Erst proben, dann düngen

Leonard Krippendorf macht die Bodenproben in Sachsen-Anhalt (c) Sabine Rübensaat
Agrarpraxis
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Für landwirtschaftliche Betriebe sind regelmäßige Bodenproben unerlässlich. In Sachsen-Anhalt sorgt Leonard Krippendorf vom Maschinenring Merseburger Land dafür, dass sich der Ackerboden auf den Weg ins Labor macht.

Von David Benzin

Die Sonne scheint über Querfurt, als wir auf den Parkplatz rollen, um uns mit Leonard Krippendorf zu treffen. Der 31-Jährige erwartet uns bereits in seinem nur schwer zu übersehenden Fahrzeug. Es ist ein speziell umgebauter Pick-up, auf dessen Ladefläche ein Gerät zur Entnahme von Bodenproben auf dem Acker montiert ist. Als Geschäftsführer der Maschinenring Dienstleistungs GmbH Sachsen-Anhalt Süd (MRD GmbH ST) und Vorsitzender im Maschinen- und Betriebshilfsring Merseburgerland e. V. (MBR Merseburgerland e. V.), ist er damit vertraut, Bodenproben für die landwirtschaftlichen Betriebe in der Region zu nehmen, die dann auf den Nmin-Gehalt oder auf die Gehalte an Grundnährstoffen in einem Labor analysiert werden.

Auto nimmt Bodenproben
Weithin sichtbar: Leonhard Krippendorf im Feldeinsatz. (c) Sabine Rübensaat

Krippendorf bewirtschaftet außerdem einen Vierseithof im Nebenerwerb, der bereits 1864 von der Familie gegründet wurde. Er lebt seit seiner Kindheit auf dem Hof im Burgenlandkreis (Region Finne). Der gelernte Landwirt und Agrarbetriebswirt arbeitet seit 2012 bei der MRD GmbH ST. 2015 hat er die Geschäftsleitung des Unternehmens und den Vorsitz im MBR Merseburgerland e. V. übertragen bekommen. Der frisch gebackene Familienvater ist außerdem auch Imker und Jäger. Nach einer kurzen Besprechung zum geplanten Ablauf unseres Besuches machen wir uns sogleich auf den Weg zur ersten Flur. Mit zwei Autos macht sich der „Bodenproben-Konvoi“ auf den Weg, denn im Spezialfahrzeug ist kein Platz frei. „Hinten lagert Werkzeug, die Maschinensteuerung und natürlich die Kühlbox für die Bodenproben“, begründet der junge Geschäftsführer diesen Umstand.

Bodenproben bei Wind und Wetter

Am Ort des Geschehens angekommen, muss die Maschine auf dem Fahrzeugheck erst einmal vorbereitet werden. „Wir versuchen zur Schmierung der beweglichen Teile biologisch abbaubare Produkte zu verwenden, da diese auch auf dem Acker landen könnten“, erläutert Krippendorf, während er eine Kette des Geräteantriebs einsprüht. Nach einigen kurzen Handgriffen, unter anderem zum Entriegeln der Fahrtsicherung des sogenannten Schlittens, sind wir einsatzbereit. Krippendorf wurde mit der Entnahme von Bodenproben zur Nmin-Untersuchung beauftragt. Ist dieser Wert dann bekannt, können die Landwirtschaftsbetriebe die N-Düngung für ihre Kulturpflanzen berechnen (in diesem Fall für Sommerkulturen).



Beim Einsteigen in den Pick-up fällt sofort der große Tablet-Computer auf, der für Leonard Krippendorf gut sichtbar neben der  Mittelkonsole befestigt ist.  Dieser ist notwendig, um mithilfe eines GPS-Empfängers die genaue Position des Fahrzeugs auf den Schlägen zu ermitteln und eine genaue Beganglinie der Probenahme aufzuzeichnen. Je nach Schlaggröße und landschaftlichen Gegebenheiten wählt Krippendorf die Punkte aus, an denen er die Bodenproben entnimmt. Dadurch kann eine Überfahrt als Gerade, Zick-Zack-Muster oder Schlängellinie, je nach vorhandenen Landschaftselementen und Bodenarten durchgeführt werden. Auch die Anzahl der Einstiche kann variieren.

Klebrige Probe, doppelte Arbeit

Eine Mischprobe wird angefertigt, wovon 500 g Boden ins Labor zur Untersuchung gehen. Um mit der Probenahme zu beginnen, fährt der routinierte Junglandwirt zu dem markierten Punkt auf der Karte und lässt mit einem Bedienteil, das mit dem Gerät auf dem Heck verbunden ist, den Gerätetisch absenken, sodass dieser flach auf der Bodenoberfläche aufliegt. Durch einen weiteren Tastendruck wird der Probenahmezylinder bis auf die gewünschte Tiefe (in diesem Fall bis 90 cm) in die Erde getrieben. Jeweils bei einer Tiefe von 30 cm, 60 cm sowie der genannten 90 cm wird eine Probe in die dafür vorgesehenen Metallschubfächer befördert. Nach 15 bis 20 Einstichen steigt er aus und entleert die Schubfächer in einen Eimer, in dem die Erde mit einem Spachtel etwas zerkleinert wird. Gerade bei klebrigen Bodenpartien ist dies nötig, berichtet er während der Arbeit. Beim Herausziehen des zweiten Schubfachs ist dieses leer. „Die Probe war zu klebrig und ist im Zylinder hängengeblieben. Das müssen wir noch einmal machen“, erklärt Krippendorf. Der Mechanismus zum entleeren des Zylinders funktioniert bei zu schmierigem Boden manchmal nicht so, wie er soll. Doch trotz doppelter Arbeit, muss die Probe in der gewünschten Qualität eingetütet werden.



Also: Alles auf Anfang und die Bodenuntersuchung noch einmal von vorn. Und siehe da: Diesmal hat es funktioniert! Die Probe kann also verpackt werden. Verstaut wird sie in einer speziellen Kühlbox, die eigentlich aus dem Lebensmittelbereich kommt. Nach dem Entnehmen einiger weiterer Proben bringen wir die „Beute“ in die Kühlkammer. Die Kühlung der Proben ist enorm wichtig, da bei einem Temperaturanstieg der im Boden enthaltene Stickstoff bereits mineralisiert wird und so das spätere Ergebnis der Probe verfälscht. „Wenn wir im Sommer Proben nehmen, muss ich mehrmals am Tag die Kühl-Akkus tauschen, damit die Temperatur in dem gewünschten Bereich bleibt“, berichtet Krippendorf, während wir nach der Probenahme die Kühlkammer im Nachbarort betreten. Ein Angestellter kümmert sich um den regelmäßigen Transport der Bodenproben ins Labor der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt (LLG).

„Das spart sehr viel Zeit“

„Den Leuten fällt das Auto auf, und deshalb werde ich oft darauf angesprochen“, erzählt Krippendorf. Dass dieser Satz nicht nur so daher gesagt ist, merken wir auch während unseres weiteren Besuchs bei Leonard Krippendorf: Bei einer kurzen Pause an der Feldküche am Oberhäuser Weg in Querfurt kommt ein Landwirt aus der Region an unseren Tisch und erkundigt sich, wem das unübersehbare Fahrzeug auf dem Parkplatz gehöre. Er sei auch interessiert an Bodenanalysen. Gerne nimmt er die Visitenkarte von Leonard Krippendorf entgegen. Es werden daraufhin noch Informationen zum aktuellen Stand der Dinge im Ackerbau und zu der Befahrbarkeit der Böden ausgetauscht, bis wir uns wieder auf den Weg machen. „Die Probenahme für die Analyse der Grundnährstoffe ist wesentlich einfacher und schneller zu bewerkstelligen“, berichtet Leonard Krippendorf während der Fahrt. „Hier genügen Mischproben aus der oberen Bodenschicht (bis 30 cm). Daher können wir hier ein anderes Gerät nutzen, mit dem man während der Fahrt und ohne anzuhalten Proben ziehen kann. Das spart sehr viel Zeit.“

Beschriftung eines Beutels mit einer Bodenprobe
Die Bodenprobe muss eindeutig beschriftet werden. (c) Sabine Rübensaat

Wieder in der Kühlkammer angekommen, verabschieden wir uns. Bei der Nmin-Untersuchung des heutigen Tages wird der Probentransport zum Labor auf eine ungewöhnliche Weise durchgeführt. Um hautnah am Geschehen dran zu sein und sofort zu sehen, wie die Analyse im Labor abläuft, übernehmen diesmal ein Journalist und eine Fotografin von der Bauernzeitung den Transport zur LLG nach Bernburg-Strenzfeld. Dort ist auch das Landwirtschaftliche Untersuchungswesen ansässig, das die Nmin-Probenahme beauftragt hat und die Untersuchung durchführt. Kommt hier eine Bodenprobe an, wird sie im LIMS-System (Labor-Informationssystem-Management-System) registriert und mit einer Nummer versehen, der die Probe – ähnlich wie ein Personalausweis – eindeutig identifizierbar macht und bei allen nachfolgenden Arbeitsschritten beibehalten wird. Die Nmin-Ermittlung erfolgt standardisiert nach den Untersuchungsmethoden des VDLUFA (Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten).

Für eine Stunde in der rotierenden Trommel

Im ersten Arbeitsschritt wird die Probe homogenisiert. Nmin-Untersuchungen erfolgen an der Frischmasse des Bodens, das heißt, die Probe wird feldfeucht eingewogen. Als Extraktionsmittel  wird Calciumchlorid hinzugegeben. Danach wird die Probe eine Stunde lang in einer rotierenden Trommel geschüttelt. Im Anschluss wird das Gemisch aus Boden und Extraktionsmittel filtriert und dann wird durch ein photometrisches Messgerät der Gehalt an Nmin (Ammonium- und Nitratstickstoff) ermittelt. Zum Schluss müssen die Labormesswerte für die Berechnung einer N-Düngeempfehlung umgerechnet werden. Das erfolgt unter Beachtung der Bodendichte, der Probenahmetiefe und der standortspezifischen Angaben (z. B. dem Steingehalt). Bei der von uns abgelieferten Bodenprobe, sind folgende Nmin-Gehalte ermittelt worden: n     0–30 cm Tiefe: 38 kg Nmin n  30–60 cm Tiefe: 41 kg Nmin n  60–90 cm Tiefe: 10 kg Nmin. Laut Düngeverordnung ergibt das in diesem Fall einen Stickstoffbedarf von 133 kg N/ha. Dieser wird auf der beprobten Fläche mit 30 m3 Gärrest (3,6 kg N/m3 Gärrest in Form von Ammoniumstickstoff) und der Düngung von 100 kg DAP/ha realisiert.

Der Weg des Bodens vom Acker bis zum fertigen Untersuchungsergebnis aus dem Labor ist in viele Arbeitsgänge aufgeteilt. Leonard Krippendorf sorgt dabei für die „ersten Schritte“ des Bodens. Dass er sich mit diesem sehr gut auskennt, hat er bereits bei seiner mehrjährigen beruflichen Tätigkeit in verschiedenen Bereichen der Landwirtschaft unter Beweis gestellt. Mit Professionalität, Sympathie und Leidenschaft für den Beruf, hinterlässt er bei Landwirten und auch bei uns einen bleibenden Eindruck.