen Sortendemonstrationen, dem Highlight der Maschinenvorführungen und einem vielfältigen Fachprogramm auch das Thema Tierhaltung mit einem eigenen Ausstellungsbereich eine wichtige Rolle. Führungen zum Stall wie auch zur Fläche der Waldweide sind geplant. Alle Landwirtinnen und Landwirte sind herzlich eingeladen, die Öko-Feldtage zu besuchen (Programm und Infos gibt es hier).
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
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