Neuer Praxispartner

Wassergut Canitz: Wie Ökolandbau den Trinkwasserschutz verbessert

Caroline Golatowski protokolliert in einem der Schächte des Wassergut Canitz die Messung der Saugplattenanlage, nachdem sie die Probe umgefüllt hat. © Karsten Bär

Wie schützt Ökolandbau unser Trinkwasser? Unser neuer Praxispartner in Sachsen, das Wassergut Canitz, forscht und zeigt praxisnahe Lösungen.

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Gut zwei Meter tief geht es in den Schacht, in dem zwei Menschen gerade noch Bewegungsfreiheit haben. Links und rechts der Leiter steht je ein Metallkoffer, der Vakuumtechnik enthält. Schläuche verbinden sie mit Saugplatten im Boden unter der Wurzelzone der Versuchsparzellen. „Pro Parzelle gibt es sechs Saugplatten, die Sickerwasser aufnehmen“, erklärt Caroline Golatowski. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Wassergut Canitz GmbH in Wasewitz bei Wurzen, dem neuen Praxispartner der Bauernzeitung in Sachsen.

Sickerwasser im Fokus: Wie das Wassergut Canitz das Grundwasser untersucht

Sickerwasser fällt in Abhängigkeit vom Verlauf des Jahresniederschlages meist ab dem Jahreswechsel wieder an. Wöchentlich nimmt Caroline Golatowski dann Proben, deren Volumen gemessen und auf verschiedene Parameter untersucht wird. So kann der Betrieb unter anderem ermitteln, welche Auswirkungen die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen auf das Grundwasser hat.

Der Saugplattenversuch wurde bereits 2018 als ein Teilprojekt des vom Bundesministerium für Forschung und Bildung geförderten Projektes „WERTvoll – Stadt-Land-Partnerschaft Leipzig & Umland“ installiert. Zielstellung ist die Erarbeitung von praxisgerechten Lösungen spe­ziell für den Trinkwasserschutz, die die Landwirtschaft für die Bewohner der Stadt Leipzig und deren Umland erbringt.

Am Rand der Versuchsfläche gibt es Schächte, in denen sich die Vakuumtechnik für die Saugplatten befindet.
Am Rand der Versuchsfläche gibt es Schächte, in denen sich die Vakuumtechnik für die Saugplatten befindet. (Archivfoto) © Sabine Rübensaat

120 Jahre Trinkwasserschutz

Doch auch unabhängig von dem Projekt ist vorsorgender Trinkwasserschutz das zentrale Anliegen der Wassergut Canitz GmbH. Und dies im Prinzip seit fast 120 Jahren. Zum „hy­gienischen Schutz der Wasserfassungen“ kaufte im Jahre 1907 der Stadtrat von Leipzig jenes Land, auf dem in der Folge zwei von vier Wasserwerken zur Versorgung des Großraums Leipzigs entstehen und bis heute arbeiten sollten. Durch Einflussnahme auf die Art der Bewirtschaftung sollte die Qualität des städtischen Trinkwassers gesichert werden. Dabei blieb es bis heute.

Vom VEG zum Ökolandbau: Ökologischer Landbau als Auftrag

Der zu DDR-Zeiten als Volkseigenes Gut geführte Betrieb wurde 1989 an die Stadt Leipzig rückübertragen und 1992 auf Ökolandbau umgestellt. 1994 erfolgte die Gründung der Wassergut Canitz GmbH als Tochterunternehmen der Leipziger Wasserwerke. Das Unternehmen hat nach wie vor den Auftrag, durch ökologischen Landbau und Verzicht chemisch-synthetischer Dünge- und Pflanzenschutzmittel die Austräge von wassergefährdenden Stoffen zu vermeiden.

„Der ökologische Landbau ist unser Instrument für den vorsorgenden Wasserschutz“, sagt Geschäftsführer Dr. Bernhard Wagner. Nicht umsonst steht das Thema Wasser daher auch im Mittelpunkt der bundesweiten Ökofeldtage 2025, die am 18./19. Juni auf dem Wassergut Canitz stattfinden werden.

Geschäftsführer Dr. Bernhard Wagner.
Geschäftsführer Dr. Bernhard Wagner © Sabine Rübensaat

Ökolandbau wirkt: Weniger Nitrat im Grundwasser dank nachhaltiger Bewirtschaftung

Wie wirksam das Instrument Ökolandbau ist, zeigt die Trendumkehr bei der Nitratkonzentration im Rohwasser des naheliegenden Wasserwerkes Canitz seit 1992 deutlich. Ökolandbau biete einen Systemvorteil, meint Wagner, und verweist unter anderem auf vielfältigere Fruchtfolgen und den bewirtschaftungsbedingt geringeren Wassergebrauch. Ergänzt werde dies vor Ort durch angepasste Produktionstechnik, die Auswahl der anzubauenden Kulturen, die Anlage und Pflege von Hecken sowie Agrarholzsystemen. Außerdem könne durch Zwischenfruchtanbau und fortgesetztes Monitoring die Wirksamkeit der Maßnahmen geprüft und gegebenenfalls optimiert werden.

Auch konventionelle Betriebe könnten mit solchen Maßnahmen das Trinkwasser schützen, ist der Geschäftsführer überzeugt. Die für die Leipziger Wasserwerke relevanten Wasserschutzgebiete östlich der Metropole umfassen rund 13.600 ha, davon werden 9.100 ha landwirtschaftlich genutzt.

Das Wassergut ist für die hier wirtschaftenden Landwirte nicht nur Demonstrationsbetrieb. Seit 2002 gibt es eine zielorientierte Ausgleichsregelung für die Landwirtschaftsbetriebe in den Wasserschutzzonen, die überwiegend aus den Gewinnen der Wassergut Canitz GmbH finanziert werden. Den Ausgleich gibt es, wenn im Durchschnitt von drei Jahren der standortspezifische Stickstoff-Saldo unterschritten wird. Bis zu einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag sparen die Wasserwerke und damit deren Kunden durch die angepasste Bewirtschaftung jährlich an Aufbereitungskosten.

Vielfalt auf den Feldern: Die Kulturen im Wassergut Canitz

Das Wassergut Canitz bewirtschaftet 782 ha Acker- und 162 ha Grünland. Zusammen mit 130  ha Wald und einschließlich aller anderen Flächen wie Feldgehölzen, Hecken, Streuobstwiese, Wegen und Umland verfügt es insgesamt über 1.082 ha. Alle Flächen liegen in Trinkwasserschutzzonen verschiedener Stufen, große Teile in FFH-, Vogelschutz- oder Landschaftsschutzgebieten. Über 90 % der bewirtschafteten Flächen sind gepachtet.

Im Anbau sind über 15 Kulturarten. Neben Weizen, Dinkel, Gerste, Hafer, Triticale und Roggen sind dies Gemüseerbsen, Buschbohnen, Sojabohnen, Zwiebeln und Kartoffeln. Hinzu kommen Luzerne, in Vermehrung Wiesenlieschgras und Phacelia sowie Ölrettich und Phacelia als Zwischenfrucht. Rund 300 ha auf der sogenannten Hochterrasse sind beregnungsfähig.

Kartoffeln gehören ebenso wie Zwiebeln fest zur Fruchtfolge der Wassergut Canitz GmbH. Sie werden zum Teil direktvermarktet. Auch Pflanzgut erzeugt der Betrieb.
Kartoffeln gehören ebenso wie Zwiebeln fest zur Fruchtfolge der Wassergut Canitz GmbH. Sie werden zum Teil direktvermarktet. Auch Pflanzgut erzeugt der Betrieb. © Wassergut Canitz

Waldweide und Naturschutz: Maßnahmen für Tierwohl und Artenvielfalt

In der Muldenaue weiden während der Saison ca. 75 Mutterkühe der Rasse Charolais. Seitdem der Betrieb am Projekt „Landschaftspflege durch extensive Rinderbeweidung“ des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) teilnahm, praktiziert er Waldweide. Es zeigte sich, dass sowohl die Beweidung invasiven Pflanzenarten in der Aue entgegenwirkt als auch das Tierwohl in den heißen Sommermonaten signifikant verbessert hat und der Wald keinen Schaden nimmt.

Forschungsergebnisse: Was der Saugplattenversuch zeigt

Wertvolle Ergebnisse hat nach inzwischen mehreren Jahren Laufzeit auch der Saugplattenversuch gebracht. „Ziel ist es zum einen, die Leistungen des Ökolandbaus für den Wasserschutz zu validieren, zum anderen auch Handlungsoptionen aufzuzeigen“, erläutert Caroline Golatowski. Auf den zwölf je 0,4 ha großen Parzellen wird eine achtfeldrige Fruchtfolge abgebildet wie sie im Wassergut üblich ist und die Luzerne sowie im Wechsel mit Getreide, Kartoffeln, Zwiebeln und Leguminosen umfasst.

Selbstbegrünung und reduzierter Umbruch: Neue Wege für eine bessere Bodenstruktur

Darüber hinaus gibt es Parzellen mit Grünland (intensiv und extensiv), Agrarholz und eine, auf der mit verschiedenen Kulturen Versuche zur Minderung der Nitratbildung angestellt werden. Zu Letzterem zählt der Anbau von Luzerne gemeinsam mit Spitzwegerich, dessen Wurzelausscheidung den Abbau von Ammo­nium zu Nitrat vermindern.

Herausgestellt, und nach diverser Fachliteratur bestätigt, hat sich beim Versuch, dass der Umbruch der Luzerne nach dem zweiten Jahr statt vor dem Winter besser erst im Frühjahr stattfinden sollte, um Nährstoffverlagerungen zu reduzieren. Entsprechend wurde die Fruchtfolge angepasst und nach der Luzerne jetzt Sommerhafer eingefügt. Statt der Erbse wird Sojabohne angebaut, da diese nach der Ernte weniger Stickstoff im Boden hinterlässt.

Auch der Verzicht auf einen Umbruch nach der Ernte verschiedener Feldfrüchte und eine Selbstbegrünung der Fläche wirkten sich den Versuchsergebnissen zufolge günstig auf die Bodenstruktur und zugleich wasserschützend aus.

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Eine Frau mit einer Urkunde steht in er Stallbox, neben ihr eine Kuh. Im Vordergrund springt eine kleine Katze durch das Stroh.
Herdenmanagerin Heidi Kluge mit Kuh Olivia nach der Auszeichnung durch die Zuchtorganisation RBB. (c) Annett Jesske, RBB GmbH