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Vitale Ferkel statt übergroßer Würfe

Saugferkel an den Zitzen ihrer Muttersau © Detlef Finger
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Mit der Umstellung der Produktion ausschließlich auf das Leicoma kommt in der Raunitzer Agrar GmbH in der Zucht auch auf der Vaterseite nur noch die alte DDR-Schweinerasse zum Einsatz.

Der Betrieb in Gimritz im Saalekreis hält derzeit rund 200 Leicoma-Muttertiere. Darunter sind 87 Sauen, die beim Hybridschweinezuchtverband Nord/Ost (HSZV) im Herdbuch geführt werden. Letztere dienen zuvorderst dazu, den Zuchtbestand des Betriebes an Sauen und Ebern zu remontieren, und da rüber hinaus – wie die übrigen – Schlachtschweine zu erzeugen. Die Herde ist hierzu in vier Gruppen zu jeweils etwa 50 Sauen aufgeteilt, darunter immer Tiere beider Kategorien.

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Jede Sau wird individuell angepaart

Die Sauengruppen werden nacheinander im Fünf-Wochen-Rhythmus künstlich besamt mit dem Sperma der fünf betriebseigenen Leicoma-Eber, die auf der Station in Malchin (Mecklenburg-Vorpommern) stehen. „Jede Sau wird individuell angepaart“, erklärt Mandy Nagel, Anlagenleiterin in Gimritz. Der Eber müsse von seiner Genetik passen, um Inzucht in der relativ kleinen Population der in ihrem Bestand gefährdeten Schweinerasse zu minimieren. „Nach Möglichkeit setzen wir den Eber ein, dessen Blutlinie am weitesten von der der Sau entfernt ist“, ergänzt Betriebsleiter Wouter Uwland.

Er und seine Mitarbeiterin sind als Eigenbestandsbesamer berechtigt, das künstliche Belegen der Sauen mittels Pipette vorzunehmen. Beide haben die Sachkunde hierfür in mündlicher und schriftlicher Prüfung nachgewiesen.

Besamt werden die Sauen der turnusmäßig anstehenden Gruppe in der Regel in der ersten Wochenhälfte. Das Ebersperma wird in der Nacht von Sonntag auf Montag aus Malchin angeliefert. Es ist auf etwa 16 – 17 °C heruntergekühlt und wird vor Ort im Betrieb in einem speziellen Klimaschrank gelagert. Unter diesen Bedingungen ist das Sperma eine Woche haltbar. Jede Lieferung umfasst rund 100 Portionen, da jede Sau doppelt besamt wird – mit Sperma des gleichen Ebers im Abstand von etwa 20 Stunden. „So erreichen wir eine hohe Erfolgsrate“, sagt Mandy Nagel.

Bildergalerie: Die Leicoma-Zucht der Raunitzer Agrar GmbH

Anlagenleiterin Mandy Nagel an einer der Buchten im Abferkelstall.

Anlagenleiterin Mandy Nagel an einer der Buchten im Abferkelstall. © Detlef Finger

Im Flatdeck wachsen die Leicoma-Ferkel bis zu einem Lebensgewicht von etwa 30 – 35 kg heran. © Detlef Finger

Im Flatdeck wachsen die Leicoma-Ferkel bis zu einem Lebensgewicht von etwa 30 – 35 kg heran. © Detlef Finger

Saugferkel an den Zitzen ihrer Muttersau © Detlef Finger

Saugferkel an den Zitzen ihrer Muttersau © Detlef Finger

Praktikant Teun Pipers hat bei der Arbeit gut lachen. Mit Musik „auf den Ohren“ geht dem jungen Niederländer das Säubern der Buchten mit dem Druckreiniger flott von der Hand. © Detlef Finger

Praktikant Teun Pipers hat bei der Arbeit gut lachen. Mit Musik „auf den Ohren“ geht dem jungen Niederländer das Säubern der Buchten mit dem Druckreiniger flott von der Hand. © Detlef Finger

Saugferkel an den Zitzen ihrer Muttersau.

Saugferkel an den Zitzen ihrer Muttersau © Detlef Finger

Sieben Tage im Kastenstand

Mittels Trächtigkeitskontrolle werden alle besamten Sauen überprüft. Tiere, die nicht trächtig geworden sind, werden nach fünf Wochen im nächsten Zyklus noch einmal belegt. Bleibt der Erfolg auch dann aus, gehen sie zur Schlachtung.

Die Sauen werden im Deckstall besamt. Hierzu stehen sie für sieben Tage im Kastenstand (zulässig sind derzeit noch vier Wochen), bis die Rausche weitgehend abgeklungen ist. „So werden Rangkämpfe vermieden und Verletzungen, die zum Beispiel passieren können, wenn sich die Sauen gegenseitig bespringen“, sagt Uwland.

Das Fixieren diene somit dem Schutz der Tiere selbst, aber auch dem Arbeitsschutz. Denn rauschende Sauen seien nicht ungefährlich, weiß der Züchter. Die trächtigen Sauen wechseln dann innerhalb des Deckstalls in die Haltung als große Gruppe, ehe sie nach drei bis vier Wochen in den Wartestall übersiedeln.

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Am Betriebsstandort in Gimritz können die Schweine bereits die eingestreuten Ausläufe nutzen.
Am Betriebsstandort in Gimritz können die Schweine bereits die eingestreuten Ausläufe nutzen. © Detlef Finger

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Ferkelschutzkorb: „So wenig wie nötig und nur so viel, wie es sein muss“

Im hochtragenden Zustand kommen die Sauen schließlich in den Abferkelstall. Dort verbringen sie nach 115-tägiger Tragezeit kurz vor und nach der Geburt insgesamt 35 Tage im Ferkelschutzkorb. „So wenig wie nötig und nur so viel, wie es sein muss“, sagt Uwland. Vor dem Hintergrund veränderter gesellschaftlicher Anforderungen und dem im Juli 2020 vom Bundesrat beschlossenen Aus für die Kastenstandhaltung in Deutschland – allerdings mit Übergangsfristen von acht Jahren für das Deckzentrum bzw. 15 Jahren für den Abferkelbereich – spielt der gebürtige Niederländer bereits mit dem Gedanken, einen alten, bislang ungenutzten Stall der Gimritzer Anlage schon deutlich eher für die freie Abferkelung in Boxen auf Stroh umzurüsten.

Uwlands Sauen der robusten, zugleich aber gelassenen und sehr sorgsamen, umsichtigen Mutterrasse Leicoma bringen je nach Alter von knapp 200 kg (Jungsauen) bis 250 – 300 kg Lebendgewicht (Altsauen) auf die Waage. „Sie bekommen bei uns mehr Zeit, sich zu entwickeln“, sagt der Züchter. Betriebliches Ziel seien Würfe mit elf lebend geborenen bzw. zehn aufgezogenen Ferkeln. Damit kommt man den vom HSZV ausgegebenen Zuchtzielen bereits sehr nahe. Die Ferkel sind durchschnittlich 1.600 – 1.700 g schwer, mit einer Spanne von 1.500 g bis knapp über zwei Kilo. „Wir wollen vitale, frohwüchsige Ferkel“, sagt Uwland und macht zu den Gewichten folgende Rechnung auf: 100 g mehr bei der Geburt bedeuteten ein Kilo mehr beim Absetzen, zweieinhalb Kilo mehr beim Verkauf als Mastläufer und fünf Kilo mehr beim Schlachten.

Kleinere Würfe über Erlöse für Schlachtschweine kompensiert

Die Gimritzer Leicomas haben nach rund achteinhalb bis neun Monaten Aufzucht und Mast zwischen 160 – 180 kg Endgewicht. Wenn die Würfe etwas kleiner seien, was aus Tierwohlsicht erstrebenswert sei, dann müsse das über die Erlöse für die Schlachtschweine letztlich kompensiert werden, macht Wouter Uwland deutlich. Sein Ziel ist es, in absehbarer Zeit bis zu 5.000 Ferkel zu erzeugen, die je zur Hälfte in den Verkauf zur Weitermast gehen bzw. den Eigenbedarf für die Zucht und die Direktvermarktung decken.

Nach fünf Wochen ging das Praktikum von Teun Pipers in Gimritz zu Ende, der in Ostdeutschland Erfahrungen sammeln wollte. Der junge Niederländer stammt von einem Familienbetrieb in Enschede im Osten des Königreichs, der in ähnlicher Größe wie Wouter Uwland ebenfalls Schweine züchtet.